Kuhnow, Anna: Gedanken und Erfahrungen über Frauenbildung und Frauenberuf. Leipzig, 1896.Söhne wenden; denn aus ideellen und praktischen Gründen Söhne wenden; denn aus ideellen und praktischen Gründen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0012" n="11"/> Söhne wenden; denn aus ideellen und praktischen Gründen<lb/> gehört der Frau mit der Berufsbildung die Zukunft, ganz<lb/> besonders in den Schichten der Bevölkerung, in denen des<lb/> Mannes wirthschaftliche Kraft seine geistige Bildung ist.<lb/> Mehr und mehr werden die Männer dieser Klasse sich<lb/> die ebenbürtige, das heisst geistig hochstehende, gleich ge-<lb/> bildete Gefährtin suchen. Ich bemerke an dieser Stelle, dass<lb/> z. B. in Zürich an 5 Professoren Aerztinnen resp. ehemalige<lb/> Studentinnen in glücklicher Ehe verheiratet sind. Einige<lb/> dieser Frauen üben ihren Beruf aus, andere haben sich davon<lb/> zurückgezogen. Ich habe diesen Gang der Dinge auch bei<lb/> meinem Aufenthalt in Amerika gesehen, wo sich Mann und<lb/> Frau in der Bildung im Allgemeinen gleich sind. Haupt-<lb/> sächlich diesem Umstande schreibe ich die meist sehr har-<lb/> monischen und glücklichen Familienleben zu, die ich dort zu<lb/> beobachten Gelegenheit hatte, diesem Umstande mit verdankt<lb/> wahrscheinlich die amerikanische Union die <hi rendition="#g">verhältniss-<lb/> mässig</hi> hohe Culturstufe und politische Machtstellung, die<lb/> sie erreichte und in nächster Zeit erreichen wird. Mehr und<lb/> mehr werden die Vorurteile auch bei uns schwinden, die<lb/> man dem Berufsleben der Frau entgegenbringt. Warum ich<lb/> den letzteren Gedanken habe, will ich im Weiteren erklären.<lb/> Nicht wenige der nervösen Leiden unserer jetzigen Frauen-<lb/> generation, besonders in den höheren Ständen, beruhen auf<lb/> dem Parasitendasein, in das das moderne Weib hinein-<lb/> gezwungen worden ist. Die Maschinen der Neuzeit haben<lb/> ihr Spinnen und Weben, Kochen und Backen, die compli-<lb/> cirten Moden zum grossen Theil das Verfertigen der Kleider<lb/> für sich und die Familie aus der Hand genommen. Die<lb/> öffentliche Meinung erachtet gewöhnliche Hausarbeit unter<lb/> der Würde einer Frau der besseren Gesellschaft, sie erachtet<lb/> überhaupt, leider, in vielen Kreisen heute noch die gewinn-<lb/> bringende Arbeit als eine Schande für die Frau von Stande.<lb/> Diese elenden Vorurteile zeitigen die sogenannten ,„ver-<lb/> schämten Armen“, die den Arbeiterinnen der niederen Klassen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [11/0012]
Söhne wenden; denn aus ideellen und praktischen Gründen
gehört der Frau mit der Berufsbildung die Zukunft, ganz
besonders in den Schichten der Bevölkerung, in denen des
Mannes wirthschaftliche Kraft seine geistige Bildung ist.
Mehr und mehr werden die Männer dieser Klasse sich
die ebenbürtige, das heisst geistig hochstehende, gleich ge-
bildete Gefährtin suchen. Ich bemerke an dieser Stelle, dass
z. B. in Zürich an 5 Professoren Aerztinnen resp. ehemalige
Studentinnen in glücklicher Ehe verheiratet sind. Einige
dieser Frauen üben ihren Beruf aus, andere haben sich davon
zurückgezogen. Ich habe diesen Gang der Dinge auch bei
meinem Aufenthalt in Amerika gesehen, wo sich Mann und
Frau in der Bildung im Allgemeinen gleich sind. Haupt-
sächlich diesem Umstande schreibe ich die meist sehr har-
monischen und glücklichen Familienleben zu, die ich dort zu
beobachten Gelegenheit hatte, diesem Umstande mit verdankt
wahrscheinlich die amerikanische Union die verhältniss-
mässig hohe Culturstufe und politische Machtstellung, die
sie erreichte und in nächster Zeit erreichen wird. Mehr und
mehr werden die Vorurteile auch bei uns schwinden, die
man dem Berufsleben der Frau entgegenbringt. Warum ich
den letzteren Gedanken habe, will ich im Weiteren erklären.
Nicht wenige der nervösen Leiden unserer jetzigen Frauen-
generation, besonders in den höheren Ständen, beruhen auf
dem Parasitendasein, in das das moderne Weib hinein-
gezwungen worden ist. Die Maschinen der Neuzeit haben
ihr Spinnen und Weben, Kochen und Backen, die compli-
cirten Moden zum grossen Theil das Verfertigen der Kleider
für sich und die Familie aus der Hand genommen. Die
öffentliche Meinung erachtet gewöhnliche Hausarbeit unter
der Würde einer Frau der besseren Gesellschaft, sie erachtet
überhaupt, leider, in vielen Kreisen heute noch die gewinn-
bringende Arbeit als eine Schande für die Frau von Stande.
Diese elenden Vorurteile zeitigen die sogenannten ,„ver-
schämten Armen“, die den Arbeiterinnen der niederen Klassen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Frauenstudium, betreut von Andreas Neumann und Anna Pfundt, FSU Jena und JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription.
(2024-05-30T15:49:03Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2024-05-29T13:39:03Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |