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Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855.

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pen Sprüngen auf, die sich um so abscheulicher ausnahmen, da er im
wachsenden Rausche seines Körpers nicht mehr mächtig war. Wenn
das Mädchen, von dem er erzählte, nur zum zehnten Theil so häßlich
getanzt hatte, so hatte Friedrich mit seiner Bezeichnung vollauf Recht
gehabt. Die Gesellschaft brüllte vor Lachen, aber in den Augen der
Männer malte sich zugleich die Verachtung, welche die Bäckerin noch
deutlicher ausdrückte, indem sie, ohne lachen zu können, mitleidig nach
dem Lustigmacher hinsah. Da tanzt unsere Obrigkeit! sagte der Kübler.

So, das ist der Husarentanz! keuchte der Schütz, indem er athem¬
los auf seinen Stuhl zurückfiel. Jetzt eine Halbe dem Küblerfritz!

Das Gelächter dauerte noch lange fort, während er sich schon den
Preis seiner Schaustellung schmecken ließ. Er wurde mit zweideutigen
und spöttischen Lobsprüchen überschüttet, und der Invalide sagte ihm,
er sollte sich beim Ballet in Stuttgart anstellen lassen, da würde er
am Besten hintaugen.

Diese Aufnahme seiner künstlerischen Production machte ihn wieder
ein wenig nüchtern. Aber das Schönste hab' ich noch gar nicht er¬
zählt ! rief er, um den ihm allmählich klar werdenden Eindruck des
Possenspiels, das er so eben aufgeführt hatte, zu verwischen. Ein
Hexenproceß ist heut' noch zu guter Letzt verhandelt worden!

Ein Hexenproceß? Was? Wird wieder einmal eine Hex' verbrennt?

Nein, dazu bietet die Obrigkeit nimmermehr die Hand. Aber
doch ist's ein Hexenproceß gewesen und das ein saftiger. Ich hab'
schon gemeint, die Sitzung geh' zu End', die Herren haben nur noch
ein wenig von wegen der Kirche und Schule discurirt -- der Wetter¬
hahn ist lahm worden und die Schulmeisterin will eine Küche und
mag sich nicht mehr mit dem schlechten Verschlag zum Kochen behelfen
-- da kommt auf einmal der Franzos den Gang herangestiegen, wie
ein welscher Hahn, und den Hut hat er ganz schief aufgehabt, so daß
ich gleich gedacht hab', da sei bös Wetter im Anzug.

Wer ist der Franzos? fragte der Müllerknecht

Man heißt ihn so, weil er ein Jahr im Elsaß das Sattlerhand¬
werk gelernt hat und davon ein wenig welscht. Er hat eine Ham¬
melayin zum Weib. Ich hab' ihn gleich müssen bei Convent an¬
melden, und weil ich neugierig gewesen bin, hab' ich die Thür ein
wenig offen gelassen. Da hat er schrecklich gethan und immer mit

pen Sprüngen auf, die ſich um ſo abſcheulicher ausnahmen, da er im
wachſenden Rauſche ſeines Körpers nicht mehr mächtig war. Wenn
das Mädchen, von dem er erzählte, nur zum zehnten Theil ſo häßlich
getanzt hatte, ſo hatte Friedrich mit ſeiner Bezeichnung vollauf Recht
gehabt. Die Geſellſchaft brüllte vor Lachen, aber in den Augen der
Männer malte ſich zugleich die Verachtung, welche die Bäckerin noch
deutlicher ausdrückte, indem ſie, ohne lachen zu können, mitleidig nach
dem Luſtigmacher hinſah. Da tanzt unſere Obrigkeit! ſagte der Kübler.

So, das iſt der Huſarentanz! keuchte der Schütz, indem er athem¬
los auf ſeinen Stuhl zurückfiel. Jetzt eine Halbe dem Küblerfritz!

Das Gelächter dauerte noch lange fort, während er ſich ſchon den
Preis ſeiner Schauſtellung ſchmecken ließ. Er wurde mit zweideutigen
und ſpöttiſchen Lobſprüchen überſchüttet, und der Invalide ſagte ihm,
er ſollte ſich beim Ballet in Stuttgart anſtellen laſſen, da würde er
am Beſten hintaugen.

Dieſe Aufnahme ſeiner künſtleriſchen Production machte ihn wieder
ein wenig nüchtern. Aber das Schönſte hab' ich noch gar nicht er¬
zählt ! rief er, um den ihm allmählich klar werdenden Eindruck des
Poſſenſpiels, das er ſo eben aufgeführt hatte, zu verwiſchen. Ein
Hexenproceß iſt heut' noch zu guter Letzt verhandelt worden!

Ein Hexenproceß? Was? Wird wieder einmal eine Hex' verbrennt?

Nein, dazu bietet die Obrigkeit nimmermehr die Hand. Aber
doch iſt's ein Hexenproceß geweſen und das ein ſaftiger. Ich hab'
ſchon gemeint, die Sitzung geh' zu End', die Herren haben nur noch
ein wenig von wegen der Kirche und Schule discurirt — der Wetter¬
hahn iſt lahm worden und die Schulmeiſterin will eine Küche und
mag ſich nicht mehr mit dem ſchlechten Verſchlag zum Kochen behelfen
— da kommt auf einmal der Franzos den Gang herangeſtiegen, wie
ein welſcher Hahn, und den Hut hat er ganz ſchief aufgehabt, ſo daß
ich gleich gedacht hab', da ſei bös Wetter im Anzug.

Wer iſt der Franzos? fragte der Müllerknecht

Man heißt ihn ſo, weil er ein Jahr im Elſaß das Sattlerhand¬
werk gelernt hat und davon ein wenig welſcht. Er hat eine Ham¬
melayin zum Weib. Ich hab' ihn gleich müſſen bei Convent an¬
melden, und weil ich neugierig geweſen bin, hab' ich die Thür ein
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[103/0119] pen Sprüngen auf, die ſich um ſo abſcheulicher ausnahmen, da er im wachſenden Rauſche ſeines Körpers nicht mehr mächtig war. Wenn das Mädchen, von dem er erzählte, nur zum zehnten Theil ſo häßlich getanzt hatte, ſo hatte Friedrich mit ſeiner Bezeichnung vollauf Recht gehabt. Die Geſellſchaft brüllte vor Lachen, aber in den Augen der Männer malte ſich zugleich die Verachtung, welche die Bäckerin noch deutlicher ausdrückte, indem ſie, ohne lachen zu können, mitleidig nach dem Luſtigmacher hinſah. Da tanzt unſere Obrigkeit! ſagte der Kübler. So, das iſt der Huſarentanz! keuchte der Schütz, indem er athem¬ los auf ſeinen Stuhl zurückfiel. Jetzt eine Halbe dem Küblerfritz! Das Gelächter dauerte noch lange fort, während er ſich ſchon den Preis ſeiner Schauſtellung ſchmecken ließ. Er wurde mit zweideutigen und ſpöttiſchen Lobſprüchen überſchüttet, und der Invalide ſagte ihm, er ſollte ſich beim Ballet in Stuttgart anſtellen laſſen, da würde er am Beſten hintaugen. Dieſe Aufnahme ſeiner künſtleriſchen Production machte ihn wieder ein wenig nüchtern. Aber das Schönſte hab' ich noch gar nicht er¬ zählt ! rief er, um den ihm allmählich klar werdenden Eindruck des Poſſenſpiels, das er ſo eben aufgeführt hatte, zu verwiſchen. Ein Hexenproceß iſt heut' noch zu guter Letzt verhandelt worden! Ein Hexenproceß? Was? Wird wieder einmal eine Hex' verbrennt? Nein, dazu bietet die Obrigkeit nimmermehr die Hand. Aber doch iſt's ein Hexenproceß geweſen und das ein ſaftiger. Ich hab' ſchon gemeint, die Sitzung geh' zu End', die Herren haben nur noch ein wenig von wegen der Kirche und Schule discurirt — der Wetter¬ hahn iſt lahm worden und die Schulmeiſterin will eine Küche und mag ſich nicht mehr mit dem ſchlechten Verſchlag zum Kochen behelfen — da kommt auf einmal der Franzos den Gang herangeſtiegen, wie ein welſcher Hahn, und den Hut hat er ganz ſchief aufgehabt, ſo daß ich gleich gedacht hab', da ſei bös Wetter im Anzug. Wer iſt der Franzos? fragte der Müllerknecht Man heißt ihn ſo, weil er ein Jahr im Elſaß das Sattlerhand¬ werk gelernt hat und davon ein wenig welſcht. Er hat eine Ham¬ melayin zum Weib. Ich hab' ihn gleich müſſen bei Convent an¬ melden, und weil ich neugierig geweſen bin, hab' ich die Thür ein wenig offen gelaſſen. Da hat er ſchrecklich gethan und immer mit

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Zitationshilfe: Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/119>, abgerufen am 25.11.2024.