erweisen, und meine Absicht ist auf nichts Anders gerichtet, denn daß wir als Ehleut' zusammen kommen.
Und dazu geht man in die Fremde? rief die Bäuerin mit zorni¬ gem Lachen. Ja, ja, weit davon ist gut fürn Schuß!
So, das ist auch schon ausgeschwätzt? sagte Friedrich. Wer hat Euch denn das hinterbracht?
Seine Mutter ist dagewesen, erwiderte die Bäurin, Er braucht nichts zu leugnen.
Ich will auch nichts leugnen, begreif's aber wohl, daß Unsamen hier ausgestreut worden ist. Wahr ist's, daß ich gehen muß, weil mein Vater für jetzt nicht gut zu dieser Heirath sieht, und weil er vielleicht meint, in einer andern Luft wachse mir auch gleich wieder ein anderer Kopf. Aber Alles hat seine zwei Seiten. Mein Vater kann mir nichts befehlen, was für mein ganzes Leben gelten soll, denn über die Zukunft muß ich selber Herr sein, und sein Vater springt auch nicht mehr hinter ihm drein, um ihm die Fliegen abzuwehren oder ihn zu hüten, daß er den Fuß nirgends anstoßt. Aber wenn er mir jetzt in die Fremde zu gehen befiehlt, so gehorch' ich ihm und glaub' ihn auch damit besser herumzubringen, als mit Ungehorsam und Trotz. Er wird dann schon sehen, daß ich in dem, was meine eigene Sach' ist, mein Herz nicht ändere, und zuletzt wird er mit seinem einzigen Sohn ein Einsehen haben und wird uns zusammen lassen. Damit jedoch mein Schatz und die Ihrigen nicht an mir zweifeln, deswegen bin ich herkommen, um den Verspruch vor meinem Fortgehen richtig zu machen und mit Euch darüber zu reden.
Der Hirschbauer und sein Weib sahen einander an; diese Erklärung lautete ganz anders als das, was die Sonnenwirthin ihnen geringschätzig und spöttisch vorgesagt hatte, um sie gegen ihre Tochter und deren Liebhaber aufzureizen.
Seine Mutter, hob der Hirschbauer wieder an, hat uns gesagt, daß Er mit leichtem Herzen fortgeh' und selber froh sei, der Fessel wieder ledig zu werden. Und wenn nun das auch nicht so ist und Er andere Absichten hat, so wird Er mir doch nicht zumuthen wollen, daß ich meine Tochter einer Familie aufdringen soll, die nichts von ihr wissen will.
Laßt das gut sein, Vetter, sagte Friedrich. Die Sach' ist nicht
D. B. IV. Sonnenwirth 10
erweiſen, und meine Abſicht iſt auf nichts Anders gerichtet, denn daß wir als Ehleut' zuſammen kommen.
Und dazu geht man in die Fremde? rief die Bäuerin mit zorni¬ gem Lachen. Ja, ja, weit davon iſt gut fürn Schuß!
So, das iſt auch ſchon ausgeſchwätzt? ſagte Friedrich. Wer hat Euch denn das hinterbracht?
Seine Mutter iſt dageweſen, erwiderte die Bäurin, Er braucht nichts zu leugnen.
Ich will auch nichts leugnen, begreif's aber wohl, daß Unſamen hier ausgeſtreut worden iſt. Wahr iſt's, daß ich gehen muß, weil mein Vater für jetzt nicht gut zu dieſer Heirath ſieht, und weil er vielleicht meint, in einer andern Luft wachſe mir auch gleich wieder ein anderer Kopf. Aber Alles hat ſeine zwei Seiten. Mein Vater kann mir nichts befehlen, was für mein ganzes Leben gelten ſoll, denn über die Zukunft muß ich ſelber Herr ſein, und ſein Vater ſpringt auch nicht mehr hinter ihm drein, um ihm die Fliegen abzuwehren oder ihn zu hüten, daß er den Fuß nirgends anſtoßt. Aber wenn er mir jetzt in die Fremde zu gehen befiehlt, ſo gehorch' ich ihm und glaub' ihn auch damit beſſer herumzubringen, als mit Ungehorſam und Trotz. Er wird dann ſchon ſehen, daß ich in dem, was meine eigene Sach' iſt, mein Herz nicht ändere, und zuletzt wird er mit ſeinem einzigen Sohn ein Einſehen haben und wird uns zuſammen laſſen. Damit jedoch mein Schatz und die Ihrigen nicht an mir zweifeln, deswegen bin ich herkommen, um den Verſpruch vor meinem Fortgehen richtig zu machen und mit Euch darüber zu reden.
Der Hirſchbauer und ſein Weib ſahen einander an; dieſe Erklärung lautete ganz anders als das, was die Sonnenwirthin ihnen geringſchätzig und ſpöttiſch vorgeſagt hatte, um ſie gegen ihre Tochter und deren Liebhaber aufzureizen.
Seine Mutter, hob der Hirſchbauer wieder an, hat uns geſagt, daß Er mit leichtem Herzen fortgeh' und ſelber froh ſei, der Feſſel wieder ledig zu werden. Und wenn nun das auch nicht ſo iſt und Er andere Abſichten hat, ſo wird Er mir doch nicht zumuthen wollen, daß ich meine Tochter einer Familie aufdringen ſoll, die nichts von ihr wiſſen will.
Laßt das gut ſein, Vetter, ſagte Friedrich. Die Sach' iſt nicht
D. B. IV. Sonnenwirth 10
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erweiſen, und meine Abſicht iſt auf nichts Anders gerichtet, denn daß
wir als Ehleut' zuſammen kommen.
Und dazu geht man in die Fremde? rief die Bäuerin mit zorni¬
gem Lachen. Ja, ja, weit davon iſt gut fürn Schuß!
So, das iſt auch ſchon ausgeſchwätzt? ſagte Friedrich. Wer hat
Euch denn das hinterbracht?
Seine Mutter iſt dageweſen, erwiderte die Bäurin, Er braucht
nichts zu leugnen.
Ich will auch nichts leugnen, begreif's aber wohl, daß Unſamen
hier ausgeſtreut worden iſt. Wahr iſt's, daß ich gehen muß, weil mein
Vater für jetzt nicht gut zu dieſer Heirath ſieht, und weil er vielleicht
meint, in einer andern Luft wachſe mir auch gleich wieder ein anderer
Kopf. Aber Alles hat ſeine zwei Seiten. Mein Vater kann mir
nichts befehlen, was für mein ganzes Leben gelten ſoll, denn über
die Zukunft muß ich ſelber Herr ſein, und ſein Vater ſpringt auch
nicht mehr hinter ihm drein, um ihm die Fliegen abzuwehren oder
ihn zu hüten, daß er den Fuß nirgends anſtoßt. Aber wenn er mir
jetzt in die Fremde zu gehen befiehlt, ſo gehorch' ich ihm und glaub'
ihn auch damit beſſer herumzubringen, als mit Ungehorſam und Trotz.
Er wird dann ſchon ſehen, daß ich in dem, was meine eigene Sach'
iſt, mein Herz nicht ändere, und zuletzt wird er mit ſeinem einzigen
Sohn ein Einſehen haben und wird uns zuſammen laſſen. Damit
jedoch mein Schatz und die Ihrigen nicht an mir zweifeln, deswegen
bin ich herkommen, um den Verſpruch vor meinem Fortgehen richtig
zu machen und mit Euch darüber zu reden.
Der Hirſchbauer und ſein Weib ſahen einander an; dieſe
Erklärung lautete ganz anders als das, was die Sonnenwirthin ihnen
geringſchätzig und ſpöttiſch vorgeſagt hatte, um ſie gegen ihre Tochter
und deren Liebhaber aufzureizen.
Seine Mutter, hob der Hirſchbauer wieder an, hat uns geſagt,
daß Er mit leichtem Herzen fortgeh' und ſelber froh ſei, der Feſſel
wieder ledig zu werden. Und wenn nun das auch nicht ſo iſt und
Er andere Abſichten hat, ſo wird Er mir doch nicht zumuthen wollen,
daß ich meine Tochter einer Familie aufdringen ſoll, die nichts von
ihr wiſſen will.
Laßt das gut ſein, Vetter, ſagte Friedrich. Die Sach' iſt nicht
D. B. IV. Sonnenwirth 10
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Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/161>, abgerufen am 25.11.2024.
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