Kugler, Franz: Die Incantada. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 81–146. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.der nächsten Umgebung des Hauses entfernt, als Stuart seine Schritte zu verdoppeln begann und den Diener mit sich zog. Verwundert und betreten fragte dieser wiederholt, wo er hinaus wolle; Stuart antwortete nicht, bis er Dorf und Weg beträchtlich hinter sich hatte und der Diener laut versicherte, er werde jetzt nicht weiter folgen. Nun hielt Stuart ein. Ich weiß, sagte er zu jenem, daß Hadschi-Ali befohlen hat, mich zu tödten, und daß Achmet zurückgeblieben ist, die Ausführung des Befehls zu überwachen. Auch du weißt darum. Aber auf welchen Lohn hoffst du? Ich will dir hundert Piaster geben, wenn du, der du die Wege kennst, mich wohlbehalten nach Salonichi bringst! -- Der Diener schüttelte den Kopf und versicherte, von nichts zu wissen. Stuart steigerte sein Anerbieten bis auf fünfhundert Zechinen. Ja doch, rief der Diener endlich lachend aus; der Teufel hat keine Ziegen und verkauft doch Käse: Ihr werdet mich hängen lassen, wenn Ihr mich sicher habt! Als Stuart sah, daß mit dem Menschen nichts anzufangen war, daß aber auch jeder weitere Verzug ihm den Untergang bereiten konnte, zog er seine Pistolen hervor und sagte Jenem, er werde allein den Weg zu finden wissen, aber seine Kugeln würden ihn erreichen, sobald er Lärm erhöbe. Dann wandte er sich seitab und eilte so schnell wie möglich, quer über die Felder, in die Nacht hinaus. Nach halbstündigem Lauf kam er an einen kleinen Fluß, dessen Ufer mit der nächsten Umgebung des Hauses entfernt, als Stuart seine Schritte zu verdoppeln begann und den Diener mit sich zog. Verwundert und betreten fragte dieser wiederholt, wo er hinaus wolle; Stuart antwortete nicht, bis er Dorf und Weg beträchtlich hinter sich hatte und der Diener laut versicherte, er werde jetzt nicht weiter folgen. Nun hielt Stuart ein. Ich weiß, sagte er zu jenem, daß Hadschi-Ali befohlen hat, mich zu tödten, und daß Achmet zurückgeblieben ist, die Ausführung des Befehls zu überwachen. Auch du weißt darum. Aber auf welchen Lohn hoffst du? Ich will dir hundert Piaster geben, wenn du, der du die Wege kennst, mich wohlbehalten nach Salonichi bringst! — Der Diener schüttelte den Kopf und versicherte, von nichts zu wissen. Stuart steigerte sein Anerbieten bis auf fünfhundert Zechinen. Ja doch, rief der Diener endlich lachend aus; der Teufel hat keine Ziegen und verkauft doch Käse: Ihr werdet mich hängen lassen, wenn Ihr mich sicher habt! Als Stuart sah, daß mit dem Menschen nichts anzufangen war, daß aber auch jeder weitere Verzug ihm den Untergang bereiten konnte, zog er seine Pistolen hervor und sagte Jenem, er werde allein den Weg zu finden wissen, aber seine Kugeln würden ihn erreichen, sobald er Lärm erhöbe. Dann wandte er sich seitab und eilte so schnell wie möglich, quer über die Felder, in die Nacht hinaus. Nach halbstündigem Lauf kam er an einen kleinen Fluß, dessen Ufer mit <TEI> <text> <body> <div n="2"> <p><pb facs="#f0028"/> der nächsten Umgebung des Hauses entfernt, als Stuart seine Schritte zu verdoppeln begann und den Diener mit sich zog. Verwundert und betreten fragte dieser wiederholt, wo er hinaus wolle; Stuart antwortete nicht, bis er Dorf und Weg beträchtlich hinter sich hatte und der Diener laut versicherte, er werde jetzt nicht weiter folgen. Nun hielt Stuart ein. Ich weiß, sagte er zu jenem, daß Hadschi-Ali befohlen hat, mich zu tödten, und daß Achmet zurückgeblieben ist, die Ausführung des Befehls zu überwachen. Auch du weißt darum. Aber auf welchen Lohn hoffst du? Ich will dir hundert Piaster geben, wenn du, der du die Wege kennst, mich wohlbehalten nach Salonichi bringst! — Der Diener schüttelte den Kopf und versicherte, von nichts zu wissen. Stuart steigerte sein Anerbieten bis auf fünfhundert Zechinen. Ja doch, rief der Diener endlich lachend aus; der Teufel hat keine Ziegen und verkauft doch Käse: Ihr werdet mich hängen lassen, wenn Ihr mich sicher habt!</p><lb/> <p>Als Stuart sah, daß mit dem Menschen nichts anzufangen war, daß aber auch jeder weitere Verzug ihm den Untergang bereiten konnte, zog er seine Pistolen hervor und sagte Jenem, er werde allein den Weg zu finden wissen, aber seine Kugeln würden ihn erreichen, sobald er Lärm erhöbe. Dann wandte er sich seitab und eilte so schnell wie möglich, quer über die Felder, in die Nacht hinaus. Nach halbstündigem Lauf kam er an einen kleinen Fluß, dessen Ufer mit<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0028]
der nächsten Umgebung des Hauses entfernt, als Stuart seine Schritte zu verdoppeln begann und den Diener mit sich zog. Verwundert und betreten fragte dieser wiederholt, wo er hinaus wolle; Stuart antwortete nicht, bis er Dorf und Weg beträchtlich hinter sich hatte und der Diener laut versicherte, er werde jetzt nicht weiter folgen. Nun hielt Stuart ein. Ich weiß, sagte er zu jenem, daß Hadschi-Ali befohlen hat, mich zu tödten, und daß Achmet zurückgeblieben ist, die Ausführung des Befehls zu überwachen. Auch du weißt darum. Aber auf welchen Lohn hoffst du? Ich will dir hundert Piaster geben, wenn du, der du die Wege kennst, mich wohlbehalten nach Salonichi bringst! — Der Diener schüttelte den Kopf und versicherte, von nichts zu wissen. Stuart steigerte sein Anerbieten bis auf fünfhundert Zechinen. Ja doch, rief der Diener endlich lachend aus; der Teufel hat keine Ziegen und verkauft doch Käse: Ihr werdet mich hängen lassen, wenn Ihr mich sicher habt!
Als Stuart sah, daß mit dem Menschen nichts anzufangen war, daß aber auch jeder weitere Verzug ihm den Untergang bereiten konnte, zog er seine Pistolen hervor und sagte Jenem, er werde allein den Weg zu finden wissen, aber seine Kugeln würden ihn erreichen, sobald er Lärm erhöbe. Dann wandte er sich seitab und eilte so schnell wie möglich, quer über die Felder, in die Nacht hinaus. Nach halbstündigem Lauf kam er an einen kleinen Fluß, dessen Ufer mit
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/kugler_incantada_1910 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/kugler_incantada_1910/28 |
Zitationshilfe: | Kugler, Franz: Die Incantada. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 81–146. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kugler_incantada_1910/28>, abgerufen am 16.02.2025. |