Bettelmelcher stieß ein lustiges Gelächter aus und sprach dann eine Weile jenisch mit ihm, wobei Christine verwundert auf die fremden seltsamen Ausdrücke hörte. Hierauf entfernte sich Bettelmelcher, und die Beiden gingen weiter, bis sie ein einsames Wirthshaus am Saume eines Waldes erreichten, wo Friedrich etwas Essen und Trinken kom¬ men ließ. Christine hatte sich schon mehrmals über Ermüdung beklagt. Nachdem er einige jenische Worte mit dem Wirth gewechselt, er¬ öffnete er ihr, sie könne hier der Ruhe pflegen, er werde die Nacht über auf dem Anstande sein und sie den andern Morgen wieder abholen.
Ach Frieder! sagte sie erschreckend, du gehst auf kein' Hirsch aus. Ich seh's wohl, du bist nicht in den besten Händen, du hast dich mit dem Spitzbuben, dem Bettelmelcher, in etwas eingelassen.
Wenn ich dir sage, ich geh' auf den Anstand, so hast du nichts weiter zu fragen, entgegnete er streng. Ich werd' am besten wissen, was ich zu thun hab'.
Mein Herz sagt mir, du hast nichts Gut's vor! Und wenn es auch so wär' -- hast du eine Glückshenne, die mir goldne Eier legt? Oder kannst du mir ein Haus oder Geschäft in Ebersbach kaufen? Glaubst du, der Wirth da, obwohl du sicher bei ihm aufgehoben bist, werde dich umsonst beherbergen? Halt' mich nicht unnöthig auf, ich kann die Zeit nicht mit Streiten verlieren. Bleib' ruhig hier, bis ich wiederkomme.
Er trank sein Glas aus und ging rasch fort. Frieder! Frieder! rief sie, ihm auf die Straße nachlaufend. Er blieb unwillig stehen.
Frieder, sagte sie ihm in's Ohr, wenn du etwas thun willst, was dir Gott verzeihen mög', so thu' doch wenigstens schwarze Strümpf' an, deine weiße Strümpf' machen dich sichtbar in der Nacht!
Er lachte, hieß sie ohne Sorge sein und entfernte sich auf dem Wege, den sie hergekommen waren.
Den andern Vormittag erschien er versprochener Maßen wieder in dem Wirthshause, zahlte die Zeche und führte Christinen weiter. Meine Freunde haben mir ein Hochzeitsgeschenk für dich verehrt, sagte er unterwegs und überreichte ihr ein paar silberne Löffel nebst einem silbernen Besteck.
Bettelmelcher ſtieß ein luſtiges Gelächter aus und ſprach dann eine Weile jeniſch mit ihm, wobei Chriſtine verwundert auf die fremden ſeltſamen Ausdrücke hörte. Hierauf entfernte ſich Bettelmelcher, und die Beiden gingen weiter, bis ſie ein einſames Wirthshaus am Saume eines Waldes erreichten, wo Friedrich etwas Eſſen und Trinken kom¬ men ließ. Chriſtine hatte ſich ſchon mehrmals über Ermüdung beklagt. Nachdem er einige jeniſche Worte mit dem Wirth gewechſelt, er¬ öffnete er ihr, ſie könne hier der Ruhe pflegen, er werde die Nacht über auf dem Anſtande ſein und ſie den andern Morgen wieder abholen.
Ach Frieder! ſagte ſie erſchreckend, du gehſt auf kein' Hirſch aus. Ich ſeh's wohl, du biſt nicht in den beſten Händen, du haſt dich mit dem Spitzbuben, dem Bettelmelcher, in etwas eingelaſſen.
Wenn ich dir ſage, ich geh' auf den Anſtand, ſo haſt du nichts weiter zu fragen, entgegnete er ſtreng. Ich werd' am beſten wiſſen, was ich zu thun hab'.
Mein Herz ſagt mir, du haſt nichts Gut's vor! Und wenn es auch ſo wär' — haſt du eine Glückshenne, die mir goldne Eier legt? Oder kannſt du mir ein Haus oder Geſchäft in Ebersbach kaufen? Glaubſt du, der Wirth da, obwohl du ſicher bei ihm aufgehoben biſt, werde dich umſonſt beherbergen? Halt' mich nicht unnöthig auf, ich kann die Zeit nicht mit Streiten verlieren. Bleib' ruhig hier, bis ich wiederkomme.
Er trank ſein Glas aus und ging raſch fort. Frieder! Frieder! rief ſie, ihm auf die Straße nachlaufend. Er blieb unwillig ſtehen.
Frieder, ſagte ſie ihm in's Ohr, wenn du etwas thun willſt, was dir Gott verzeihen mög', ſo thu' doch wenigſtens ſchwarze Strümpf' an, deine weiße Strümpf' machen dich ſichtbar in der Nacht!
Er lachte, hieß ſie ohne Sorge ſein und entfernte ſich auf dem Wege, den ſie hergekommen waren.
Den andern Vormittag erſchien er verſprochener Maßen wieder in dem Wirthshauſe, zahlte die Zeche und führte Chriſtinen weiter. Meine Freunde haben mir ein Hochzeitsgeſchenk für dich verehrt, ſagte er unterwegs und überreichte ihr ein paar ſilberne Löffel nebſt einem ſilbernen Beſteck.
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Bettelmelcher ſtieß ein luſtiges Gelächter aus und ſprach dann
eine Weile jeniſch mit ihm, wobei Chriſtine verwundert auf die fremden
ſeltſamen Ausdrücke hörte. Hierauf entfernte ſich Bettelmelcher, und
die Beiden gingen weiter, bis ſie ein einſames Wirthshaus am Saume
eines Waldes erreichten, wo Friedrich etwas Eſſen und Trinken kom¬
men ließ. Chriſtine hatte ſich ſchon mehrmals über Ermüdung beklagt.
Nachdem er einige jeniſche Worte mit dem Wirth gewechſelt, er¬
öffnete er ihr, ſie könne hier der Ruhe pflegen, er werde die Nacht
über auf dem Anſtande ſein und ſie den andern Morgen wieder
abholen.
Ach Frieder! ſagte ſie erſchreckend, du gehſt auf kein' Hirſch aus.
Ich ſeh's wohl, du biſt nicht in den beſten Händen, du haſt dich mit
dem Spitzbuben, dem Bettelmelcher, in etwas eingelaſſen.
Wenn ich dir ſage, ich geh' auf den Anſtand, ſo haſt du nichts
weiter zu fragen, entgegnete er ſtreng. Ich werd' am beſten wiſſen,
was ich zu thun hab'.
Mein Herz ſagt mir, du haſt nichts Gut's vor!
Und wenn es auch ſo wär' — haſt du eine Glückshenne, die mir
goldne Eier legt? Oder kannſt du mir ein Haus oder Geſchäft in
Ebersbach kaufen? Glaubſt du, der Wirth da, obwohl du ſicher bei
ihm aufgehoben biſt, werde dich umſonſt beherbergen? Halt' mich nicht
unnöthig auf, ich kann die Zeit nicht mit Streiten verlieren. Bleib'
ruhig hier, bis ich wiederkomme.
Er trank ſein Glas aus und ging raſch fort.
Frieder! Frieder! rief ſie, ihm auf die Straße nachlaufend.
Er blieb unwillig ſtehen.
Frieder, ſagte ſie ihm in's Ohr, wenn du etwas thun willſt,
was dir Gott verzeihen mög', ſo thu' doch wenigſtens ſchwarze Strümpf'
an, deine weiße Strümpf' machen dich ſichtbar in der Nacht!
Er lachte, hieß ſie ohne Sorge ſein und entfernte ſich auf dem
Wege, den ſie hergekommen waren.
Den andern Vormittag erſchien er verſprochener Maßen wieder in
dem Wirthshauſe, zahlte die Zeche und führte Chriſtinen weiter. Meine
Freunde haben mir ein Hochzeitsgeſchenk für dich verehrt, ſagte er
unterwegs und überreichte ihr ein paar ſilberne Löffel nebſt einem
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Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/414>, abgerufen am 22.11.2024.
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