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Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855.

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oder unterstützte, nie ein Mord begangen worden ist, mit einer einzigen
Ausnahme, an welcher er unschuldig war, welche aber seine Heimath
noch einmal in Furcht und Schrecken setzen sollte.

Ein Jahr nach dem Tode des Fischers, um Ostern, wagte er sich
wieder in die Gegend von Ebersbach, schickte die schwarze Christine in die
Sonne und trug ihr auf, seinem Vater zu sagen, sie habe einen Un¬
bekannten auf der Straße getroffen, der ihn grüßen lasse. Als er in
den folgenden Tagen wieder mit ihr zusammentraf, erfuhr er von ihr,
daß sein Vater seine Kinder zu sich genommen habe. Inzwischen aber
hatte er sich selbst in Ebersbach zu Gaste geladen und hiedurch den
Tod eines Menschen veranlaßt, dem er nichts weniger als übel wollte.
In der Gegend umherschweifend, war er am Rechberg hinter einer Hecke
hervor unvermuthet von einem Kameraden, dem sogenannten Jäger¬
kasperle, angeschrieen worden, der ihm klagte, er habe keinen Kreuzer
hinter sich und vor sich, und ihn fragte, ob er keine Gelegenheit wisse.
Da fiel ihm sein Vormund ein, mit dem er noch ein Hühnchen zu
pflücken hatte. Schon die nächste Nacht fand die beiden Spießgesellen
in dessen Laden. Während aber Schwan die erste Beute in einem
benachbarten Gäßchen absetzte, kam der Fleckenschütz zu seinem Unstern
des Weges daher. Er hatte mit einem Bekannten bis über Mitter¬
nacht im Branntweinhause gezecht, sah den Laden offen und taumelte
hinein, um zu sehen, was es gebe. Der Räuber schrie ihn an, er
solle sich packen. Da aber der Schütz ihn anstarrte und noch näher
auf ihn zuging, so gab der Räuber, der seinen Stock für eine Flinte
hielt, ohne Weiteres Feuer und sprang seinem Genossen zu. Ein Nach¬
bar, der von dem Schuß erwachte, sah zum Fenster heraus und rief,
da er Jemand im Gäßchen erblickte: Was ist das für ein Schuß?
hat man nach des Sonnenwirths Frieder geschossen? Ja, ja! ant¬
wortete dieser und machte sich mit dem Andern davon. Daß der
Getroffene der Schütz war, und daß die Kugel ihm das Leben gekostet,
erfuhr er erst später, und prügelte seinen ungeschickten Kameraden dafür
und für einen Einbruch bei einem Kaufmann in Winnenden, den er als einen
ehrlichen Mann nicht bestohlen wissen wollte, tüchtig durch. Dieser, der
die Schläge als verdient anerkannte, ließ den Verdruß darüber an einem
Dritten aus, der ihn zu dem Einbruch in Winnenden verleitet hatte,
und hieraus entstand eine Feindschaft, welche so tödtlich wurde, daß man

oder unterſtützte, nie ein Mord begangen worden iſt, mit einer einzigen
Ausnahme, an welcher er unſchuldig war, welche aber ſeine Heimath
noch einmal in Furcht und Schrecken ſetzen ſollte.

Ein Jahr nach dem Tode des Fiſchers, um Oſtern, wagte er ſich
wieder in die Gegend von Ebersbach, ſchickte die ſchwarze Chriſtine in die
Sonne und trug ihr auf, ſeinem Vater zu ſagen, ſie habe einen Un¬
bekannten auf der Straße getroffen, der ihn grüßen laſſe. Als er in
den folgenden Tagen wieder mit ihr zuſammentraf, erfuhr er von ihr,
daß ſein Vater ſeine Kinder zu ſich genommen habe. Inzwiſchen aber
hatte er ſich ſelbſt in Ebersbach zu Gaſte geladen und hiedurch den
Tod eines Menſchen veranlaßt, dem er nichts weniger als übel wollte.
In der Gegend umherſchweifend, war er am Rechberg hinter einer Hecke
hervor unvermuthet von einem Kameraden, dem ſogenannten Jäger¬
kaſperle, angeſchrieen worden, der ihm klagte, er habe keinen Kreuzer
hinter ſich und vor ſich, und ihn fragte, ob er keine Gelegenheit wiſſe.
Da fiel ihm ſein Vormund ein, mit dem er noch ein Hühnchen zu
pflücken hatte. Schon die nächſte Nacht fand die beiden Spießgeſellen
in deſſen Laden. Während aber Schwan die erſte Beute in einem
benachbarten Gäßchen abſetzte, kam der Fleckenſchütz zu ſeinem Unſtern
des Weges daher. Er hatte mit einem Bekannten bis über Mitter¬
nacht im Branntweinhauſe gezecht, ſah den Laden offen und taumelte
hinein, um zu ſehen, was es gebe. Der Räuber ſchrie ihn an, er
ſolle ſich packen. Da aber der Schütz ihn anſtarrte und noch näher
auf ihn zuging, ſo gab der Räuber, der ſeinen Stock für eine Flinte
hielt, ohne Weiteres Feuer und ſprang ſeinem Genoſſen zu. Ein Nach¬
bar, der von dem Schuß erwachte, ſah zum Fenſter heraus und rief,
da er Jemand im Gäßchen erblickte: Was iſt das für ein Schuß?
hat man nach des Sonnenwirths Frieder geſchoſſen? Ja, ja! ant¬
wortete dieſer und machte ſich mit dem Andern davon. Daß der
Getroffene der Schütz war, und daß die Kugel ihm das Leben gekoſtet,
erfuhr er erſt ſpäter, und prügelte ſeinen ungeſchickten Kameraden dafür
und für einen Einbruch bei einem Kaufmann in Winnenden, den er als einen
ehrlichen Mann nicht beſtohlen wiſſen wollte, tüchtig durch. Dieſer, der
die Schläge als verdient anerkannte, ließ den Verdruß darüber an einem
Dritten aus, der ihn zu dem Einbruch in Winnenden verleitet hatte,
und hieraus entſtand eine Feindſchaft, welche ſo tödtlich wurde, daß man

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[448/0464] oder unterſtützte, nie ein Mord begangen worden iſt, mit einer einzigen Ausnahme, an welcher er unſchuldig war, welche aber ſeine Heimath noch einmal in Furcht und Schrecken ſetzen ſollte. Ein Jahr nach dem Tode des Fiſchers, um Oſtern, wagte er ſich wieder in die Gegend von Ebersbach, ſchickte die ſchwarze Chriſtine in die Sonne und trug ihr auf, ſeinem Vater zu ſagen, ſie habe einen Un¬ bekannten auf der Straße getroffen, der ihn grüßen laſſe. Als er in den folgenden Tagen wieder mit ihr zuſammentraf, erfuhr er von ihr, daß ſein Vater ſeine Kinder zu ſich genommen habe. Inzwiſchen aber hatte er ſich ſelbſt in Ebersbach zu Gaſte geladen und hiedurch den Tod eines Menſchen veranlaßt, dem er nichts weniger als übel wollte. In der Gegend umherſchweifend, war er am Rechberg hinter einer Hecke hervor unvermuthet von einem Kameraden, dem ſogenannten Jäger¬ kaſperle, angeſchrieen worden, der ihm klagte, er habe keinen Kreuzer hinter ſich und vor ſich, und ihn fragte, ob er keine Gelegenheit wiſſe. Da fiel ihm ſein Vormund ein, mit dem er noch ein Hühnchen zu pflücken hatte. Schon die nächſte Nacht fand die beiden Spießgeſellen in deſſen Laden. Während aber Schwan die erſte Beute in einem benachbarten Gäßchen abſetzte, kam der Fleckenſchütz zu ſeinem Unſtern des Weges daher. Er hatte mit einem Bekannten bis über Mitter¬ nacht im Branntweinhauſe gezecht, ſah den Laden offen und taumelte hinein, um zu ſehen, was es gebe. Der Räuber ſchrie ihn an, er ſolle ſich packen. Da aber der Schütz ihn anſtarrte und noch näher auf ihn zuging, ſo gab der Räuber, der ſeinen Stock für eine Flinte hielt, ohne Weiteres Feuer und ſprang ſeinem Genoſſen zu. Ein Nach¬ bar, der von dem Schuß erwachte, ſah zum Fenſter heraus und rief, da er Jemand im Gäßchen erblickte: Was iſt das für ein Schuß? hat man nach des Sonnenwirths Frieder geſchoſſen? Ja, ja! ant¬ wortete dieſer und machte ſich mit dem Andern davon. Daß der Getroffene der Schütz war, und daß die Kugel ihm das Leben gekoſtet, erfuhr er erſt ſpäter, und prügelte ſeinen ungeſchickten Kameraden dafür und für einen Einbruch bei einem Kaufmann in Winnenden, den er als einen ehrlichen Mann nicht beſtohlen wiſſen wollte, tüchtig durch. Dieſer, der die Schläge als verdient anerkannte, ließ den Verdruß darüber an einem Dritten aus, der ihn zu dem Einbruch in Winnenden verleitet hatte, und hieraus entſtand eine Feindſchaft, welche ſo tödtlich wurde, daß man

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Zitationshilfe: Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 448. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/464>, abgerufen am 22.11.2024.