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Kurz, Hermann: Die beiden Tubus. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 149–277. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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wieder eifrig hinein. Ein gegenseitiges jubelvolles Händeschütteln erfolgte, zum Zeichen und zur Feier, daß die raumbeherrschende Verbindung der beiden Fenster nunmehr vollständig ins Leben gerufen sei.

Im gleichen Augenblicke jedoch begann es durch die Luft zu flirren und zu rieseln, der Himmel verdunkelte sich, und ein schwerer Wolkenvorhang schied den Doppelschauplatz des noch im ersten Act begriffenen vielversprechenden Dramas in seine entlegenen, einander plötzlich unsichtbaren Hälften.

Indessen fühlte sich unser Pfarrer durch diese Störung keineswegs entmuthigt. Die Bahn war ja gebrochen, und am nächsten hellen Morgen konnte, darüber gab es keinen Zweifel mehr, der zweite Act des optischen Dioskurenspiels in Scene gehen. Heiter gestimmt setzte er sich an den Schreibtisch und schrieb seinem auswärts in eine lateinische Kostschule gegebenen Sohne Wilhelm einen langen Brief, worin er ihm die so eben erlebte wunderbare Begebenheit berichtete, mit dem Versprechen, ihm, sobald die Stillung seiner eigenen brennenden Neugier es gestatte, mitzutheilen, wer der Mann sei, der, mit der gewiß nicht bäurischen Liebhaberei des Fernesehens behaftet und im Besitze eines allem Anschein nach wunderschönen Instruments in einem Bauernhause wohne.

Am folgenden Tage, der Regen und Schnee in lebhafter Abwechslung brachte, griff er abermals zur Feder, um den Pfarrer des muthmaßlichen Orts, das

wieder eifrig hinein. Ein gegenseitiges jubelvolles Händeschütteln erfolgte, zum Zeichen und zur Feier, daß die raumbeherrschende Verbindung der beiden Fenster nunmehr vollständig ins Leben gerufen sei.

Im gleichen Augenblicke jedoch begann es durch die Luft zu flirren und zu rieseln, der Himmel verdunkelte sich, und ein schwerer Wolkenvorhang schied den Doppelschauplatz des noch im ersten Act begriffenen vielversprechenden Dramas in seine entlegenen, einander plötzlich unsichtbaren Hälften.

Indessen fühlte sich unser Pfarrer durch diese Störung keineswegs entmuthigt. Die Bahn war ja gebrochen, und am nächsten hellen Morgen konnte, darüber gab es keinen Zweifel mehr, der zweite Act des optischen Dioskurenspiels in Scene gehen. Heiter gestimmt setzte er sich an den Schreibtisch und schrieb seinem auswärts in eine lateinische Kostschule gegebenen Sohne Wilhelm einen langen Brief, worin er ihm die so eben erlebte wunderbare Begebenheit berichtete, mit dem Versprechen, ihm, sobald die Stillung seiner eigenen brennenden Neugier es gestatte, mitzutheilen, wer der Mann sei, der, mit der gewiß nicht bäurischen Liebhaberei des Fernesehens behaftet und im Besitze eines allem Anschein nach wunderschönen Instruments in einem Bauernhause wohne.

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[0034] wieder eifrig hinein. Ein gegenseitiges jubelvolles Händeschütteln erfolgte, zum Zeichen und zur Feier, daß die raumbeherrschende Verbindung der beiden Fenster nunmehr vollständig ins Leben gerufen sei. Im gleichen Augenblicke jedoch begann es durch die Luft zu flirren und zu rieseln, der Himmel verdunkelte sich, und ein schwerer Wolkenvorhang schied den Doppelschauplatz des noch im ersten Act begriffenen vielversprechenden Dramas in seine entlegenen, einander plötzlich unsichtbaren Hälften. Indessen fühlte sich unser Pfarrer durch diese Störung keineswegs entmuthigt. Die Bahn war ja gebrochen, und am nächsten hellen Morgen konnte, darüber gab es keinen Zweifel mehr, der zweite Act des optischen Dioskurenspiels in Scene gehen. Heiter gestimmt setzte er sich an den Schreibtisch und schrieb seinem auswärts in eine lateinische Kostschule gegebenen Sohne Wilhelm einen langen Brief, worin er ihm die so eben erlebte wunderbare Begebenheit berichtete, mit dem Versprechen, ihm, sobald die Stillung seiner eigenen brennenden Neugier es gestatte, mitzutheilen, wer der Mann sei, der, mit der gewiß nicht bäurischen Liebhaberei des Fernesehens behaftet und im Besitze eines allem Anschein nach wunderschönen Instruments in einem Bauernhause wohne. Am folgenden Tage, der Regen und Schnee in lebhafter Abwechslung brachte, griff er abermals zur Feder, um den Pfarrer des muthmaßlichen Orts, das

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:08:57Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:08:57Z)

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Zitationshilfe: Kurz, Hermann: Die beiden Tubus. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 149–277. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_tubus_1910/34>, abgerufen am 23.11.2024.