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Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855.

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sie und ging hinein. Nach kurzer Frist kam sie mit ihrem kleinen
Bündel zurück und sagte: Da drinnen meinen sie auch, es sei das Best'
für mich, ich geh' wieder heim. Sie sind arg betrübt, daß der Christle
heut Abend in's Ottenbacher Thal 'nüber ist, um deine Kameraden
aufzusuchen.

Das ist das rechte Klima! versetzte er. Wenn er sie nicht an¬
trifft, so kann er sie dort jedenfalls erfragen. Was willst du aber
machen, wenn dich deine Mutter nicht behält, wie sie schon einmal
gethan hat?

Dann probir' ich's wieder mit der Schulmeisterin zu Denzlingen,
oder auch, wenn alle Sträng' brechen, mit meiner Zuchthausaufseherin.
Es ist hohe Zeit für mich, daß ich wieder in ein anders Leben komm'.

Sie schritt unaufhaltsam dahin, so daß er wohl oder übel mit¬
gehen mußte. Wie ist's denn in Börtlingen gangen? fragte sie.

Wir sind sieben Mann stark mit der Margarethe dem Schultheißen
in's Haus gedrungen. Einer, der eine dunkle Kappe mit Augen¬
öffnungen über das Gesicht gezogen hatte, ist unser Anführer gewesen;
sie sagen, es sei der abgedankte Amtmann von Adelberg. Es war
noch ein zweiter Unbekannter dabei in einem schwarzen Camisol und
weißen Zwilchkittel, mit ganz schwarz gefärbtem Gesicht. Der mit der
Kappe ist dem Melcher auf die Achsel und durch einen Laden einge¬
stiegen und hat uns die Hausthür' aufgemacht und davor Wache ge¬
halten. Wir sind hinein, haben bei fünfzehn Wachslichter theils unten
und oben an die Wand geklebt, theils in der Hand gehalten.

Und mit den Lichtern habt ihr den Schultheißen brennt?

Ich hab' ihm weiter nichts gethan als ihn binden helfen, hab' ihn
am Hals und um den Leib hart gehalten, einen alten Heuchler geheißen
und angeschrieen, er solle gestehen, wo er sein Geld habe, oder er
müsse sterben. Zugleich ist die Magd in ihrem Schrecken nackend die
Stege herunterkommen; der Christianus hat ihr die Zöpfe abgeschnitten,
die Hände und Füße damit zusammen gebunden und sie in der Frau
Bett geworfen, weil sie geklagt hat, es friere sie so. Denn die Frau
ist auf dem Boden gelegen, der Melcher hat ein Deckbett über sie ge¬
worfen. Die Magd hat gewimmert: hier stehe der Kupferhaf', sie sei
ein armer Wais', man solle ihr nichts thun. Zugleich hat der Schultheiß
gesagt, es sei Geld genug in der Kammer drin. Die Andern aber haben

ſie und ging hinein. Nach kurzer Friſt kam ſie mit ihrem kleinen
Bündel zurück und ſagte: Da drinnen meinen ſie auch, es ſei das Beſt'
für mich, ich geh' wieder heim. Sie ſind arg betrübt, daß der Chriſtle
heut Abend in's Ottenbacher Thal 'nüber iſt, um deine Kameraden
aufzuſuchen.

Das iſt das rechte Klima! verſetzte er. Wenn er ſie nicht an¬
trifft, ſo kann er ſie dort jedenfalls erfragen. Was willſt du aber
machen, wenn dich deine Mutter nicht behält, wie ſie ſchon einmal
gethan hat?

Dann probir' ich's wieder mit der Schulmeiſterin zu Denzlingen,
oder auch, wenn alle Sträng' brechen, mit meiner Zuchthausaufſeherin.
Es iſt hohe Zeit für mich, daß ich wieder in ein anders Leben komm'.

Sie ſchritt unaufhaltſam dahin, ſo daß er wohl oder übel mit¬
gehen mußte. Wie iſt's denn in Börtlingen gangen? fragte ſie.

Wir ſind ſieben Mann ſtark mit der Margarethe dem Schultheißen
in's Haus gedrungen. Einer, der eine dunkle Kappe mit Augen¬
öffnungen über das Geſicht gezogen hatte, iſt unſer Anführer geweſen;
ſie ſagen, es ſei der abgedankte Amtmann von Adelberg. Es war
noch ein zweiter Unbekannter dabei in einem ſchwarzen Camiſol und
weißen Zwilchkittel, mit ganz ſchwarz gefärbtem Geſicht. Der mit der
Kappe iſt dem Melcher auf die Achſel und durch einen Laden einge¬
ſtiegen und hat uns die Hausthür' aufgemacht und davor Wache ge¬
halten. Wir ſind hinein, haben bei fünfzehn Wachslichter theils unten
und oben an die Wand geklebt, theils in der Hand gehalten.

Und mit den Lichtern habt ihr den Schultheißen brennt?

Ich hab' ihm weiter nichts gethan als ihn binden helfen, hab' ihn
am Hals und um den Leib hart gehalten, einen alten Heuchler geheißen
und angeſchrieen, er ſolle geſtehen, wo er ſein Geld habe, oder er
müſſe ſterben. Zugleich iſt die Magd in ihrem Schrecken nackend die
Stege herunterkommen; der Chriſtianus hat ihr die Zöpfe abgeſchnitten,
die Hände und Füße damit zuſammen gebunden und ſie in der Frau
Bett geworfen, weil ſie geklagt hat, es friere ſie ſo. Denn die Frau
iſt auf dem Boden gelegen, der Melcher hat ein Deckbett über ſie ge¬
worfen. Die Magd hat gewimmert: hier ſtehe der Kupferhaf', ſie ſei
ein armer Waiſ', man ſolle ihr nichts thun. Zugleich hat der Schultheiß
geſagt, es ſei Geld genug in der Kammer drin. Die Andern aber haben

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[422/0438] ſie und ging hinein. Nach kurzer Friſt kam ſie mit ihrem kleinen Bündel zurück und ſagte: Da drinnen meinen ſie auch, es ſei das Beſt' für mich, ich geh' wieder heim. Sie ſind arg betrübt, daß der Chriſtle heut Abend in's Ottenbacher Thal 'nüber iſt, um deine Kameraden aufzuſuchen. Das iſt das rechte Klima! verſetzte er. Wenn er ſie nicht an¬ trifft, ſo kann er ſie dort jedenfalls erfragen. Was willſt du aber machen, wenn dich deine Mutter nicht behält, wie ſie ſchon einmal gethan hat? Dann probir' ich's wieder mit der Schulmeiſterin zu Denzlingen, oder auch, wenn alle Sträng' brechen, mit meiner Zuchthausaufſeherin. Es iſt hohe Zeit für mich, daß ich wieder in ein anders Leben komm'. Sie ſchritt unaufhaltſam dahin, ſo daß er wohl oder übel mit¬ gehen mußte. Wie iſt's denn in Börtlingen gangen? fragte ſie. Wir ſind ſieben Mann ſtark mit der Margarethe dem Schultheißen in's Haus gedrungen. Einer, der eine dunkle Kappe mit Augen¬ öffnungen über das Geſicht gezogen hatte, iſt unſer Anführer geweſen; ſie ſagen, es ſei der abgedankte Amtmann von Adelberg. Es war noch ein zweiter Unbekannter dabei in einem ſchwarzen Camiſol und weißen Zwilchkittel, mit ganz ſchwarz gefärbtem Geſicht. Der mit der Kappe iſt dem Melcher auf die Achſel und durch einen Laden einge¬ ſtiegen und hat uns die Hausthür' aufgemacht und davor Wache ge¬ halten. Wir ſind hinein, haben bei fünfzehn Wachslichter theils unten und oben an die Wand geklebt, theils in der Hand gehalten. Und mit den Lichtern habt ihr den Schultheißen brennt? Ich hab' ihm weiter nichts gethan als ihn binden helfen, hab' ihn am Hals und um den Leib hart gehalten, einen alten Heuchler geheißen und angeſchrieen, er ſolle geſtehen, wo er ſein Geld habe, oder er müſſe ſterben. Zugleich iſt die Magd in ihrem Schrecken nackend die Stege herunterkommen; der Chriſtianus hat ihr die Zöpfe abgeſchnitten, die Hände und Füße damit zuſammen gebunden und ſie in der Frau Bett geworfen, weil ſie geklagt hat, es friere ſie ſo. Denn die Frau iſt auf dem Boden gelegen, der Melcher hat ein Deckbett über ſie ge¬ worfen. Die Magd hat gewimmert: hier ſtehe der Kupferhaf', ſie ſei ein armer Waiſ', man ſolle ihr nichts thun. Zugleich hat der Schultheiß geſagt, es ſei Geld genug in der Kammer drin. Die Andern aber haben

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Zitationshilfe: Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/438>, abgerufen am 22.11.2024.