Kunckel, Johann: Ars Vitraria Experimentalis, Oder Vollkommene Glasmacher-Kunst. Frankfurt (Main) u. a., 1679.Von der Glaßmacher-Kunst. Das Glaß ist eine Frucht von der wahren Feuer-Kunst. Solches ist allerdings wahr: denn es ist gantz und gar ein Werck Jch hörte einsmahls von einem wackern Künstler/ im Schertz sa- Das Glaß kommet dem Geschlecht aller Mineralien am nechsten. Jch befinde/ daß die Autores das Glaß unter eine gewisse Geschlecht- Es ist aber nach meinen Bedüncken keines von diesem; solches beweiset Derowegen/ gleich wie die Nahmen der künstlichbereiteten Din- Es wird aber allhier Fallopius wieder einwerffen und fragen/ was ist
Von der Glaßmacher-Kunſt. Das Glaß iſt eine Frucht von der wahren Feuer-Kunſt. Solches iſt allerdings wahr: denn es iſt gantz und gar ein Werck Jch hoͤrte einsmahls von einem wackern Kuͤnſtler/ im Schertz ſa- Das Glaß kommet dem Geſchlecht aller Mineralien am nechſten. Jch befinde/ daß die Autores das Glaß unter eine gewiſſe Geſchlecht- Es iſt aber nach meinẽ Beduͤncken keines von dieſem; ſolches beweiſet Derowegen/ gleich wie die Nahmen der kuͤnſtlichbereiteten Din- Es wird aber allhier Fallopius wieder einwerffen und fragen/ was iſt
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0261" n="217"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Von der Glaßmacher-Kunſt.</hi> </fw><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">Das Glaß iſt eine Frucht von der wahren Feuer-Kunſt.</hi> </head><lb/> <p>Solches iſt allerdings wahr: denn es iſt gantz und gar ein Werck<lb/> der Kunſt/ und nicht der Natur/ kan auch ſonder groſſes Feuer nicht<lb/> zu wege gebracht werden.</p><lb/> <p>Jch hoͤrte einsmahls von einem wackern Kuͤnſtler/ im Schertz ſa-<lb/> gen: daß die Glaßmacher-Kunſt/ die letzte unter allen Kuͤnſten in der<lb/> gantzen Welt ſeyn wuͤrde; denn/ ſagte er/ wann GOtt dieſes gantze<lb/> Weltgebaͤu/ durch Gewalt des Feuers verzehren wird/ ſo wird alles zu<lb/> Glaß werden; und ſolches muͤſte/ wegen der vermuthlichen Zuſammen-<lb/> miſchung des Saltzes und Sandes/ oder Steine/ vernuͤnfftig alſo zu re-<lb/> den/ ſonder Zweiffel erfolgen.</p> </div><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">Das Glaß kommet dem Geſchlecht aller Mineralien am<lb/> nechſten.</hi> </head><lb/> <p>Jch befinde/ daß die <hi rendition="#aq">Autores</hi> das Glaß unter eine gewiſſe Geſchlecht-<lb/> Art zu bringen/ unterſchiedlicher Meinung ſind: <hi rendition="#aq">Agricola</hi> im andern<lb/> Buch von den Metallen/ haͤlt es vor einen zuſammengefloſſenen Berg-<lb/> ſafft; <hi rendition="#aq">Vincentius Bellovacenſis</hi> im 11. Buch/ vor einen Stein: <hi rendition="#aq">Fallopi-<lb/> us</hi> zehlet es unter die mittel Mineralien: der Glaß-Kuͤnſtler nennet ſol-<lb/> ches/ wanns in den Fluß gekommen/ ein Metall.</p><lb/> <p>Es iſt aber nach meinẽ Beduͤncken keines von dieſem; ſolches beweiſet<lb/> dieſer allgemeine Beweis grund gnugſam/ daß nemlich oberwehnte Ma-<lb/> terien alle/ natuͤrlich gewachſene Coͤrper ſind/ da doch das Glaß durch<lb/> Kunſt/ vermittels des Feuers bereitet worden/ und nirgend/ gleichwie<lb/> die andern natuͤrlichen Dinge/ in den unterſchiedlichen Hoͤlen angetrof-<lb/> fen wird.</p><lb/> <p>Derowegen/ gleich wie die Nahmen der kuͤnſtlichbereiteten Din-<lb/> ge von den <hi rendition="#aq">prædicamen</hi>ten der Vernunfft-Kunſt ausgeſchloſſen werden/<lb/> alſo iſt auch das Glaß von den oberwehnten Specien abzuſondern; und<lb/> kan man ſolches eben ſo wenig ein Metall/ als ein Bier/ Maltz/ Leym/<lb/> Ziegel und dergleichen heiſſen.</p><lb/> <p>Es wird aber allhier <hi rendition="#aq">Fallopius</hi> wieder einwerffen und fragen/ was<lb/> denn diß fuͤr ein Glaß ſey/ davon wir reden? ob es das jenige ſey/ welches<lb/> noch in ſeinen Berg-Adern/ und eigentlich nur ein Stein iſt; oder ob es<lb/> das ſeye/ welches aus ſolchen Bergſteinen <hi rendition="#aq">extrahi</hi>ret und gereiniget<lb/> wird? ſolches aber kan man weniger ein kuͤnſtlich-bereitetes Glaß/ als<lb/> ein Metall nennen/ welches aus ſeiner <hi rendition="#aq">Minera extrahi</hi>ret/ und anietzo<lb/> <fw place="bottom" type="catch">iſt</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [217/0261]
Von der Glaßmacher-Kunſt.
Das Glaß iſt eine Frucht von der wahren Feuer-Kunſt.
Solches iſt allerdings wahr: denn es iſt gantz und gar ein Werck
der Kunſt/ und nicht der Natur/ kan auch ſonder groſſes Feuer nicht
zu wege gebracht werden.
Jch hoͤrte einsmahls von einem wackern Kuͤnſtler/ im Schertz ſa-
gen: daß die Glaßmacher-Kunſt/ die letzte unter allen Kuͤnſten in der
gantzen Welt ſeyn wuͤrde; denn/ ſagte er/ wann GOtt dieſes gantze
Weltgebaͤu/ durch Gewalt des Feuers verzehren wird/ ſo wird alles zu
Glaß werden; und ſolches muͤſte/ wegen der vermuthlichen Zuſammen-
miſchung des Saltzes und Sandes/ oder Steine/ vernuͤnfftig alſo zu re-
den/ ſonder Zweiffel erfolgen.
Das Glaß kommet dem Geſchlecht aller Mineralien am
nechſten.
Jch befinde/ daß die Autores das Glaß unter eine gewiſſe Geſchlecht-
Art zu bringen/ unterſchiedlicher Meinung ſind: Agricola im andern
Buch von den Metallen/ haͤlt es vor einen zuſammengefloſſenen Berg-
ſafft; Vincentius Bellovacenſis im 11. Buch/ vor einen Stein: Fallopi-
us zehlet es unter die mittel Mineralien: der Glaß-Kuͤnſtler nennet ſol-
ches/ wanns in den Fluß gekommen/ ein Metall.
Es iſt aber nach meinẽ Beduͤncken keines von dieſem; ſolches beweiſet
dieſer allgemeine Beweis grund gnugſam/ daß nemlich oberwehnte Ma-
terien alle/ natuͤrlich gewachſene Coͤrper ſind/ da doch das Glaß durch
Kunſt/ vermittels des Feuers bereitet worden/ und nirgend/ gleichwie
die andern natuͤrlichen Dinge/ in den unterſchiedlichen Hoͤlen angetrof-
fen wird.
Derowegen/ gleich wie die Nahmen der kuͤnſtlichbereiteten Din-
ge von den prædicamenten der Vernunfft-Kunſt ausgeſchloſſen werden/
alſo iſt auch das Glaß von den oberwehnten Specien abzuſondern; und
kan man ſolches eben ſo wenig ein Metall/ als ein Bier/ Maltz/ Leym/
Ziegel und dergleichen heiſſen.
Es wird aber allhier Fallopius wieder einwerffen und fragen/ was
denn diß fuͤr ein Glaß ſey/ davon wir reden? ob es das jenige ſey/ welches
noch in ſeinen Berg-Adern/ und eigentlich nur ein Stein iſt; oder ob es
das ſeye/ welches aus ſolchen Bergſteinen extrahiret und gereiniget
wird? ſolches aber kan man weniger ein kuͤnſtlich-bereitetes Glaß/ als
ein Metall nennen/ welches aus ſeiner Minera extrahiret/ und anietzo
iſt
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/kunckel_glasmacher_1679 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/kunckel_glasmacher_1679/261 |
Zitationshilfe: | Kunckel, Johann: Ars Vitraria Experimentalis, Oder Vollkommene Glasmacher-Kunst. Frankfurt (Main) u. a., 1679, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kunckel_glasmacher_1679/261>, abgerufen am 17.07.2024. |