verlangt Rechenschaft von mir, warum ich schon wieder da sei. Ich will's Euch nachher Alles haarklein sagen, aber zuerst hab' ich eine Bitt' an Euch. Thut mir die Liebe, Bas', und gehet, so groß und schwer Ihr seid, den Abend noch hinaus zum Hirschbauer und saget einem von der Christine ihren Brüdern, am liebsten dem Jerg, denn der ander' ist hinter den Ohren nicht trocken, daß ich nothwendig mit ihm zu reden hab'. Ich kann mich keinem Menschen sonst anvertrauen als Euch, denn der Profoß hat's in den Gliedern, heißt das, so weit sie nicht hölzern sind.
Ach Friederle, seufzte die Frau, ich that's gewiß gern, aber bei mir ist's auch mit dem Springen vorbei. Ich kann dem Profoßen mit seinem Gliederweh Gesellschaft leisten: seit ein paar Tagen weiß ich, warum ich immer so müd bin, ich hab' geschwollene Füß'.
Wird doch das nicht sein. Sollen denn meine beste Freund' in so kurzer Zeit presthaft werden?
Meine Mutter ist an der Wassersucht gestorben, sagte sie, und ich weiß jetzt auch was mir blüht. Eure Hochzeit erleb' ich schon nicht mehr; wenn ihr aber zusammen kommet und vergnügt mit einander lebet, so soll mich's noch unterm Boden freuen. Dem Jerg will ich durch den Beckenbuben entbieten, daß er zu mir herkommt; denn wenn ich auch die Füß' nicht recht mehr brauchen kann, so ist das Mundstück noch gut im Gang. Was soll ich ihm denn ausrichten?
Ach, Bas', Ihr machet mir das Herz schwer. Es wird doch so schlimm nicht sein.
Wie Gott will. Wo soll sich der Jerg einfinden?
Man paßt mir auf jedem Schlich auf. Saget meinem Schwager, und vergesset ja nicht, ihn so zu heißen, morgen um Versperzeit oder etwas später, wenn der Tag sich neigt, woll' ich ihn unter den Linden an der Schießmauer treffen. Den Grund, warum ich nicht zu ihm in's Haus kommen kann, und alles Andere will ich ihm mündlich sagen.
Kann mir's schon denken. Es soll pünktlich ausgerichtet werden. Heut Abend muß er noch zu mir kommen.
Hierauf erzählte er ihr, wie seine Reise abgelaufen und unter wel¬ cher Bedingung er in sein väterliches Haus zurückgekehrt sei. Dann sprach er ihr von den Vorsätzen, an welchen er gleichwohl in Betreff
verlangt Rechenſchaft von mir, warum ich ſchon wieder da ſei. Ich will's Euch nachher Alles haarklein ſagen, aber zuerſt hab' ich eine Bitt' an Euch. Thut mir die Liebe, Baſ', und gehet, ſo groß und ſchwer Ihr ſeid, den Abend noch hinaus zum Hirſchbauer und ſaget einem von der Chriſtine ihren Brüdern, am liebſten dem Jerg, denn der ander' iſt hinter den Ohren nicht trocken, daß ich nothwendig mit ihm zu reden hab'. Ich kann mich keinem Menſchen ſonſt anvertrauen als Euch, denn der Profoß hat's in den Gliedern, heißt das, ſo weit ſie nicht hölzern ſind.
Ach Friederle, ſeufzte die Frau, ich that's gewiß gern, aber bei mir iſt's auch mit dem Springen vorbei. Ich kann dem Profoßen mit ſeinem Gliederweh Geſellſchaft leiſten: ſeit ein paar Tagen weiß ich, warum ich immer ſo müd bin, ich hab' geſchwollene Füß'.
Wird doch das nicht ſein. Sollen denn meine beſte Freund' in ſo kurzer Zeit preſthaft werden?
Meine Mutter iſt an der Waſſerſucht geſtorben, ſagte ſie, und ich weiß jetzt auch was mir blüht. Eure Hochzeit erleb' ich ſchon nicht mehr; wenn ihr aber zuſammen kommet und vergnügt mit einander lebet, ſo ſoll mich's noch unterm Boden freuen. Dem Jerg will ich durch den Beckenbuben entbieten, daß er zu mir herkommt; denn wenn ich auch die Füß' nicht recht mehr brauchen kann, ſo iſt das Mundſtück noch gut im Gang. Was ſoll ich ihm denn ausrichten?
Ach, Baſ', Ihr machet mir das Herz ſchwer. Es wird doch ſo ſchlimm nicht ſein.
Wie Gott will. Wo ſoll ſich der Jerg einfinden?
Man paßt mir auf jedem Schlich auf. Saget meinem Schwager, und vergeſſet ja nicht, ihn ſo zu heißen, morgen um Verſperzeit oder etwas ſpäter, wenn der Tag ſich neigt, woll' ich ihn unter den Linden an der Schießmauer treffen. Den Grund, warum ich nicht zu ihm in's Haus kommen kann, und alles Andere will ich ihm mündlich ſagen.
Kann mir's ſchon denken. Es ſoll pünktlich ausgerichtet werden. Heut Abend muß er noch zu mir kommen.
Hierauf erzählte er ihr, wie ſeine Reiſe abgelaufen und unter wel¬ cher Bedingung er in ſein väterliches Haus zurückgekehrt ſei. Dann ſprach er ihr von den Vorſätzen, an welchen er gleichwohl in Betreff
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verlangt Rechenſchaft von mir, warum ich ſchon wieder da ſei. Ich
will's Euch nachher Alles haarklein ſagen, aber zuerſt hab' ich eine
Bitt' an Euch. Thut mir die Liebe, Baſ', und gehet, ſo groß und
ſchwer Ihr ſeid, den Abend noch hinaus zum Hirſchbauer und ſaget
einem von der Chriſtine ihren Brüdern, am liebſten dem Jerg, denn
der ander' iſt hinter den Ohren nicht trocken, daß ich nothwendig mit
ihm zu reden hab'. Ich kann mich keinem Menſchen ſonſt anvertrauen
als Euch, denn der Profoß hat's in den Gliedern, heißt das, ſo weit
ſie nicht hölzern ſind.
Ach Friederle, ſeufzte die Frau, ich that's gewiß gern, aber bei
mir iſt's auch mit dem Springen vorbei. Ich kann dem Profoßen
mit ſeinem Gliederweh Geſellſchaft leiſten: ſeit ein paar Tagen weiß
ich, warum ich immer ſo müd bin, ich hab' geſchwollene Füß'.
Wird doch das nicht ſein. Sollen denn meine beſte Freund' in
ſo kurzer Zeit preſthaft werden?
Meine Mutter iſt an der Waſſerſucht geſtorben, ſagte ſie, und ich
weiß jetzt auch was mir blüht. Eure Hochzeit erleb' ich ſchon nicht
mehr; wenn ihr aber zuſammen kommet und vergnügt mit einander
lebet, ſo ſoll mich's noch unterm Boden freuen. Dem Jerg will ich
durch den Beckenbuben entbieten, daß er zu mir herkommt; denn wenn
ich auch die Füß' nicht recht mehr brauchen kann, ſo iſt das Mundſtück
noch gut im Gang. Was ſoll ich ihm denn ausrichten?
Ach, Baſ', Ihr machet mir das Herz ſchwer. Es wird doch ſo
ſchlimm nicht ſein.
Wie Gott will. Wo ſoll ſich der Jerg einfinden?
Man paßt mir auf jedem Schlich auf. Saget meinem Schwager,
und vergeſſet ja nicht, ihn ſo zu heißen, morgen um Verſperzeit oder
etwas ſpäter, wenn der Tag ſich neigt, woll' ich ihn unter den Linden
an der Schießmauer treffen. Den Grund, warum ich nicht zu ihm
in's Haus kommen kann, und alles Andere will ich ihm mündlich
ſagen.
Kann mir's ſchon denken. Es ſoll pünktlich ausgerichtet werden.
Heut Abend muß er noch zu mir kommen.
Hierauf erzählte er ihr, wie ſeine Reiſe abgelaufen und unter wel¬
cher Bedingung er in ſein väterliches Haus zurückgekehrt ſei. Dann
ſprach er ihr von den Vorſätzen, an welchen er gleichwohl in Betreff
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Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/188>, abgerufen am 27.11.2024.
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