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Kunckel, Johann: Ars Vitraria Experimentalis, Oder Vollkommene Glasmacher-Kunst. Frankfurt (Main) u. a., 1679.

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C. Merrets Anmerckungen in das erste Buch/

Jn diesen obigen Discurs nun sind zweyerley Sachen in acht zu
nehmen/ als die Attraction oder Anziehung/ und die Reinigungs Kraft/
damit die behandelte Magnesie ihre Würckung vollbringet: Betref-
fend das erste/ als die Attraction, so finde ich kein ander Fundament/ als
daß solche Eigenschafft/ aus sreyen Willkühr/ wegen des Nahmens der
Materie ist beygeleget worden; denn so man gleich ein grosses Theil der
Magnesie/ zu einem wenigen Theil des zerbrochenen oder geschmeltzten
Glases thut/ so wird man in derselben weder Attraction noch Bewe-
gung spühren: Wollen sie aber/ an stat des glashafftigen Liqvors, das
Alkali, oder ein Theil des Glases verstehen/ so ist gewiß/ daß die grüne
Farb/ auch dem wohlverschaumten Metall/ anhängig/ und wann man
alsdann einige Magnesie darzu thut/ so ists auch richtig/ daß es das
Glas reinige: Verstehen sie aber durch den Liqvor des Glases nichts
anders/ als ein geschmeltztes Glas/ so reden sie vergeblich von der Sach/
indem sie solches nicht/ wie sichs gebühret/ mit einen Beweißgrund/ o-
der einiger Erfahrungs-Prob erörtern.

Sonsten aber wie obscur und verborgen diese Attraction, so offen-
bar ist hingegen die Glasreinigung/ die Art und Weis aber/ wie solches
geschehe/ ist gäntzlich verborgen. Vorerwehnter Scaliger hält/ sammt
seinem Lehrmeister/ dafür/ daß solche Operationes der Magnesie/ in At-
trahi
rung und Reinigung des Glases/ vermittels einer Art der Exhala-
tion
geschehe: Plinius und Caesalpinus verstehen durch dieselben Attra-
ction
vielleicht nichts anders/ als die Reinigung/ allein sie geben davon
keinen gebührlichen und sattsamen Bericht.

Einmal aber ist gewiß/ daß vermittels der Magnesie die Unreinig-
keiten und frembden Dinge von den geschmoltzenen Glasmetall abge-
schieden werden/ es mag nun gleich durch die Praecipitation oder Exhala-
tion
geschehen; durch die Praecipitation aber kan solches nicht geschehen/
denn wann das Metall beweget würde/ so würde seine gehabte Farb
wiederumb kommen/ oder es würde solche in Form eines Pulvers/
gleichwie in allen Praecipitationen geschiehet/ auff des Topffes Boden
zu finden seyn.

Die Exhalation ist noch weniger warscheinlich; dieweiln man an
dem gereinigten Glas keinen Abgang des Gewichts spühret; und wie
solte sich der fixe Cörper der Magnesie/ sambt der klebrichten Substantz
des Glases vermischet/ also erheben und ausrauchen können? und könte
auch wohl eine grössere Unbeständigkeit der Magnesie beygemessen wer-

den/
C. Merrets Anmerckungen in das erſte Buch/

Jn dieſen obigen Diſcurs nun ſind zweyerley Sachen in acht zu
nehmen/ als die Attraction oder Anziehung/ und die Reinigungs Kraft/
damit die behandelte Magneſie ihre Wuͤrckung vollbringet: Betref-
fend das erſte/ als die Attraction, ſo finde ich kein ander Fundament/ als
daß ſolche Eigenſchafft/ aus ſreyen Willkuͤhr/ wegen des Nahmens der
Materie iſt beygeleget worden; denn ſo man gleich ein groſſes Theil der
Magneſie/ zu einem wenigen Theil des zerbrochenen oder geſchmeltzten
Glaſes thut/ ſo wird man in derſelben weder Attraction noch Bewe-
gung ſpuͤhren: Wollen ſie aber/ an ſtat des glashafftigen Liqvors, das
Alkali, oder ein Theil des Glaſes verſtehen/ ſo iſt gewiß/ daß die gruͤne
Farb/ auch dem wohlverſchaumten Metall/ anhaͤngig/ und wann man
alsdann einige Magneſie darzu thut/ ſo iſts auch richtig/ daß es das
Glas reinige: Verſtehen ſie aber durch den Liqvor des Glaſes nichts
anders/ als ein geſchmeltztes Glas/ ſo reden ſie vergeblich von der Sach/
indem ſie ſolches nicht/ wie ſichs gebuͤhret/ mit einen Beweißgrund/ o-
der einiger Erfahrungs-Prob eroͤrtern.

Sonſten aber wie obſcur und verborgen dieſe Attraction, ſo offen-
bar iſt hingegen die Glasreinigung/ die Art und Weis aber/ wie ſolches
geſchehe/ iſt gaͤntzlich verborgen. Vorerwehnter Scaliger haͤlt/ ſammt
ſeinem Lehrmeiſter/ dafuͤr/ daß ſolche Operationes der Magneſie/ in At-
trahi
rung und Reinigung des Glaſes/ vermittels einer Art der Exhala-
tion
geſchehe: Plinius und Cæſalpinus verſtehen durch dieſelben Attra-
ction
vielleicht nichts anders/ als die Reinigung/ allein ſie geben davon
keinen gebuͤhrlichen und ſattſamen Bericht.

Einmal aber iſt gewiß/ daß vermittels der Magneſie die Unreinig-
keiten und frembden Dinge von den geſchmoltzenen Glasmetall abge-
ſchieden werden/ es mag nun gleich durch die Præcipitation oder Exhala-
tion
geſchehen; durch die Præcipitation aber kan ſolches nicht geſchehen/
denn wann das Metall beweget wuͤrde/ ſo wuͤrde ſeine gehabte Farb
wiederumb kommen/ oder es wuͤrde ſolche in Form eines Pulvers/
gleichwie in allen Præcipitationen geſchiehet/ auff des Topffes Boden
zu finden ſeyn.

Die Exhalation iſt noch weniger warſcheinlich; dieweiln man an
dem gereinigten Glas keinen Abgang des Gewichts ſpuͤhret; und wie
ſolte ſich der fixe Coͤrper der Magneſie/ ſambt der klebrichten Subſtantz
des Glaſes vermiſchet/ alſo erheben und ausrauchen koͤnnen? und koͤnte
auch wohl eine groͤſſere Unbeſtaͤndigkeit der Magneſie beygemeſſen wer-

den/
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[270/0314] C. Merrets Anmerckungen in das erſte Buch/ Jn dieſen obigen Diſcurs nun ſind zweyerley Sachen in acht zu nehmen/ als die Attraction oder Anziehung/ und die Reinigungs Kraft/ damit die behandelte Magneſie ihre Wuͤrckung vollbringet: Betref- fend das erſte/ als die Attraction, ſo finde ich kein ander Fundament/ als daß ſolche Eigenſchafft/ aus ſreyen Willkuͤhr/ wegen des Nahmens der Materie iſt beygeleget worden; denn ſo man gleich ein groſſes Theil der Magneſie/ zu einem wenigen Theil des zerbrochenen oder geſchmeltzten Glaſes thut/ ſo wird man in derſelben weder Attraction noch Bewe- gung ſpuͤhren: Wollen ſie aber/ an ſtat des glashafftigen Liqvors, das Alkali, oder ein Theil des Glaſes verſtehen/ ſo iſt gewiß/ daß die gruͤne Farb/ auch dem wohlverſchaumten Metall/ anhaͤngig/ und wann man alsdann einige Magneſie darzu thut/ ſo iſts auch richtig/ daß es das Glas reinige: Verſtehen ſie aber durch den Liqvor des Glaſes nichts anders/ als ein geſchmeltztes Glas/ ſo reden ſie vergeblich von der Sach/ indem ſie ſolches nicht/ wie ſichs gebuͤhret/ mit einen Beweißgrund/ o- der einiger Erfahrungs-Prob eroͤrtern. Sonſten aber wie obſcur und verborgen dieſe Attraction, ſo offen- bar iſt hingegen die Glasreinigung/ die Art und Weis aber/ wie ſolches geſchehe/ iſt gaͤntzlich verborgen. Vorerwehnter Scaliger haͤlt/ ſammt ſeinem Lehrmeiſter/ dafuͤr/ daß ſolche Operationes der Magneſie/ in At- trahirung und Reinigung des Glaſes/ vermittels einer Art der Exhala- tion geſchehe: Plinius und Cæſalpinus verſtehen durch dieſelben Attra- ction vielleicht nichts anders/ als die Reinigung/ allein ſie geben davon keinen gebuͤhrlichen und ſattſamen Bericht. Einmal aber iſt gewiß/ daß vermittels der Magneſie die Unreinig- keiten und frembden Dinge von den geſchmoltzenen Glasmetall abge- ſchieden werden/ es mag nun gleich durch die Præcipitation oder Exhala- tion geſchehen; durch die Præcipitation aber kan ſolches nicht geſchehen/ denn wann das Metall beweget wuͤrde/ ſo wuͤrde ſeine gehabte Farb wiederumb kommen/ oder es wuͤrde ſolche in Form eines Pulvers/ gleichwie in allen Præcipitationen geſchiehet/ auff des Topffes Boden zu finden ſeyn. Die Exhalation iſt noch weniger warſcheinlich; dieweiln man an dem gereinigten Glas keinen Abgang des Gewichts ſpuͤhret; und wie ſolte ſich der fixe Coͤrper der Magneſie/ ſambt der klebrichten Subſtantz des Glaſes vermiſchet/ alſo erheben und ausrauchen koͤnnen? und koͤnte auch wohl eine groͤſſere Unbeſtaͤndigkeit der Magneſie beygemeſſen wer- den/

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Zitationshilfe: Kunckel, Johann: Ars Vitraria Experimentalis, Oder Vollkommene Glasmacher-Kunst. Frankfurt (Main) u. a., 1679, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kunckel_glasmacher_1679/314>, abgerufen am 23.11.2024.