seiner Liebsten festhalten werde, unterbrach sich aber bald mit den Worten: Ich seh' wohl, Ihr habt Ruh' nöthig, und ich darf nicht lang ausbleiben. Gott tröst' Euch, Bas', ich dank' vielmals für die Freundschaft, und will bald wieder nach Euch sehen.
Die beiden Schwäger, wie sie sich nannten, begrüßten sich den folgenden Abend an dem verabredeten Orte aufs Herzlichste.-- Wir haben schon gewußt, daß du wieder da bist aus der Welt, sagte Chri¬ stinens Bruder, der nach Bauernart nicht sogleich den eigentlichen Zweck der Zusammenkunft berührte. Das Christinele hat vor Freu¬ den geweint. Jetzt sag' mir nur auch, wie ist's dir denn gangen da draußen?
So so, la la, antwortete Friedrich. Die Leut' wären schon recht, aber 's ist eben Alles ganz anders als bei uns. Da schnurrt Jeder¬ mann nur so an Einem vorbei und läßt Einem das Nachsehen; und wenn einer so im Vorbeischießen was an dich hinwelscht, -- bis dir eine Antwort eingefallen ist, ist der schon über alle Berg'. Dann können sie doch auch wieder recht gesellschaftlich sein, sonderlich die in Sachsenhausen; und wenn sie dich gern haben, so geben sie dir die gröbsten Schimpfreden, über die's bei uns zu Mordhändeln käm'. Bei ihnen aber ist das aus Freundschaft gered't, und wenn sie dich ein schlecht's Luder heißen, so ist das lauter Liebe und Güte. Die in Frankfort, die auch viel 'rüber kommen sind, und wir zu ihnen 'nüber, die sind feiner, aber sie hänseln und föppeln Einen gern, und in ihrer schnellen, spitzigen Sprach' kann dir das in die Nas' fahren wie ein Pfeil. Wiewohl, ich bin ihnen auch nichts schuldig blieben. Einmal haben sie mich gefragt, wie man denn im Schwabenland die Holder¬ küchle -- Holderküchelche sagen sie -- macht. Ich hab' aber gleich gemerkt, daß sie bloß ihren Spott mit mir treiben wollen, und hab' ihnen erzählt, man mach' das Feuer und den Teig grad unter dem Holderbaum an, und zieh' dann einen Zweig um den andern mit dem Blust nur in den Teig 'runter und lass' wieder schnappen, dann hängen die Küchelche am Baum, wie wenn sie dran gewachsen wären.
Jerg lachte unmäßig. Wenn sie das glaubt haben, so müssen sie rechtschaffen dumm sein.
Nein, dumm sind sie grad nicht. Sie haben eben arg drüber ge¬ lacht. Jetzt wollen wir aber von andern Dingen reden, Jerg, denn
ſeiner Liebſten feſthalten werde, unterbrach ſich aber bald mit den Worten: Ich ſeh' wohl, Ihr habt Ruh' nöthig, und ich darf nicht lang ausbleiben. Gott tröſt' Euch, Baſ', ich dank' vielmals für die Freundſchaft, und will bald wieder nach Euch ſehen.
Die beiden Schwäger, wie ſie ſich nannten, begrüßten ſich den folgenden Abend an dem verabredeten Orte aufs Herzlichſte.— Wir haben ſchon gewußt, daß du wieder da biſt aus der Welt, ſagte Chri¬ ſtinens Bruder, der nach Bauernart nicht ſogleich den eigentlichen Zweck der Zuſammenkunft berührte. Das Chriſtinele hat vor Freu¬ den geweint. Jetzt ſag' mir nur auch, wie iſt's dir denn gangen da draußen?
So ſo, la la, antwortete Friedrich. Die Leut' wären ſchon recht, aber 's iſt eben Alles ganz anders als bei uns. Da ſchnurrt Jeder¬ mann nur ſo an Einem vorbei und läßt Einem das Nachſehen; und wenn einer ſo im Vorbeiſchießen was an dich hinwelſcht, — bis dir eine Antwort eingefallen iſt, iſt der ſchon über alle Berg'. Dann können ſie doch auch wieder recht geſellſchaftlich ſein, ſonderlich die in Sachſenhauſen; und wenn ſie dich gern haben, ſo geben ſie dir die gröbſten Schimpfreden, über die's bei uns zu Mordhändeln käm'. Bei ihnen aber iſt das aus Freundſchaft gered't, und wenn ſie dich ein ſchlecht's Luder heißen, ſo iſt das lauter Liebe und Güte. Die in Frankfort, die auch viel 'rüber kommen ſind, und wir zu ihnen 'nüber, die ſind feiner, aber ſie hänſeln und föppeln Einen gern, und in ihrer ſchnellen, ſpitzigen Sprach' kann dir das in die Naſ' fahren wie ein Pfeil. Wiewohl, ich bin ihnen auch nichts ſchuldig blieben. Einmal haben ſie mich gefragt, wie man denn im Schwabenland die Holder¬ küchle — Holderküchelche ſagen ſie — macht. Ich hab' aber gleich gemerkt, daß ſie bloß ihren Spott mit mir treiben wollen, und hab' ihnen erzählt, man mach' das Feuer und den Teig grad unter dem Holderbaum an, und zieh' dann einen Zweig um den andern mit dem Bluſt nur in den Teig 'runter und laſſ' wieder ſchnappen, dann hängen die Küchelche am Baum, wie wenn ſie dran gewachſen wären.
Jerg lachte unmäßig. Wenn ſie das glaubt haben, ſo müſſen ſie rechtſchaffen dumm ſein.
Nein, dumm ſind ſie grad nicht. Sie haben eben arg drüber ge¬ lacht. Jetzt wollen wir aber von andern Dingen reden, Jerg, denn
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ſeiner Liebſten feſthalten werde, unterbrach ſich aber bald mit den
Worten: Ich ſeh' wohl, Ihr habt Ruh' nöthig, und ich darf nicht
lang ausbleiben. Gott tröſt' Euch, Baſ', ich dank' vielmals für die
Freundſchaft, und will bald wieder nach Euch ſehen.
Die beiden Schwäger, wie ſie ſich nannten, begrüßten ſich den
folgenden Abend an dem verabredeten Orte aufs Herzlichſte.— Wir
haben ſchon gewußt, daß du wieder da biſt aus der Welt, ſagte Chri¬
ſtinens Bruder, der nach Bauernart nicht ſogleich den eigentlichen
Zweck der Zuſammenkunft berührte. Das Chriſtinele hat vor Freu¬
den geweint. Jetzt ſag' mir nur auch, wie iſt's dir denn gangen da
draußen?
So ſo, la la, antwortete Friedrich. Die Leut' wären ſchon recht,
aber 's iſt eben Alles ganz anders als bei uns. Da ſchnurrt Jeder¬
mann nur ſo an Einem vorbei und läßt Einem das Nachſehen; und
wenn einer ſo im Vorbeiſchießen was an dich hinwelſcht, — bis dir
eine Antwort eingefallen iſt, iſt der ſchon über alle Berg'. Dann
können ſie doch auch wieder recht geſellſchaftlich ſein, ſonderlich die
in Sachſenhauſen; und wenn ſie dich gern haben, ſo geben ſie dir
die gröbſten Schimpfreden, über die's bei uns zu Mordhändeln käm'.
Bei ihnen aber iſt das aus Freundſchaft gered't, und wenn ſie dich
ein ſchlecht's Luder heißen, ſo iſt das lauter Liebe und Güte. Die in
Frankfort, die auch viel 'rüber kommen ſind, und wir zu ihnen 'nüber,
die ſind feiner, aber ſie hänſeln und föppeln Einen gern, und in ihrer
ſchnellen, ſpitzigen Sprach' kann dir das in die Naſ' fahren wie ein
Pfeil. Wiewohl, ich bin ihnen auch nichts ſchuldig blieben. Einmal
haben ſie mich gefragt, wie man denn im Schwabenland die Holder¬
küchle — Holderküchelche ſagen ſie — macht. Ich hab' aber gleich
gemerkt, daß ſie bloß ihren Spott mit mir treiben wollen, und hab'
ihnen erzählt, man mach' das Feuer und den Teig grad unter dem
Holderbaum an, und zieh' dann einen Zweig um den andern mit dem
Bluſt nur in den Teig 'runter und laſſ' wieder ſchnappen, dann
hängen die Küchelche am Baum, wie wenn ſie dran gewachſen wären.
Jerg lachte unmäßig. Wenn ſie das glaubt haben, ſo müſſen ſie
rechtſchaffen dumm ſein.
Nein, dumm ſind ſie grad nicht. Sie haben eben arg drüber ge¬
lacht. Jetzt wollen wir aber von andern Dingen reden, Jerg, denn
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Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/189>, abgerufen am 27.11.2024.
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