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Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855.

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Du Bettelhund! du Herrenhund! du schlappohriger Hund! und schlägt
ihn zwischen die Löffel, zwischen die am Kopf, mein' ich, wenn er den
Löffel in der Schüssel zu voll macht. Er ißt freilich schier mehr als
er einträgt, das Kostgeld ist so mager. Ihr könnt auch in meinem
Gesicht sehen wie sie mich diese Feiertage gezeichnet hat. Vor Weiber¬
nägeln ist auch der Stärkste nicht sicher. Ich hab' sie aber durchge¬
walkt, daß ihr die Knochen heut' noch mürb' davon sind, und hätt'
eigentlich keine Hilfe nöthig gehabt vom Kirchenconvent; ich kann
Gottlob allein mit ihr fertig werden.

Hat sie dich denn verklagt?

Nein, das läßt sie wohl bleiben. Der Pfarrer hat eben von
irgend einer guten Nachbarschaft gehört, daß es wieder einmal Händel
bei uns gegeben hat, und hat dann die Sach' vor Kirchenconvent
gebracht. Sie haben gemeint, sie müssen heut' noch eine Sitzung
halten, die Herren, und das ganze Kutterfaß vom alten Jahr aus¬
leeren. Es sind noch Viele vorgeladen gewesen.

Haben sie dich gestraft?

Nein, wiewohl ich die Schläg' nicht abgeleugnet hab', aber meines
Weibes Bosheit ist eben Gott und der Welt bekannt. Doch bin ich
auch nicht ungerupft davon gekommen. Sie hat über mich geklagt,
ich sei ein Faullenzer und verdiene nichts in's Haus. Jetzt sagt selbst,
ihr Mannen, ob das wahr ist?

Nein, nein! riefen Alle zusammen, das kann man dir nicht nach¬
sagen.

Ich weiß wohl, fuhr der Kübler fort, es geht knapp bei uns her,
und Armuth ist eine Haderkatz'. Wenn man vollauf hat, so kommt
man viel leichter mit einander im Frieden aus. Aber meine Schuld
ist's nicht, wenn's manchmal sogar am Kreuzer fehlt. Mein Weib
mit ihrem abscheulichen Fluchen, wegen dessen sie gestraft worden ist,
und mit dem Spektakel, den sie immer mit meinem Kind hat, schreckt
die Leut' ab, daß sie nicht gern in's Haus kommen und lieber ihr'
Sach' wo anders machen lassen. Aber man darf den Herren nur
etwas an die Kunkel stecken und wenn's eitel Alteweiberfäden wären,
gleich machen sie ein Gespinnst daraus. Mein Weib hat mit keinem
Wörtle beweisen können, daß ich faul sei, und die Herren haben ihr ei¬
gentlich auch nicht geglaubt; und doch hat mir da der Pfarrer eine

Du Bettelhund! du Herrenhund! du ſchlappohriger Hund! und ſchlägt
ihn zwiſchen die Löffel, zwiſchen die am Kopf, mein' ich, wenn er den
Löffel in der Schüſſel zu voll macht. Er ißt freilich ſchier mehr als
er einträgt, das Koſtgeld iſt ſo mager. Ihr könnt auch in meinem
Geſicht ſehen wie ſie mich dieſe Feiertage gezeichnet hat. Vor Weiber¬
nägeln iſt auch der Stärkſte nicht ſicher. Ich hab' ſie aber durchge¬
walkt, daß ihr die Knochen heut' noch mürb' davon ſind, und hätt'
eigentlich keine Hilfe nöthig gehabt vom Kirchenconvent; ich kann
Gottlob allein mit ihr fertig werden.

Hat ſie dich denn verklagt?

Nein, das läßt ſie wohl bleiben. Der Pfarrer hat eben von
irgend einer guten Nachbarſchaft gehört, daß es wieder einmal Händel
bei uns gegeben hat, und hat dann die Sach' vor Kirchenconvent
gebracht. Sie haben gemeint, ſie müſſen heut' noch eine Sitzung
halten, die Herren, und das ganze Kutterfaß vom alten Jahr aus¬
leeren. Es ſind noch Viele vorgeladen geweſen.

Haben ſie dich geſtraft?

Nein, wiewohl ich die Schläg' nicht abgeleugnet hab', aber meines
Weibes Bosheit iſt eben Gott und der Welt bekannt. Doch bin ich
auch nicht ungerupft davon gekommen. Sie hat über mich geklagt,
ich ſei ein Faullenzer und verdiene nichts in's Haus. Jetzt ſagt ſelbſt,
ihr Mannen, ob das wahr iſt?

Nein, nein! riefen Alle zuſammen, das kann man dir nicht nach¬
ſagen.

Ich weiß wohl, fuhr der Kübler fort, es geht knapp bei uns her,
und Armuth iſt eine Haderkatz'. Wenn man vollauf hat, ſo kommt
man viel leichter mit einander im Frieden aus. Aber meine Schuld
iſt's nicht, wenn's manchmal ſogar am Kreuzer fehlt. Mein Weib
mit ihrem abſcheulichen Fluchen, wegen deſſen ſie geſtraft worden iſt,
und mit dem Spektakel, den ſie immer mit meinem Kind hat, ſchreckt
die Leut' ab, daß ſie nicht gern in's Haus kommen und lieber ihr'
Sach' wo anders machen laſſen. Aber man darf den Herren nur
etwas an die Kunkel ſtecken und wenn's eitel Alteweiberfäden wären,
gleich machen ſie ein Geſpinnſt daraus. Mein Weib hat mit keinem
Wörtle beweiſen können, daß ich faul ſei, und die Herren haben ihr ei¬
gentlich auch nicht geglaubt; und doch hat mir da der Pfarrer eine

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[93/0109] Du Bettelhund! du Herrenhund! du ſchlappohriger Hund! und ſchlägt ihn zwiſchen die Löffel, zwiſchen die am Kopf, mein' ich, wenn er den Löffel in der Schüſſel zu voll macht. Er ißt freilich ſchier mehr als er einträgt, das Koſtgeld iſt ſo mager. Ihr könnt auch in meinem Geſicht ſehen wie ſie mich dieſe Feiertage gezeichnet hat. Vor Weiber¬ nägeln iſt auch der Stärkſte nicht ſicher. Ich hab' ſie aber durchge¬ walkt, daß ihr die Knochen heut' noch mürb' davon ſind, und hätt' eigentlich keine Hilfe nöthig gehabt vom Kirchenconvent; ich kann Gottlob allein mit ihr fertig werden. Hat ſie dich denn verklagt? Nein, das läßt ſie wohl bleiben. Der Pfarrer hat eben von irgend einer guten Nachbarſchaft gehört, daß es wieder einmal Händel bei uns gegeben hat, und hat dann die Sach' vor Kirchenconvent gebracht. Sie haben gemeint, ſie müſſen heut' noch eine Sitzung halten, die Herren, und das ganze Kutterfaß vom alten Jahr aus¬ leeren. Es ſind noch Viele vorgeladen geweſen. Haben ſie dich geſtraft? Nein, wiewohl ich die Schläg' nicht abgeleugnet hab', aber meines Weibes Bosheit iſt eben Gott und der Welt bekannt. Doch bin ich auch nicht ungerupft davon gekommen. Sie hat über mich geklagt, ich ſei ein Faullenzer und verdiene nichts in's Haus. Jetzt ſagt ſelbſt, ihr Mannen, ob das wahr iſt? Nein, nein! riefen Alle zuſammen, das kann man dir nicht nach¬ ſagen. Ich weiß wohl, fuhr der Kübler fort, es geht knapp bei uns her, und Armuth iſt eine Haderkatz'. Wenn man vollauf hat, ſo kommt man viel leichter mit einander im Frieden aus. Aber meine Schuld iſt's nicht, wenn's manchmal ſogar am Kreuzer fehlt. Mein Weib mit ihrem abſcheulichen Fluchen, wegen deſſen ſie geſtraft worden iſt, und mit dem Spektakel, den ſie immer mit meinem Kind hat, ſchreckt die Leut' ab, daß ſie nicht gern in's Haus kommen und lieber ihr' Sach' wo anders machen laſſen. Aber man darf den Herren nur etwas an die Kunkel ſtecken und wenn's eitel Alteweiberfäden wären, gleich machen ſie ein Geſpinnſt daraus. Mein Weib hat mit keinem Wörtle beweiſen können, daß ich faul ſei, und die Herren haben ihr ei¬ gentlich auch nicht geglaubt; und doch hat mir da der Pfarrer eine

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Zitationshilfe: Kurz, Hermann: Der Sonnenwirth. Frankfurt (Main), 1855, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kurz_sonnenwirth_1855/109>, abgerufen am 24.11.2024.