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Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855.

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Besucher des Ebersbacher Pfarrhauses "puncto furti tertia vice
reiterati ad dies vitae
gerechtest condemniret" hatte.

Daß bei der Aufzählung jener schmutzigen Biedermänner, die den
Räuber seinen Hals wagen ließen und sich an ihm bereicherten, hie
und da weltliche Anwandlungen den geistlichen Frieden seiner Seele
trübten, geht aus manchen Stellen unleugbar hervor. "Wann eine
christlich gesinnte Obrigkeit", klagt er an einer dieser Stellen, "das
Böse begehret abzustrafen und darinnen Ruhe zu schaffen, wann das
Böse soll gedämpft werden, so muß man solche Leute zuerst angreifen.
Denn ihr Zweck ist: stehlen, so daß ein Mancher in solchen Orten
noch zum Stehlen angetrieben wird. Denn der Räuber hat manch¬
mal den wenigsten Nutzen vom Stehlen, weil er es solchen Leuten um
einen wohlfeilen Preis geben muß und nichts daraus löset, und dieser,
der es kauft, hat den besten Nutzen. Der Räuber kommt darauf in
Verhaft, man nimmt ihm das Leben, er hat kaum die Hälfte genossen;
der Käufer bleibt ein ehrlicher Mann und hat den besten Nutzen, und
gedenket: ob der Eine todt ist -- ich habe noch Viele an mir, die mir
gestohlene Waaren bringen. Solche Leute machen sich gar nichts dar¬
aus, ob sie schon die größte Anleitung dazu geben, wenn sie nur alle¬
zeit sicher stehen bleiben. Aber Gott der Allmächtige soll mein Zeuge
sein, daß ich, so viel ich weiß, solche Leute nicht zu verschonen ge¬
denke; denn von meinen jungen Jahren an bin ich in solche Häuser
verleitet worden und zum Stehlen angetrieben, daß mein Verstand
noch nicht so weit gereicht hätte, wenn man mich nicht dazu verleitet
und angetrieben, und man mich nicht gleich in meiner blühenden Ju¬
gend in die verruchten Häuser eingezogen hätte. Mein ganzer Lebens¬
lauf rührt davon her, bis in meinen Tod; ich kann nicht mit Ruhe
absterben, bis ich mein Herz vor der Obrigkeit von solchen Leuten ge¬
nugsam ausgeleert habe, damit doch das Böse recht gestraft wird.
Man wird sich verwundern, wie lang daß solche Leute mit den Räu¬
bern zu thun gehabt, und wie viel Erhenkte ihnen bekannt, und
wie viele dermalen noch am Leben, mit denen sie noch zu thun haben.
Mit der Hilfe Gottes werde ich dieselben so überzeugen, daß sie sich
nicht mehr verantworten können."

Man wird dieser Klage, welche auch auf der Nachtseite der alten
Gesellschaft -- nach heutiger Weise gesprochen -- die Arbeit vom

Beſucher des Ebersbacher Pfarrhauſes „puncto furti tertia vice
reiterati ad dies vitae
gerechteſt condemniret“ hatte.

Daß bei der Aufzählung jener ſchmutzigen Biedermänner, die den
Räuber ſeinen Hals wagen ließen und ſich an ihm bereicherten, hie
und da weltliche Anwandlungen den geiſtlichen Frieden ſeiner Seele
trübten, geht aus manchen Stellen unleugbar hervor. „Wann eine
chriſtlich geſinnte Obrigkeit“, klagt er an einer dieſer Stellen, „das
Böſe begehret abzuſtrafen und darinnen Ruhe zu ſchaffen, wann das
Böſe ſoll gedämpft werden, ſo muß man ſolche Leute zuerſt angreifen.
Denn ihr Zweck iſt: ſtehlen, ſo daß ein Mancher in ſolchen Orten
noch zum Stehlen angetrieben wird. Denn der Räuber hat manch¬
mal den wenigſten Nutzen vom Stehlen, weil er es ſolchen Leuten um
einen wohlfeilen Preis geben muß und nichts daraus löſet, und dieſer,
der es kauft, hat den beſten Nutzen. Der Räuber kommt darauf in
Verhaft, man nimmt ihm das Leben, er hat kaum die Hälfte genoſſen;
der Käufer bleibt ein ehrlicher Mann und hat den beſten Nutzen, und
gedenket: ob der Eine todt iſt — ich habe noch Viele an mir, die mir
geſtohlene Waaren bringen. Solche Leute machen ſich gar nichts dar¬
aus, ob ſie ſchon die größte Anleitung dazu geben, wenn ſie nur alle¬
zeit ſicher ſtehen bleiben. Aber Gott der Allmächtige ſoll mein Zeuge
ſein, daß ich, ſo viel ich weiß, ſolche Leute nicht zu verſchonen ge¬
denke; denn von meinen jungen Jahren an bin ich in ſolche Häuſer
verleitet worden und zum Stehlen angetrieben, daß mein Verſtand
noch nicht ſo weit gereicht hätte, wenn man mich nicht dazu verleitet
und angetrieben, und man mich nicht gleich in meiner blühenden Ju¬
gend in die verruchten Häuſer eingezogen hätte. Mein ganzer Lebens¬
lauf rührt davon her, bis in meinen Tod; ich kann nicht mit Ruhe
abſterben, bis ich mein Herz vor der Obrigkeit von ſolchen Leuten ge¬
nugſam ausgeleert habe, damit doch das Böſe recht geſtraft wird.
Man wird ſich verwundern, wie lang daß ſolche Leute mit den Räu¬
bern zu thun gehabt, und wie viel Erhenkte ihnen bekannt, und
wie viele dermalen noch am Leben, mit denen ſie noch zu thun haben.
Mit der Hilfe Gottes werde ich dieſelben ſo überzeugen, daß ſie ſich
nicht mehr verantworten können.“

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[485/0501] Beſucher des Ebersbacher Pfarrhauſes „puncto furti tertia vice reiterati ad dies vitae gerechteſt condemniret“ hatte. Daß bei der Aufzählung jener ſchmutzigen Biedermänner, die den Räuber ſeinen Hals wagen ließen und ſich an ihm bereicherten, hie und da weltliche Anwandlungen den geiſtlichen Frieden ſeiner Seele trübten, geht aus manchen Stellen unleugbar hervor. „Wann eine chriſtlich geſinnte Obrigkeit“, klagt er an einer dieſer Stellen, „das Böſe begehret abzuſtrafen und darinnen Ruhe zu ſchaffen, wann das Böſe ſoll gedämpft werden, ſo muß man ſolche Leute zuerſt angreifen. Denn ihr Zweck iſt: ſtehlen, ſo daß ein Mancher in ſolchen Orten noch zum Stehlen angetrieben wird. Denn der Räuber hat manch¬ mal den wenigſten Nutzen vom Stehlen, weil er es ſolchen Leuten um einen wohlfeilen Preis geben muß und nichts daraus löſet, und dieſer, der es kauft, hat den beſten Nutzen. Der Räuber kommt darauf in Verhaft, man nimmt ihm das Leben, er hat kaum die Hälfte genoſſen; der Käufer bleibt ein ehrlicher Mann und hat den beſten Nutzen, und gedenket: ob der Eine todt iſt — ich habe noch Viele an mir, die mir geſtohlene Waaren bringen. Solche Leute machen ſich gar nichts dar¬ aus, ob ſie ſchon die größte Anleitung dazu geben, wenn ſie nur alle¬ zeit ſicher ſtehen bleiben. Aber Gott der Allmächtige ſoll mein Zeuge ſein, daß ich, ſo viel ich weiß, ſolche Leute nicht zu verſchonen ge¬ denke; denn von meinen jungen Jahren an bin ich in ſolche Häuſer verleitet worden und zum Stehlen angetrieben, daß mein Verſtand noch nicht ſo weit gereicht hätte, wenn man mich nicht dazu verleitet und angetrieben, und man mich nicht gleich in meiner blühenden Ju¬ gend in die verruchten Häuſer eingezogen hätte. Mein ganzer Lebens¬ lauf rührt davon her, bis in meinen Tod; ich kann nicht mit Ruhe abſterben, bis ich mein Herz vor der Obrigkeit von ſolchen Leuten ge¬ nugſam ausgeleert habe, damit doch das Böſe recht geſtraft wird. Man wird ſich verwundern, wie lang daß ſolche Leute mit den Räu¬ bern zu thun gehabt, und wie viel Erhenkte ihnen bekannt, und wie viele dermalen noch am Leben, mit denen ſie noch zu thun haben. Mit der Hilfe Gottes werde ich dieſelben ſo überzeugen, daß ſie ſich nicht mehr verantworten können.“ Man wird dieſer Klage, welche auch auf der Nachtſeite der alten Geſellſchaft — nach heutiger Weiſe geſprochen — die Arbeit vom

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Zitationshilfe: Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 485. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/501>, abgerufen am 22.11.2024.