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Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855.

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und die ganz' Verwandtschaft ist dagegen gewesen, aber er hat's durch¬
gesetzt, warum? Weil er Herr im Haus gewesen ist nach seines Vaters
Tod. Es ist aber ganz gut gerathen. Anfangs, freilich, hat man
auch dem Teufel ein Bein brechen müssen, denn die jung' Frau hat
ein wenig hochmüthig sein wollen auf ihr fein's Gesicht und ihren
neuen Stand, und hat dabei natürlich von der Wirthschaft nichts
verstanden und der Schwieger nicht folgen wollen; aber der Mann ist
gescheid gewesen und hat zu seiner Mutter gehalten und sein Weib
links und rechts hinter die Ohren geschlagen, bis sie parirt hat. Jetzt
geht's, und die Einkehr bei der, schönen Wirthin ist groß, und die
Mutter, die früher am ärgsten gegen die Heirath gewesen ist, ja, die
trägt jetzt ihre Tochter schier auf den Händen.

Das paßt wie eine Faust auf ein Aug', lachte die Sonnenwirthin.
Freilich, wenn ein Vater todt ist, da kann ihm sein Sohn sein' Sach'
und seinen Namen verschimpfiren, und Niemand fragt darnach. Aber
so lang der Vater am Leben ist, wird er doch auch noch dreinreden
dürfen, wenn ihm der Sohn Schimpf und Schand' in's Haus brin¬
gen will.

Herr Sonnenwirth! sagte der hartnäckige Fuhrmann, ohne die
Einrede der Frau zu beachten, Ihr müsset ja doch einmal abfahren
und dann kutschirt Euer Sohn. Wollet Ihr ihm auf dem Bock sitzen
bleiben und ihn sein Leben lang spazieren führen? Das geht ja doch
nicht an, drum gebet nach, so lang's noch Zeit ist und eh's zum
Aeußersten kommt. Denn ich kenn' Euch Beide: 's hat Jeder von
Euch ein Sperrholz im G'nick.

Recht so! sagte die Sonnenwirthin, also soll der Sohn dem Vater
das G'nick brechen!

Der Sonnenwirth, der eine Weile etwas unschlüssig dreingeschaut
hatte, fuhr auf. Vom Sterben hörte er gar nicht gern reden, eine
Rüge war auch nicht nach seinem Geschmack, und der etwas herbe
Ton des alten Mannes, den er zwar seit vielen Jahren kannte, reizte
ihn so, daß es nur einer kleinen Nachhilfe von seiner Frau bedurfte,
um ihn in Harnisch zu jagen. Ick brauch' das Geschwätz nicht, sagte
er kurz angebunden, brauch' mir in meinem Haus nichts befehlen zu
lassen. Hier bin ich Herr.

Adje, Herr Sonnenwirth, antwortete der Alte, indem er sich mit

und die ganz' Verwandtſchaft iſt dagegen geweſen, aber er hat's durch¬
geſetzt, warum? Weil er Herr im Haus geweſen iſt nach ſeines Vaters
Tod. Es iſt aber ganz gut gerathen. Anfangs, freilich, hat man
auch dem Teufel ein Bein brechen müſſen, denn die jung' Frau hat
ein wenig hochmüthig ſein wollen auf ihr fein's Geſicht und ihren
neuen Stand, und hat dabei natürlich von der Wirthſchaft nichts
verſtanden und der Schwieger nicht folgen wollen; aber der Mann iſt
geſcheid geweſen und hat zu ſeiner Mutter gehalten und ſein Weib
links und rechts hinter die Ohren geſchlagen, bis ſie parirt hat. Jetzt
geht's, und die Einkehr bei der, ſchönen Wirthin iſt groß, und die
Mutter, die früher am ärgſten gegen die Heirath geweſen iſt, ja, die
trägt jetzt ihre Tochter ſchier auf den Händen.

Das paßt wie eine Fauſt auf ein Aug', lachte die Sonnenwirthin.
Freilich, wenn ein Vater todt iſt, da kann ihm ſein Sohn ſein' Sach'
und ſeinen Namen verſchimpfiren, und Niemand fragt darnach. Aber
ſo lang der Vater am Leben iſt, wird er doch auch noch dreinreden
dürfen, wenn ihm der Sohn Schimpf und Schand' in's Haus brin¬
gen will.

Herr Sonnenwirth! ſagte der hartnäckige Fuhrmann, ohne die
Einrede der Frau zu beachten, Ihr müſſet ja doch einmal abfahren
und dann kutſchirt Euer Sohn. Wollet Ihr ihm auf dem Bock ſitzen
bleiben und ihn ſein Leben lang ſpazieren führen? Das geht ja doch
nicht an, drum gebet nach, ſo lang's noch Zeit iſt und eh's zum
Aeußerſten kommt. Denn ich kenn' Euch Beide: 's hat Jeder von
Euch ein Sperrholz im G'nick.

Recht ſo! ſagte die Sonnenwirthin, alſo ſoll der Sohn dem Vater
das G'nick brechen!

Der Sonnenwirth, der eine Weile etwas unſchlüſſig dreingeſchaut
hatte, fuhr auf. Vom Sterben hörte er gar nicht gern reden, eine
Rüge war auch nicht nach ſeinem Geſchmack, und der etwas herbe
Ton des alten Mannes, den er zwar ſeit vielen Jahren kannte, reizte
ihn ſo, daß es nur einer kleinen Nachhilfe von ſeiner Frau bedurfte,
um ihn in Harniſch zu jagen. Ick brauch' das Geſchwätz nicht, ſagte
er kurz angebunden, brauch' mir in meinem Haus nichts befehlen zu
laſſen. Hier bin ich Herr.

Adje, Herr Sonnenwirth, antwortete der Alte, indem er ſich mit

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[249/0265] und die ganz' Verwandtſchaft iſt dagegen geweſen, aber er hat's durch¬ geſetzt, warum? Weil er Herr im Haus geweſen iſt nach ſeines Vaters Tod. Es iſt aber ganz gut gerathen. Anfangs, freilich, hat man auch dem Teufel ein Bein brechen müſſen, denn die jung' Frau hat ein wenig hochmüthig ſein wollen auf ihr fein's Geſicht und ihren neuen Stand, und hat dabei natürlich von der Wirthſchaft nichts verſtanden und der Schwieger nicht folgen wollen; aber der Mann iſt geſcheid geweſen und hat zu ſeiner Mutter gehalten und ſein Weib links und rechts hinter die Ohren geſchlagen, bis ſie parirt hat. Jetzt geht's, und die Einkehr bei der, ſchönen Wirthin iſt groß, und die Mutter, die früher am ärgſten gegen die Heirath geweſen iſt, ja, die trägt jetzt ihre Tochter ſchier auf den Händen. Das paßt wie eine Fauſt auf ein Aug', lachte die Sonnenwirthin. Freilich, wenn ein Vater todt iſt, da kann ihm ſein Sohn ſein' Sach' und ſeinen Namen verſchimpfiren, und Niemand fragt darnach. Aber ſo lang der Vater am Leben iſt, wird er doch auch noch dreinreden dürfen, wenn ihm der Sohn Schimpf und Schand' in's Haus brin¬ gen will. Herr Sonnenwirth! ſagte der hartnäckige Fuhrmann, ohne die Einrede der Frau zu beachten, Ihr müſſet ja doch einmal abfahren und dann kutſchirt Euer Sohn. Wollet Ihr ihm auf dem Bock ſitzen bleiben und ihn ſein Leben lang ſpazieren führen? Das geht ja doch nicht an, drum gebet nach, ſo lang's noch Zeit iſt und eh's zum Aeußerſten kommt. Denn ich kenn' Euch Beide: 's hat Jeder von Euch ein Sperrholz im G'nick. Recht ſo! ſagte die Sonnenwirthin, alſo ſoll der Sohn dem Vater das G'nick brechen! Der Sonnenwirth, der eine Weile etwas unſchlüſſig dreingeſchaut hatte, fuhr auf. Vom Sterben hörte er gar nicht gern reden, eine Rüge war auch nicht nach ſeinem Geſchmack, und der etwas herbe Ton des alten Mannes, den er zwar ſeit vielen Jahren kannte, reizte ihn ſo, daß es nur einer kleinen Nachhilfe von ſeiner Frau bedurfte, um ihn in Harniſch zu jagen. Ick brauch' das Geſchwätz nicht, ſagte er kurz angebunden, brauch' mir in meinem Haus nichts befehlen zu laſſen. Hier bin ich Herr. Adje, Herr Sonnenwirth, antwortete der Alte, indem er ſich mit

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Zitationshilfe: Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/265>, abgerufen am 25.11.2024.