Kurz, Hermann: Die beiden Tubus. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 149–277. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Nein, Rußland! rief ein Dritter. Der Kaiser von Rußland ist ja der Griechen nächster Glaubensgenosse. Ueber diesen Artikel erhob sich eine lebhafte Diskussion, welche, da Jeder nur auf sich selbst hörte, zu keinem Resultate zu führen versprach, bis der Pfarrer von Y . . . burg eine augenblickliche Pause des Athemholens benützte, um tückisch zu bemerken: Ehe wir berathen, welche von diesen beiden auswärtigen Mächten wir dazu anhalten sollen, ihre Pflicht zu thun, möchte es vielleicht gerathener sein, vorher anzufragen, welche von beiden am geneigtesten sei, unserem Ansinnen nachzukommen. Diese Aeußerung machte, wie begreiflich, einen unangenehmen Eindruck, und sämmtliche Debattanten wollten sich gegen den gemeinsamen Widersacher vereinigen, als der Pfarrer von A . . . berg mit hochgehobenem Glase dazwischensprang, um die Traufe von dem Herausforderer des Schicksals abzulenken. Die edlen Griechen sollen leben! rief er mit dem ganzen Aufwand seiner etwas öligen Stimme. Der Miaulis und seine Heldenthat! Hoch, und abermals hoch, und zum Drittenmal hoch! Mit begeistertem Zuruf und Gläserklang stimmte Alles in seinen Toast. Als er aber mit dem Glase an den Pfarrer von Y . . . burg kam, zog dieser das seinige zurück, blieb sitzen und schüttelte spöttisch lachend den Kopf. Nein, Rußland! rief ein Dritter. Der Kaiser von Rußland ist ja der Griechen nächster Glaubensgenosse. Ueber diesen Artikel erhob sich eine lebhafte Diskussion, welche, da Jeder nur auf sich selbst hörte, zu keinem Resultate zu führen versprach, bis der Pfarrer von Y . . . burg eine augenblickliche Pause des Athemholens benützte, um tückisch zu bemerken: Ehe wir berathen, welche von diesen beiden auswärtigen Mächten wir dazu anhalten sollen, ihre Pflicht zu thun, möchte es vielleicht gerathener sein, vorher anzufragen, welche von beiden am geneigtesten sei, unserem Ansinnen nachzukommen. Diese Aeußerung machte, wie begreiflich, einen unangenehmen Eindruck, und sämmtliche Debattanten wollten sich gegen den gemeinsamen Widersacher vereinigen, als der Pfarrer von A . . . berg mit hochgehobenem Glase dazwischensprang, um die Traufe von dem Herausforderer des Schicksals abzulenken. Die edlen Griechen sollen leben! rief er mit dem ganzen Aufwand seiner etwas öligen Stimme. Der Miaulis und seine Heldenthat! Hoch, und abermals hoch, und zum Drittenmal hoch! Mit begeistertem Zuruf und Gläserklang stimmte Alles in seinen Toast. Als er aber mit dem Glase an den Pfarrer von Y . . . burg kam, zog dieser das seinige zurück, blieb sitzen und schüttelte spöttisch lachend den Kopf. <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="3"> <pb facs="#f0106"/> <p>Nein, Rußland! rief ein Dritter. Der Kaiser von Rußland ist ja der Griechen nächster Glaubensgenosse.</p><lb/> <p>Ueber diesen Artikel erhob sich eine lebhafte Diskussion, welche, da Jeder nur auf sich selbst hörte, zu keinem Resultate zu führen versprach, bis der Pfarrer von Y . . . burg eine augenblickliche Pause des Athemholens benützte, um tückisch zu bemerken: Ehe wir berathen, welche von diesen beiden auswärtigen Mächten wir dazu anhalten sollen, ihre Pflicht zu thun, möchte es vielleicht gerathener sein, vorher anzufragen, welche von beiden am geneigtesten sei, unserem Ansinnen nachzukommen.</p><lb/> <p>Diese Aeußerung machte, wie begreiflich, einen unangenehmen Eindruck, und sämmtliche Debattanten wollten sich gegen den gemeinsamen Widersacher vereinigen, als der Pfarrer von A . . . berg mit hochgehobenem Glase dazwischensprang, um die Traufe von dem Herausforderer des Schicksals abzulenken. Die edlen Griechen sollen leben! rief er mit dem ganzen Aufwand seiner etwas öligen Stimme. Der Miaulis und seine Heldenthat! Hoch, und abermals hoch, und zum Drittenmal hoch!</p><lb/> <p>Mit begeistertem Zuruf und Gläserklang stimmte Alles in seinen Toast. Als er aber mit dem Glase an den Pfarrer von Y . . . burg kam, zog dieser das seinige zurück, blieb sitzen und schüttelte spöttisch lachend den Kopf.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0106]
Nein, Rußland! rief ein Dritter. Der Kaiser von Rußland ist ja der Griechen nächster Glaubensgenosse.
Ueber diesen Artikel erhob sich eine lebhafte Diskussion, welche, da Jeder nur auf sich selbst hörte, zu keinem Resultate zu führen versprach, bis der Pfarrer von Y . . . burg eine augenblickliche Pause des Athemholens benützte, um tückisch zu bemerken: Ehe wir berathen, welche von diesen beiden auswärtigen Mächten wir dazu anhalten sollen, ihre Pflicht zu thun, möchte es vielleicht gerathener sein, vorher anzufragen, welche von beiden am geneigtesten sei, unserem Ansinnen nachzukommen.
Diese Aeußerung machte, wie begreiflich, einen unangenehmen Eindruck, und sämmtliche Debattanten wollten sich gegen den gemeinsamen Widersacher vereinigen, als der Pfarrer von A . . . berg mit hochgehobenem Glase dazwischensprang, um die Traufe von dem Herausforderer des Schicksals abzulenken. Die edlen Griechen sollen leben! rief er mit dem ganzen Aufwand seiner etwas öligen Stimme. Der Miaulis und seine Heldenthat! Hoch, und abermals hoch, und zum Drittenmal hoch!
Mit begeistertem Zuruf und Gläserklang stimmte Alles in seinen Toast. Als er aber mit dem Glase an den Pfarrer von Y . . . burg kam, zog dieser das seinige zurück, blieb sitzen und schüttelte spöttisch lachend den Kopf.
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Zitationshilfe: | Kurz, Hermann: Die beiden Tubus. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 18. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 149–277. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_tubus_1910/106>, abgerufen am 16.02.2025. |