Kugler, Franz: Die Incantada. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 81–146. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.men hatte, vielmehr schweigend und in sich gekehrt hinter den Andern hergegangen war. Wohl aber hatte Stuart bemerken können, wie er ihn bei seinen phantastischen Orakelsprüchen jedesmal mit besondrer Aufmerksamkeit und einer eignen Art von Forschbegierde betrachtet hatte. Jetzt, nachdem man die einfache Mahlzeit eingenommen, und als ein Jeder sich behaglich zur Ruhe streckte, zog Jener eine Geige hervor und fing leise Melodieen zu spielen an, wie sie Griechen oder Zigeuner, mit Geige, Guitarre und Clarinett, wohl zum Tanz aufzuspielen pflegen. Es war keine sonderliche Kunst darin, weder in den Melodieen, noch im Vortrage, doch wußte der junge Mensch in sein einfaches Spiel einen gewissen schwermüthigen Ausdruck zu legen, der Stuart auf eigenthümliche Weise anzog. Die Uebrigen schienen aber nicht ebenso zu empfinden oder sie waren das Spiel ihres Genossen schon hinlänglich gewohnt. Dimitri! so rief ihm der Aelteste unwillig zu; was störst du uns jetzt, wo wir erfrischenden Schlummer bedürfen! Laß das auch ohne deine Tanzweisen kannst du die Wache halten! Der junge Mann gehorchte augenblicklich und steckte die Geige wieder ein. Die Uebrigen hatten sich dem Schlummer bald hingegeben. Stuart wäre gern ihrem Beispiel gefolgt; doch fühlte er sich von all den vorangegangenen Ereignissen innerlich zu sehr angeregt, er konnte keinen Schlaf finden. Als Dimitri bemerkte, daß er wachend blieb, schlich er sich in seine Nähe, ihn scheu anblickend, als habe er ihm etwas mitzutheilen, men hatte, vielmehr schweigend und in sich gekehrt hinter den Andern hergegangen war. Wohl aber hatte Stuart bemerken können, wie er ihn bei seinen phantastischen Orakelsprüchen jedesmal mit besondrer Aufmerksamkeit und einer eignen Art von Forschbegierde betrachtet hatte. Jetzt, nachdem man die einfache Mahlzeit eingenommen, und als ein Jeder sich behaglich zur Ruhe streckte, zog Jener eine Geige hervor und fing leise Melodieen zu spielen an, wie sie Griechen oder Zigeuner, mit Geige, Guitarre und Clarinett, wohl zum Tanz aufzuspielen pflegen. Es war keine sonderliche Kunst darin, weder in den Melodieen, noch im Vortrage, doch wußte der junge Mensch in sein einfaches Spiel einen gewissen schwermüthigen Ausdruck zu legen, der Stuart auf eigenthümliche Weise anzog. Die Uebrigen schienen aber nicht ebenso zu empfinden oder sie waren das Spiel ihres Genossen schon hinlänglich gewohnt. Dimitri! so rief ihm der Aelteste unwillig zu; was störst du uns jetzt, wo wir erfrischenden Schlummer bedürfen! Laß das auch ohne deine Tanzweisen kannst du die Wache halten! Der junge Mann gehorchte augenblicklich und steckte die Geige wieder ein. Die Uebrigen hatten sich dem Schlummer bald hingegeben. Stuart wäre gern ihrem Beispiel gefolgt; doch fühlte er sich von all den vorangegangenen Ereignissen innerlich zu sehr angeregt, er konnte keinen Schlaf finden. Als Dimitri bemerkte, daß er wachend blieb, schlich er sich in seine Nähe, ihn scheu anblickend, als habe er ihm etwas mitzutheilen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0011"/> men hatte, vielmehr schweigend und in sich gekehrt hinter den Andern hergegangen war. Wohl aber hatte Stuart bemerken können, wie er ihn bei seinen phantastischen Orakelsprüchen jedesmal mit besondrer Aufmerksamkeit und einer eignen Art von Forschbegierde betrachtet hatte. Jetzt, nachdem man die einfache Mahlzeit eingenommen, und als ein Jeder sich behaglich zur Ruhe streckte, zog Jener eine Geige hervor und fing leise Melodieen zu spielen an, wie sie Griechen oder Zigeuner, mit Geige, Guitarre und Clarinett, wohl zum Tanz aufzuspielen pflegen. Es war keine sonderliche Kunst darin, weder in den Melodieen, noch im Vortrage, doch wußte der junge Mensch in sein einfaches Spiel einen gewissen schwermüthigen Ausdruck zu legen, der Stuart auf eigenthümliche Weise anzog. Die Uebrigen schienen aber nicht ebenso zu empfinden oder sie waren das Spiel ihres Genossen schon hinlänglich gewohnt. Dimitri! so rief ihm der Aelteste unwillig zu; was störst du uns jetzt, wo wir erfrischenden Schlummer bedürfen! Laß das auch ohne deine Tanzweisen kannst du die Wache halten! Der junge Mann gehorchte augenblicklich und steckte die Geige wieder ein. Die Uebrigen hatten sich dem Schlummer bald hingegeben. Stuart wäre gern ihrem Beispiel gefolgt; doch fühlte er sich von all den vorangegangenen Ereignissen innerlich zu sehr angeregt, er konnte keinen Schlaf finden. Als Dimitri bemerkte, daß er wachend blieb, schlich er sich in seine Nähe, ihn scheu anblickend, als habe er ihm etwas mitzutheilen,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0011]
men hatte, vielmehr schweigend und in sich gekehrt hinter den Andern hergegangen war. Wohl aber hatte Stuart bemerken können, wie er ihn bei seinen phantastischen Orakelsprüchen jedesmal mit besondrer Aufmerksamkeit und einer eignen Art von Forschbegierde betrachtet hatte. Jetzt, nachdem man die einfache Mahlzeit eingenommen, und als ein Jeder sich behaglich zur Ruhe streckte, zog Jener eine Geige hervor und fing leise Melodieen zu spielen an, wie sie Griechen oder Zigeuner, mit Geige, Guitarre und Clarinett, wohl zum Tanz aufzuspielen pflegen. Es war keine sonderliche Kunst darin, weder in den Melodieen, noch im Vortrage, doch wußte der junge Mensch in sein einfaches Spiel einen gewissen schwermüthigen Ausdruck zu legen, der Stuart auf eigenthümliche Weise anzog. Die Uebrigen schienen aber nicht ebenso zu empfinden oder sie waren das Spiel ihres Genossen schon hinlänglich gewohnt. Dimitri! so rief ihm der Aelteste unwillig zu; was störst du uns jetzt, wo wir erfrischenden Schlummer bedürfen! Laß das auch ohne deine Tanzweisen kannst du die Wache halten! Der junge Mann gehorchte augenblicklich und steckte die Geige wieder ein. Die Uebrigen hatten sich dem Schlummer bald hingegeben. Stuart wäre gern ihrem Beispiel gefolgt; doch fühlte er sich von all den vorangegangenen Ereignissen innerlich zu sehr angeregt, er konnte keinen Schlaf finden. Als Dimitri bemerkte, daß er wachend blieb, schlich er sich in seine Nähe, ihn scheu anblickend, als habe er ihm etwas mitzutheilen,
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Zitationshilfe: | Kugler, Franz: Die Incantada. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 81–146. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kugler_incantada_1910/11>, abgerufen am 16.07.2024. |