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Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855.

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Hätt' man's liegen lassen dürfen, so wär's auf dem Feld trocken
worden.

Das war dazumal, sagte einer aus der Gesellschaft lachend, wo
der Blitz dem Käsbalthes sein Paar Ochsen erschlagen hat. Ich seh'
ihn noch immer, wie er da gestanden ist und eine Faust gegen den
Himmel gemacht und geschrieen hat: jetzt soll aber auch unserm Herr¬
gott sein bestes Paar Engel verr--.

Ein schallendes Gelächter folgte auf diese Erzählung. Das dürft'
auch nicht beim Kirchenconvent vorkommen, bemerkte einer.

Ei so schlag! rief der Müllerknecht, immer von neuem in Lachen
ausbrechend und das verpönte Wort in unschuldigerer Wendung wie¬
derholend: so, unsrem Herrgott soll sein bestes Paar Engel capores gehn?
Ja, und dem Herzog sein schönstes Paar Tänzerinnen! knirschte
der Kübler, indem er das Glas auf den Tisch stieß.

In der Wirthsstube wurde es plötzlich so still, daß man eine Fliege
summen hörte, die sich in der Tag und Nacht gleichen Wärme des
Bäckerhauses lebendig erhalten hatte.

"O daß ich könnte ein Schloß an meinen Mund legen und ein fest
Siegel auf mein Maul drücken!" sagte die Bäckerin mit biblischer Betonung.
Was! rief der Kübler wild, ist denn eine zerbrochene Fensterscheib'
in der Stub', daß man seine Wort' hüten muß?
Friedrich sah unwillkürlich nach dem Schützen hin.
Vor Kirchenconvent wenigstens dürft' so etwas nicht bekannt
werden, sagte der Müllerknecht, der so eben noch eine Verwünschung
der Engel Gottes weit minder verfänglich gefunden hatte als einen
Fluch über die Tänzerinnen des Herzogs.

Der Schütz, dem der Blick des jungen Burschen nicht entgangen
war, versetzte: Ich denk', der Herr Amtmann und der Herr Pfarrer
werden froh sein, wenn sie nichts davon erfahren. Es ist besser, eine
solche unverständige Red' bleibt in der Gemeind', denn wenn sie weiter
käm', so könnt' sie Einen an Leib und Seel' zeitlebens unglücklich machen.

Der Kübler, dem der Wein mehr und mehr in den Kopf stieg,
brummte einiges dagegen, und der Schütz, etwas steif von Trunkenheit
und Autoritätsbewußtsein, schien nicht geneigt, ihm eine Antwort schuldig
zu bleiben, so daß der Invalide sich abermals in's Mittel legen zu müssen
meinte. Ich hab' die Kirchenconventsgeschichten satt bis oben herauf,

Hätt' man's liegen laſſen dürfen, ſo wär's auf dem Feld trocken
worden.

Das war dazumal, ſagte einer aus der Geſellſchaft lachend, wo
der Blitz dem Käsbalthes ſein Paar Ochſen erſchlagen hat. Ich ſeh'
ihn noch immer, wie er da geſtanden iſt und eine Fauſt gegen den
Himmel gemacht und geſchrieen hat: jetzt ſoll aber auch unſerm Herr¬
gott ſein beſtes Paar Engel verr—.

Ein ſchallendes Gelächter folgte auf dieſe Erzählung. Das dürft'
auch nicht beim Kirchenconvent vorkommen, bemerkte einer.

Ei ſo ſchlag! rief der Müllerknecht, immer von neuem in Lachen
ausbrechend und das verpönte Wort in unſchuldigerer Wendung wie¬
derholend: ſo, unſrem Herrgott ſoll ſein beſtes Paar Engel capores gehn?
Ja, und dem Herzog ſein ſchönſtes Paar Tänzerinnen! knirſchte
der Kübler, indem er das Glas auf den Tiſch ſtieß.

In der Wirthsſtube wurde es plötzlich ſo ſtill, daß man eine Fliege
ſummen hörte, die ſich in der Tag und Nacht gleichen Wärme des
Bäckerhauſes lebendig erhalten hatte.

„O daß ich könnte ein Schloß an meinen Mund legen und ein feſt
Siegel auf mein Maul drücken!“ ſagte die Bäckerin mit bibliſcher Betonung.
Was! rief der Kübler wild, iſt denn eine zerbrochene Fenſterſcheib'
in der Stub', daß man ſeine Wort' hüten muß?
Friedrich ſah unwillkürlich nach dem Schützen hin.
Vor Kirchenconvent wenigſtens dürft' ſo etwas nicht bekannt
werden, ſagte der Müllerknecht, der ſo eben noch eine Verwünſchung
der Engel Gottes weit minder verfänglich gefunden hatte als einen
Fluch über die Tänzerinnen des Herzogs.

Der Schütz, dem der Blick des jungen Burſchen nicht entgangen
war, verſetzte: Ich denk', der Herr Amtmann und der Herr Pfarrer
werden froh ſein, wenn ſie nichts davon erfahren. Es iſt beſſer, eine
ſolche unverſtändige Red' bleibt in der Gemeind', denn wenn ſie weiter
käm', ſo könnt' ſie Einen an Leib und Seel' zeitlebens unglücklich machen.

Der Kübler, dem der Wein mehr und mehr in den Kopf ſtieg,
brummte einiges dagegen, und der Schütz, etwas ſteif von Trunkenheit
und Autoritätsbewußtſein, ſchien nicht geneigt, ihm eine Antwort ſchuldig
zu bleiben, ſo daß der Invalide ſich abermals in's Mittel legen zu müſſen
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[101/0117] Hätt' man's liegen laſſen dürfen, ſo wär's auf dem Feld trocken worden. Das war dazumal, ſagte einer aus der Geſellſchaft lachend, wo der Blitz dem Käsbalthes ſein Paar Ochſen erſchlagen hat. Ich ſeh' ihn noch immer, wie er da geſtanden iſt und eine Fauſt gegen den Himmel gemacht und geſchrieen hat: jetzt ſoll aber auch unſerm Herr¬ gott ſein beſtes Paar Engel verr—. Ein ſchallendes Gelächter folgte auf dieſe Erzählung. Das dürft' auch nicht beim Kirchenconvent vorkommen, bemerkte einer. Ei ſo ſchlag! rief der Müllerknecht, immer von neuem in Lachen ausbrechend und das verpönte Wort in unſchuldigerer Wendung wie¬ derholend: ſo, unſrem Herrgott ſoll ſein beſtes Paar Engel capores gehn? Ja, und dem Herzog ſein ſchönſtes Paar Tänzerinnen! knirſchte der Kübler, indem er das Glas auf den Tiſch ſtieß. In der Wirthsſtube wurde es plötzlich ſo ſtill, daß man eine Fliege ſummen hörte, die ſich in der Tag und Nacht gleichen Wärme des Bäckerhauſes lebendig erhalten hatte. „O daß ich könnte ein Schloß an meinen Mund legen und ein feſt Siegel auf mein Maul drücken!“ ſagte die Bäckerin mit bibliſcher Betonung. Was! rief der Kübler wild, iſt denn eine zerbrochene Fenſterſcheib' in der Stub', daß man ſeine Wort' hüten muß? Friedrich ſah unwillkürlich nach dem Schützen hin. Vor Kirchenconvent wenigſtens dürft' ſo etwas nicht bekannt werden, ſagte der Müllerknecht, der ſo eben noch eine Verwünſchung der Engel Gottes weit minder verfänglich gefunden hatte als einen Fluch über die Tänzerinnen des Herzogs. Der Schütz, dem der Blick des jungen Burſchen nicht entgangen war, verſetzte: Ich denk', der Herr Amtmann und der Herr Pfarrer werden froh ſein, wenn ſie nichts davon erfahren. Es iſt beſſer, eine ſolche unverſtändige Red' bleibt in der Gemeind', denn wenn ſie weiter käm', ſo könnt' ſie Einen an Leib und Seel' zeitlebens unglücklich machen. Der Kübler, dem der Wein mehr und mehr in den Kopf ſtieg, brummte einiges dagegen, und der Schütz, etwas ſteif von Trunkenheit und Autoritätsbewußtſein, ſchien nicht geneigt, ihm eine Antwort ſchuldig zu bleiben, ſo daß der Invalide ſich abermals in's Mittel legen zu müſſen meinte. Ich hab' die Kirchenconventsgeſchichten ſatt bis oben herauf,

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Zitationshilfe: Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/117>, abgerufen am 22.11.2024.