Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kuhnow, Anna: Gedanken und Erfahrungen über Frauenbildung und Frauenberuf. Leipzig, 1896.

Bild:
<< vorherige Seite

darüber machen können, was eine Aerztin leisten kann." -
Ich sagte vorher, es zeigen sich hier und da die Anfänge
der Leistungen, die wir bei den Aerztinnen zu erwarten
haben: Nicht so ganz unbedeutend sind die Forschungen
einzelner Frauen auf Mikroskopischem Gebiete, auch in der
Augenheilkunde haben sich Einzelne Ruf in der wissenschaft-
lichen Welt erworben und dieses sogar in Deutschland resp.
Oesterreich, wo ihnen durch Gesetz und Sitte in vieler Be-
ziehung das Feld ihrer Leistungen arg beschränkt wird.
In Amerika, wo sie sich schon bedeutend freier entfalten
können, obgleich von einer gleichen Stellung mit dem männ-
lichen Arzte, besonders in der sogenannten Gesellschaft
auch noch nicht allgemein geredet werden kann, dort giebt
es, wie ich aus eigener persönlicher Erfahrung, aus meinem
Spitalleben in New-York weiss, Aerztinnen, welche es z. B.
in der Chirurgie, gerade dem Gebiete, in dem man in
Deutschland den Frauen keine Zukunft zutraut, zu einer sehr
grossen Vollkommenheit gebracht haben. In unserem Spitale
(New-York Infirmary for Women and children) werden fast
alle Operationen (ca. 200 im Jahre) nur von Frauen ge-
macht, und viele dieser Operationen gehören zu den schwie-
rigsten und gefährlichsten, die man gegen Frauenleiden
machen muss. Von einer jener Aerztinnen, welche ich dort
kennen lernte (Dr. Elisabeth Cushier) kann ich geradezu
sagen: Sie ist der geschickteste Operateur, den ich ge-
sehen habe.

Wenn den Frauen gesetzlich keine Beschränkungen
mehr aufliegen und wenn man ihnen, wie den Männern,
auch die Pforten der Spitäler erschlossen haben wird, was
von praktischen und sittlichen Standpunkten aus
schon längst hätte geschehen sollen
, wenn sie so die
Mittel an der Hand haben werden, sich für die ihnen von
Natur aus zufallenden Specialitäten, die Frauenkrankheiten,
Geburtshülfe, Kinderkrankheiten, aber auch die inneren, die
Augen-, Ohren-, Halskrankheiten, die Bacteriologie und

darüber machen können, was eine Aerztin leisten kann.“ –
Ich sagte vorher, es zeigen sich hier und da die Anfänge
der Leistungen, die wir bei den Aerztinnen zu erwarten
haben: Nicht so ganz unbedeutend sind die Forschungen
einzelner Frauen auf Mikroskopischem Gebiete, auch in der
Augenheilkunde haben sich Einzelne Ruf in der wissenschaft-
lichen Welt erworben und dieses sogar in Deutschland resp.
Oesterreich, wo ihnen durch Gesetz und Sitte in vieler Be-
ziehung das Feld ihrer Leistungen arg beschränkt wird.
In Amerika, wo sie sich schon bedeutend freier entfalten
können, obgleich von einer gleichen Stellung mit dem männ-
lichen Arzte, besonders in der sogenannten Gesellschaft
auch noch nicht allgemein geredet werden kann, dort giebt
es, wie ich aus eigener persönlicher Erfahrung, aus meinem
Spitalleben in New-York weiss, Aerztinnen, welche es z. B.
in der Chirurgie, gerade dem Gebiete, in dem man in
Deutschland den Frauen keine Zukunft zutraut, zu einer sehr
grossen Vollkommenheit gebracht haben. In unserem Spitale
(New-York Infirmary for Women and children) werden fast
alle Operationen (ca. 200 im Jahre) nur von Frauen ge-
macht, und viele dieser Operationen gehören zu den schwie-
rigsten und gefährlichsten, die man gegen Frauenleiden
machen muss. Von einer jener Aerztinnen, welche ich dort
kennen lernte (Dr. Elisabeth Cushier) kann ich geradezu
sagen: Sie ist der geschickteste Operateur, den ich ge-
sehen habe.

Wenn den Frauen gesetzlich keine Beschränkungen
mehr aufliegen und wenn man ihnen, wie den Männern,
auch die Pforten der Spitäler erschlossen haben wird, was
von praktischen und sittlichen Standpunkten aus
schon längst hätte geschehen sollen
, wenn sie so die
Mittel an der Hand haben werden, sich für die ihnen von
Natur aus zufallenden Specialitäten, die Frauenkrankheiten,
Geburtshülfe, Kinderkrankheiten, aber auch die inneren, die
Augen-, Ohren-, Halskrankheiten, die Bacteriologie und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0031" n="30"/>
darüber machen können, was eine Aerztin leisten kann.&#x201C; &#x2013;<lb/>
Ich sagte vorher, es zeigen sich hier und da die Anfänge<lb/>
der Leistungen, die wir bei den Aerztinnen zu erwarten<lb/>
haben: Nicht so ganz unbedeutend sind die Forschungen<lb/>
einzelner Frauen auf Mikroskopischem Gebiete, auch in der<lb/>
Augenheilkunde haben sich Einzelne Ruf in der wissenschaft-<lb/>
lichen Welt erworben und dieses sogar in Deutschland resp.<lb/>
Oesterreich, wo ihnen durch Gesetz und Sitte in vieler Be-<lb/>
ziehung das Feld ihrer Leistungen arg beschränkt wird.<lb/>
In Amerika, wo sie sich schon bedeutend freier entfalten<lb/>
können, obgleich von einer gleichen Stellung mit dem männ-<lb/>
lichen Arzte, besonders in der sogenannten Gesellschaft<lb/>
auch noch nicht allgemein geredet werden kann, dort giebt<lb/>
es, wie ich aus eigener persönlicher Erfahrung, aus meinem<lb/>
Spitalleben in New-York weiss, Aerztinnen, welche es z. B.<lb/>
in der Chirurgie, gerade dem Gebiete, in dem man in<lb/>
Deutschland den Frauen keine Zukunft zutraut, zu einer sehr<lb/>
grossen Vollkommenheit gebracht haben. In unserem Spitale<lb/>
(New-York Infirmary for Women and children) werden fast<lb/>
alle Operationen (ca. 200 im Jahre) nur von Frauen ge-<lb/>
macht, und viele dieser Operationen gehören zu den schwie-<lb/>
rigsten und gefährlichsten, die man gegen Frauenleiden<lb/>
machen muss. Von einer jener Aerztinnen, welche ich dort<lb/>
kennen lernte (Dr. Elisabeth Cushier) kann ich geradezu<lb/>
sagen: Sie ist der geschickteste Operateur, den ich ge-<lb/>
sehen habe.</p><lb/>
          <p>Wenn den Frauen gesetzlich keine Beschränkungen<lb/>
mehr aufliegen und wenn man ihnen, wie den Männern,<lb/>
auch die Pforten der Spitäler erschlossen haben wird, <hi rendition="#g">was<lb/>
von praktischen und sittlichen Standpunkten aus<lb/>
schon längst hätte geschehen sollen</hi>, wenn sie so die<lb/>
Mittel an der Hand haben werden, sich für die ihnen von<lb/>
Natur aus zufallenden Specialitäten, die Frauenkrankheiten,<lb/>
Geburtshülfe, Kinderkrankheiten, aber auch die inneren, die<lb/>
Augen-, Ohren-, Halskrankheiten, die Bacteriologie und<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[30/0031] darüber machen können, was eine Aerztin leisten kann.“ – Ich sagte vorher, es zeigen sich hier und da die Anfänge der Leistungen, die wir bei den Aerztinnen zu erwarten haben: Nicht so ganz unbedeutend sind die Forschungen einzelner Frauen auf Mikroskopischem Gebiete, auch in der Augenheilkunde haben sich Einzelne Ruf in der wissenschaft- lichen Welt erworben und dieses sogar in Deutschland resp. Oesterreich, wo ihnen durch Gesetz und Sitte in vieler Be- ziehung das Feld ihrer Leistungen arg beschränkt wird. In Amerika, wo sie sich schon bedeutend freier entfalten können, obgleich von einer gleichen Stellung mit dem männ- lichen Arzte, besonders in der sogenannten Gesellschaft auch noch nicht allgemein geredet werden kann, dort giebt es, wie ich aus eigener persönlicher Erfahrung, aus meinem Spitalleben in New-York weiss, Aerztinnen, welche es z. B. in der Chirurgie, gerade dem Gebiete, in dem man in Deutschland den Frauen keine Zukunft zutraut, zu einer sehr grossen Vollkommenheit gebracht haben. In unserem Spitale (New-York Infirmary for Women and children) werden fast alle Operationen (ca. 200 im Jahre) nur von Frauen ge- macht, und viele dieser Operationen gehören zu den schwie- rigsten und gefährlichsten, die man gegen Frauenleiden machen muss. Von einer jener Aerztinnen, welche ich dort kennen lernte (Dr. Elisabeth Cushier) kann ich geradezu sagen: Sie ist der geschickteste Operateur, den ich ge- sehen habe. Wenn den Frauen gesetzlich keine Beschränkungen mehr aufliegen und wenn man ihnen, wie den Männern, auch die Pforten der Spitäler erschlossen haben wird, was von praktischen und sittlichen Standpunkten aus schon längst hätte geschehen sollen, wenn sie so die Mittel an der Hand haben werden, sich für die ihnen von Natur aus zufallenden Specialitäten, die Frauenkrankheiten, Geburtshülfe, Kinderkrankheiten, aber auch die inneren, die Augen-, Ohren-, Halskrankheiten, die Bacteriologie und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Frauenstudium, betreut von Andreas Neumann und Anna Pfundt, FSU Jena und JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2024-05-30T15:49:03Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2024-05-29T13:39:03Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kuhnow_gedanken_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kuhnow_gedanken_1896/31
Zitationshilfe: Kuhnow, Anna: Gedanken und Erfahrungen über Frauenbildung und Frauenberuf. Leipzig, 1896, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuhnow_gedanken_1896/31>, abgerufen am 27.11.2024.