Meine Mutter, sagte der junge Mensch, indem er trotz seiner Leb¬ haftigkeit die Stimme dämpfte, meine Mutter würde sich's nicht nehmen lassen, nach mir zu sehen, wenn das ihr gestattet würde. Und warum sollt' ihr's nicht verstattet sein, wie den andern Geistern? Aber eben das, daß sie nicht zu mir kommt, ist mir ein Beweis, daß die anderen auch nicht können.
Narr, sie will dich eben nicht erschrecken, lallte der Kübler, dessen Augen allmählich gläsern wurden.
Sie weiß recht gut, daß ich nicht an ihr erschrecken kann, mit welchem Aussehen sie mir auch erscheinen mag. Oft, fuhr er nach¬ drücklich fort, nachdem er einmal die Scheu überwunden hatte, von die¬ sem Gegenstande zu reden, oft hab' ich um Mitternacht, wenn ich ganz allein gewesen bin, ihren Geist beschworen, leis und laut, und hab' sie gebeten, wenn es ihr möglich sei, so möcht' sie den Himmel auf einen Augenblick verlassen und zu mir kommen. Aber es hat sich nichts darauf ereignet, ich bin allein gewesen nach wie vor, und hab' auch nichts um mich vernommen als das stille Sausen der Nacht, das aber nicht von Geistern kommt, sondern von der Luft, weil die Nacht gar gehörsam ist.
Gott steh' uns bei! hatten die Andern während dieser Erzählung gerufen, die ihnen fremd und seltsam däuchte.
Das ist ein grausamer Mensch! sagte der Eine, womit er die Grauenhaftigkeit dieses Treibens bezeichnen wollte.
Der glaubt an gar nichts! wiederholte der Andere. Der kommt einmal in den Himmel, wo die Engel schwarz sind und Wauwau singen.
Jetzt soll einmal die Beckin erzählen, ob sie schon einen Geist ge¬ sehen hat! rief der Invalide, fortwährend bemüht, das Gespräch in einem ungefährlichen Gange zu erhalten.
Ja, die Beckin soll erzählen! riefen ihm mehrere Stimmen nach.
Die Bäckerin richtete den Kopf im Sorgenstuhle auf. worin sie den ganzen Disput verschlafen hatte. Man mußte ihr erst erklären, um was es sich handle. Ha, daß es Hexen und Geister gibt, sagte sie gähnend, das leidet keinen Zweifel, aber zu mir ist noch keine Her' gekommen, weder bei Tag noch bei Nacht, und keinen Geist hab' ich auch noch nie gesehen.
Meine Mutter, ſagte der junge Menſch, indem er trotz ſeiner Leb¬ haftigkeit die Stimme dämpfte, meine Mutter würde ſich's nicht nehmen laſſen, nach mir zu ſehen, wenn das ihr geſtattet würde. Und warum ſollt' ihr's nicht verſtattet ſein, wie den andern Geiſtern? Aber eben das, daß ſie nicht zu mir kommt, iſt mir ein Beweis, daß die anderen auch nicht können.
Narr, ſie will dich eben nicht erſchrecken, lallte der Kübler, deſſen Augen allmählich gläſern wurden.
Sie weiß recht gut, daß ich nicht an ihr erſchrecken kann, mit welchem Ausſehen ſie mir auch erſcheinen mag. Oft, fuhr er nach¬ drücklich fort, nachdem er einmal die Scheu überwunden hatte, von die¬ ſem Gegenſtande zu reden, oft hab' ich um Mitternacht, wenn ich ganz allein geweſen bin, ihren Geiſt beſchworen, leis und laut, und hab' ſie gebeten, wenn es ihr möglich ſei, ſo möcht' ſie den Himmel auf einen Augenblick verlaſſen und zu mir kommen. Aber es hat ſich nichts darauf ereignet, ich bin allein geweſen nach wie vor, und hab' auch nichts um mich vernommen als das ſtille Sauſen der Nacht, das aber nicht von Geiſtern kommt, ſondern von der Luft, weil die Nacht gar gehörſam iſt.
Gott ſteh' uns bei! hatten die Andern während dieſer Erzählung gerufen, die ihnen fremd und ſeltſam däuchte.
Das iſt ein grauſamer Menſch! ſagte der Eine, womit er die Grauenhaftigkeit dieſes Treibens bezeichnen wollte.
Der glaubt an gar nichts! wiederholte der Andere. Der kommt einmal in den Himmel, wo die Engel ſchwarz ſind und Wauwau ſingen.
Jetzt ſoll einmal die Beckin erzählen, ob sie ſchon einen Geiſt ge¬ ſehen hat! rief der Invalide, fortwährend bemüht, das Geſpräch in einem ungefährlichen Gange zu erhalten.
Ja, die Beckin soll erzählen! riefen ihm mehrere Stimmen nach.
Die Bäckerin richtete den Kopf im Sorgenstuhle auf. worin sie den ganzen Disput verſchlafen hatte. Man mußte ihr erſt erklären, um was es ſich handle. Ha, daß es Hexen und Geiſter gibt, ſagte ſie gähnend, das leidet keinen Zweifel, aber zu mir iſt noch keine Her' gekommen, weder bei Tag noch bei Nacht, und keinen Geiſt hab' ich auch noch nie geſehen.
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Meine Mutter, ſagte der junge Menſch, indem er trotz ſeiner Leb¬
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laſſen, nach mir zu ſehen, wenn das ihr geſtattet würde. Und warum
ſollt' ihr's nicht verſtattet ſein, wie den andern Geiſtern? Aber eben
das, daß ſie nicht zu mir kommt, iſt mir ein Beweis, daß die anderen
auch nicht können.
Narr, ſie will dich eben nicht erſchrecken, lallte der Kübler, deſſen
Augen allmählich gläſern wurden.
Sie weiß recht gut, daß ich nicht an ihr erſchrecken kann, mit
welchem Ausſehen ſie mir auch erſcheinen mag. Oft, fuhr er nach¬
drücklich fort, nachdem er einmal die Scheu überwunden hatte, von die¬
ſem Gegenſtande zu reden, oft hab' ich um Mitternacht, wenn ich ganz
allein geweſen bin, ihren Geiſt beſchworen, leis und laut, und hab'
ſie gebeten, wenn es ihr möglich ſei, ſo möcht' ſie den Himmel auf einen
Augenblick verlaſſen und zu mir kommen. Aber es hat ſich nichts
darauf ereignet, ich bin allein geweſen nach wie vor, und hab' auch
nichts um mich vernommen als das ſtille Sauſen der Nacht, das aber
nicht von Geiſtern kommt, ſondern von der Luft, weil die Nacht gar
gehörſam iſt.
Gott ſteh' uns bei! hatten die Andern während dieſer Erzählung
gerufen, die ihnen fremd und ſeltſam däuchte.
Das iſt ein grauſamer Menſch! ſagte der Eine, womit er die
Grauenhaftigkeit dieſes Treibens bezeichnen wollte.
Der glaubt an gar nichts! wiederholte der Andere. Der kommt
einmal in den Himmel, wo die Engel ſchwarz ſind und Wauwau ſingen.
Jetzt ſoll einmal die Beckin erzählen, ob sie ſchon einen Geiſt ge¬
ſehen hat! rief der Invalide, fortwährend bemüht, das Geſpräch in
einem ungefährlichen Gange zu erhalten.
Ja, die Beckin soll erzählen! riefen ihm mehrere Stimmen nach.
Die Bäckerin richtete den Kopf im Sorgenstuhle auf. worin sie
den ganzen Disput verſchlafen hatte. Man mußte ihr erſt erklären,
um was es ſich handle. Ha, daß es Hexen und Geiſter gibt, ſagte
ſie gähnend, das leidet keinen Zweifel, aber zu mir iſt noch keine
Her' gekommen, weder bei Tag noch bei Nacht, und keinen Geiſt hab'
ich auch noch nie geſehen.
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Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/125>, abgerufen am 24.11.2024.
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