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Kunckel, Johann: Ars Vitraria Experimentalis, Oder Vollkommene Glasmacher-Kunst. Frankfurt (Main) u. a., 1679.

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C. Merrets Anmerckungen über die Bücher NERI,
entalischen Farben/ nach dem Leben abgemahlet und bezieret sind: den
Schluß hiervon wollen wir mit dem Prismate oder dreyeckichten Glas
machen/ welches ins gemein das Narren-Paradies genennet wird/ und
werth ist/ von denen Gelehrten untersuchet zu werden; dieses Glas reprae-
senti
ret eine so lebhaffte rothe/ blaue und grüne Farb/ daß sie mit andern
Farben nicht mögen verglichen werden.

Jch will nur aus dem Trigaultio erzehlen/ wie hoch dieses Glas bey
den klugen Sinesern im Werth gehalten worden; Der Jesuit Riccius
lag in einer Sinesischen Stadt/ Tanian gefährlich kranck darnieder; ein
"Chineser aber/ so sein guter Freund und Chiutaiso genannt/ wartete
"seiner so fleißig/ daß er innerhalb Monats-Frist/ so lang er sich allda
"auffhielte/ wiederum zu seinen vorigen Kräfften kam/ also/ daß ihm
"dünckte/ er wäre niemals gesünder gewesen; diese/ seines Freundes
"Mühwaltung und Höfligkeit/ belohnete unter andern Riccius mit ei-
"nem dergleichen dreyeckichten Glas oder prismate, an welchem er sich
"sonderlich belustigte/ und damit er solches Glaß noch mehr beehrte/ faste
"ers an beyden Enden mit einer güldenen Ketten an/ und legte es in ein
"silbern Kästgen/ fügte auch eine herrliche Lobschrifft darzu/ darinnen
"er erweisen wolte/ es wäre dieses Glas ein Stück daraus der Himmel
"bestünde: Durch diese Zierrathen des Glases/ wurden ihrer sehr viel
"angelocket/ und wie gemeldet wird/ so hat sich kurtz hierauff einer ge-
"funden/ welcher 50 Gold-Kronen dafür zu geben geboten; der Chiutai-
"so
aber wolte es umb solches Geld nicht weg lassen/ und zwar fürnehm-
"lich darumb/ dieweil er wuste/ daß dergleichen Glas dem König solte
"verchret werden; befürchtete sich derowegen/ es möchte solches der Käuf-
"fer dem König übersenden/ und also dem Herrn Riccio fürkommen:
"Nachdeme er aber erfahren/ daß dem König dergleichen schon über-
"reichet und verehret worden/ hat er den Preiß noch etwas gesteigert/
"und solches verkaufft; auff diese Weiß hat er sich von vielen Schulden
"los gemachet/ und sich ihme die Societät der Jesuiten verpflichtet.

Was die Hämmerung des Glases betrifft/ darauff die Chymisten
die Müglichkeit ihres Elixirs bauen/ die hat zum/ wiewohl schwachen/
Fundament/ die Worte des Plinii im 36. Buch/ cap. 26. da er also setzet;
"Mansaget/ daß unter dem Käyser Tiberio, ein solches Temperament
"vom Glas sey erfunden worden/ daß es sich ohne Feuer habe biegen
"lassen; es sey aber deßwegen die gantze Werckstat desselbigen Künstlers
"ruiniret und eingerissen worden/ damit der Preiß vom Kupffer/ Silber

und

C. Merrets Anmerckungen uͤber die Buͤcher NERI,
entaliſchen Farben/ nach dem Leben abgemahlet und bezieret ſind: den
Schluß hiervon wollen wir mit dem Priſmate oder dreyeckichten Glas
machen/ welches ins gemein das Narren-Paradies genennet wird/ und
werth iſt/ von denẽ Gelehrten unterſuchet zu werden; dieſes Glas repræ-
ſenti
ret eine ſo lebhaffte rothe/ blaue und gruͤne Farb/ daß ſie mit andern
Farben nicht moͤgen verglichen werden.

Jch will nur aus dem Trigaultio erzehlen/ wie hoch dieſes Glas bey
den klugen Sineſern im Werth gehalten worden; Der Jeſuit Riccius
lag in einer Sineſiſchen Stadt/ Tanian gefaͤhrlich kranck darnieder; ein
„Chineſer aber/ ſo ſein guter Freund und Chiutaiſo genannt/ wartete
„ſeiner ſo fleißig/ daß er innerhalb Monats-Friſt/ ſo lang er ſich allda
„auffhielte/ wiederum zu ſeinen vorigen Kraͤfften kam/ alſo/ daß ihm
„duͤnckte/ er waͤre niemals geſuͤnder geweſen; dieſe/ ſeines Freundes
„Muͤhwaltung und Hoͤfligkeit/ belohnete unter andern Riccius mit ei-
„nem dergleichen dreyeckichten Glas oder priſmate, an welchem er ſich
„ſonderlich beluſtigte/ und damit er ſolches Glaß noch mehr beehrte/ faſte
„ers an beyden Enden mit einer guͤldenen Ketten an/ und legte es in ein
„ſilbern Kaͤſtgen/ fuͤgte auch eine herrliche Lobſchrifft darzu/ darinnen
„er erweiſen wolte/ es waͤre dieſes Glas ein Stuͤck daraus der Himmel
„beſtuͤnde: Durch dieſe Zierrathen des Glaſes/ wurden ihrer ſehr viel
„angelocket/ und wie gemeldet wird/ ſo hat ſich kurtz hierauff einer ge-
„funden/ welcher 50 Gold-Kronen dafuͤr zu geben geboten; der Chiutai-
„ſo
aber wolte es umb ſolches Geld nicht weg laſſen/ und zwar fuͤrnehm-
„lich darumb/ dieweil er wuſte/ daß dergleichen Glas dem Koͤnig ſolte
„verchret werden; befuͤrchtete ſich derowegen/ es moͤchte ſolches deꝛ Kaͤuf-
„fer dem Koͤnig uͤberſenden/ und alſo dem Herrn Riccio fuͤrkommen:
„Nachdeme er aber erfahren/ daß dem Koͤnig dergleichen ſchon uͤber-
„reichet und verehret worden/ hat er den Preiß noch etwas geſteigert/
„und ſolches verkaufft; auff dieſe Weiß hat er ſich von vielen Schulden
„los gemachet/ und ſich ihme die Societaͤt der Jeſuiten verpflichtet.

Was die Haͤmmerung des Glaſes betrifft/ darauff die Chymiſten
die Muͤglichkeit ihres Elixirs bauen/ die hat zum/ wiewohl ſchwachen/
Fundament/ die Worte des Plinii im 36. Buch/ cap. 26. da er alſo ſetzet;
„Manſaget/ daß unter dem Kaͤyſer Tiberio, ein ſolches Temperament
„vom Glas ſey erfunden worden/ daß es ſich ohne Feuer habe biegen
„laſſen; es ſey aber deßwegen die gantze Werckſtat deſſelbigen Kuͤnſtlers
ruiniret und eingeriſſen worden/ damit der Preiß vom Kupffer/ Silber

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[232/0276] C. Merrets Anmerckungen uͤber die Buͤcher NERI, entaliſchen Farben/ nach dem Leben abgemahlet und bezieret ſind: den Schluß hiervon wollen wir mit dem Priſmate oder dreyeckichten Glas machen/ welches ins gemein das Narren-Paradies genennet wird/ und werth iſt/ von denẽ Gelehrten unterſuchet zu werden; dieſes Glas repræ- ſentiret eine ſo lebhaffte rothe/ blaue und gruͤne Farb/ daß ſie mit andern Farben nicht moͤgen verglichen werden. Jch will nur aus dem Trigaultio erzehlen/ wie hoch dieſes Glas bey den klugen Sineſern im Werth gehalten worden; Der Jeſuit Riccius lag in einer Sineſiſchen Stadt/ Tanian gefaͤhrlich kranck darnieder; ein „Chineſer aber/ ſo ſein guter Freund und Chiutaiſo genannt/ wartete „ſeiner ſo fleißig/ daß er innerhalb Monats-Friſt/ ſo lang er ſich allda „auffhielte/ wiederum zu ſeinen vorigen Kraͤfften kam/ alſo/ daß ihm „duͤnckte/ er waͤre niemals geſuͤnder geweſen; dieſe/ ſeines Freundes „Muͤhwaltung und Hoͤfligkeit/ belohnete unter andern Riccius mit ei- „nem dergleichen dreyeckichten Glas oder priſmate, an welchem er ſich „ſonderlich beluſtigte/ und damit er ſolches Glaß noch mehr beehrte/ faſte „ers an beyden Enden mit einer guͤldenen Ketten an/ und legte es in ein „ſilbern Kaͤſtgen/ fuͤgte auch eine herrliche Lobſchrifft darzu/ darinnen „er erweiſen wolte/ es waͤre dieſes Glas ein Stuͤck daraus der Himmel „beſtuͤnde: Durch dieſe Zierrathen des Glaſes/ wurden ihrer ſehr viel „angelocket/ und wie gemeldet wird/ ſo hat ſich kurtz hierauff einer ge- „funden/ welcher 50 Gold-Kronen dafuͤr zu geben geboten; der Chiutai- „ſo aber wolte es umb ſolches Geld nicht weg laſſen/ und zwar fuͤrnehm- „lich darumb/ dieweil er wuſte/ daß dergleichen Glas dem Koͤnig ſolte „verchret werden; befuͤrchtete ſich derowegen/ es moͤchte ſolches deꝛ Kaͤuf- „fer dem Koͤnig uͤberſenden/ und alſo dem Herrn Riccio fuͤrkommen: „Nachdeme er aber erfahren/ daß dem Koͤnig dergleichen ſchon uͤber- „reichet und verehret worden/ hat er den Preiß noch etwas geſteigert/ „und ſolches verkaufft; auff dieſe Weiß hat er ſich von vielen Schulden „los gemachet/ und ſich ihme die Societaͤt der Jeſuiten verpflichtet. Was die Haͤmmerung des Glaſes betrifft/ darauff die Chymiſten die Muͤglichkeit ihres Elixirs bauen/ die hat zum/ wiewohl ſchwachen/ Fundament/ die Worte des Plinii im 36. Buch/ cap. 26. da er alſo ſetzet; „Manſaget/ daß unter dem Kaͤyſer Tiberio, ein ſolches Temperament „vom Glas ſey erfunden worden/ daß es ſich ohne Feuer habe biegen „laſſen; es ſey aber deßwegen die gantze Werckſtat deſſelbigen Kuͤnſtlers „ruiniret und eingeriſſen worden/ damit der Preiß vom Kupffer/ Silber und

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Zitationshilfe: Kunckel, Johann: Ars Vitraria Experimentalis, Oder Vollkommene Glasmacher-Kunst. Frankfurt (Main) u. a., 1679, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kunckel_glasmacher_1679/276>, abgerufen am 23.11.2024.