sprechen anfing. Gemach, Kamerad, sagte er, stehen wir denn hier um einander den Handel zu verderben? Was hätt' ich gegen deine Felsenwand, wenn ich sie nicht selbst kaufte? Ja, ja, John, sei ruhig. Die Felsenwand ist mein; -- zweihundert Dollar -- ist's ein Ge¬ schäft? schlag' ein, Junge, abgemacht! Der Quäcker, der immer zu¬ sammenzuckte, wenn das Wort "Felsenwand" ausgesprochen wurde, sah gleichwohl in dem Angebot des Sprechers so viel Ernst, daß er anfing versöhnlicher auszusehen. Dieser fuhr fort: Siehe Junge, ich habe mir die Sache mit deiner Felsenwand überlegt. Du trödelst nun schon so lange damit herum -- den Donner auch! sollen sich Yankee's nach¬ sagen lassen, ein Geschäft geht nicht, weil's auf eine Art nicht geht? Keineswegs. Deine Felsenwand steht in den Kattskillbergen, nur zwei Stunden von der großen Route nach Saratoga und den Fällen: -- das muß uns wuchern. Ich lass' ein paar Centner Farben an die Wand schmieren und wend' ein paar Dollars daran, daß uns irgend ein Doctor Thompson beweist, es wären Malereien eines alten Cul¬ turvolkes. Derselbe Dr. Thompson führt dann als Dr. Johnson aus, daß Dr. Thompson ein Esel ist, als Dr. Thompson aber schlägt er den Dr. Johnson mit einer neuen Flut von Thesen auf's Maul und die Wandmalereien des alten Culturvolks sind durch "eine eben so ge¬ lehrte als gründliche Controverse" in allen Zeitungen siegreich außer Zweifel gesetzt. Merkst du, Bursche? Wir eröffnen jetzt am Fuße der Felsenwand ein Hotel, denn unsere Felsenwand wird Touristen- Mode, und lassen uns bei jedem Beafsteak und weichgekochten Ei unsere Wandmalereien honoriren im Namen der Künstler des alten Cultur¬ volks. Was sagt John, he? Siehe, das ist die naturgemäße Art, eine Felsenwand zu verwerthen. Aber diesem Gentleman hier zuzumuthen, mit seinem Pflug auf einem Ding herumzufahren wie der Thurm der Londoner Paulskirche -- Freundchen, das geht nicht; das ist zu viel verlangt von einer Felsenwand. Steck' sie ein, deine Situations-Pläne, steck sie ein, ehrenwerther Sir John (denn dieser hatte bereits ange¬ fangen, sie vor Moorfeld auszukramen), steck sie ein, und sag' deinem Geometer, wir bedürfen nicht mehr der liebenswürdigen Zerstreuung, womit man senkrechte Linien als wagrechte zeichnet. Pfui doch, ein garstiger Handel; in Wahrheit ein abscheulicher Handel; das ver¬ dirbt uns die Börse, lieber Sir John, und um Alles zu sagen, so
ſprechen anfing. Gemach, Kamerad, ſagte er, ſtehen wir denn hier um einander den Handel zu verderben? Was hätt' ich gegen deine Felſenwand, wenn ich ſie nicht ſelbſt kaufte? Ja, ja, John, ſei ruhig. Die Felſenwand iſt mein; — zweihundert Dollar — iſt's ein Ge¬ ſchäft? ſchlag' ein, Junge, abgemacht! Der Quäcker, der immer zu¬ ſammenzuckte, wenn das Wort „Felſenwand“ ausgeſprochen wurde, ſah gleichwohl in dem Angebot des Sprechers ſo viel Ernſt, daß er anfing verſöhnlicher auszuſehen. Dieſer fuhr fort: Siehe Junge, ich habe mir die Sache mit deiner Felſenwand überlegt. Du trödelſt nun ſchon ſo lange damit herum — den Donner auch! ſollen ſich Yankee's nach¬ ſagen laſſen, ein Geſchäft geht nicht, weil's auf eine Art nicht geht? Keineswegs. Deine Felſenwand ſteht in den Kattskillbergen, nur zwei Stunden von der großen Route nach Saratoga und den Fällen: — das muß uns wuchern. Ich laſſ' ein paar Centner Farben an die Wand ſchmieren und wend' ein paar Dollars daran, daß uns irgend ein Doctor Thompſon beweist, es wären Malereien eines alten Cul¬ turvolkes. Derſelbe Dr. Thompſon führt dann als Dr. Johnſon aus, daß Dr. Thompſon ein Eſel iſt, als Dr. Thompſon aber ſchlägt er den Dr. Johnſon mit einer neuen Flut von Theſen auf's Maul und die Wandmalereien des alten Culturvolks ſind durch „eine eben ſo ge¬ lehrte als gründliche Controverſe“ in allen Zeitungen ſiegreich außer Zweifel geſetzt. Merkſt du, Burſche? Wir eröffnen jetzt am Fuße der Felſenwand ein Hotel, denn unſere Felſenwand wird Touriſten- Mode, und laſſen uns bei jedem Beafſteak und weichgekochten Ei unſere Wandmalereien honoriren im Namen der Künſtler des alten Cultur¬ volks. Was ſagt John, he? Siehe, das iſt die naturgemäße Art, eine Felſenwand zu verwerthen. Aber dieſem Gentleman hier zuzumuthen, mit ſeinem Pflug auf einem Ding herumzufahren wie der Thurm der Londoner Paulskirche — Freundchen, das geht nicht; das iſt zu viel verlangt von einer Felſenwand. Steck' ſie ein, deine Situations-Pläne, ſteck ſie ein, ehrenwerther Sir John (denn dieſer hatte bereits ange¬ fangen, ſie vor Moorfeld auszukramen), ſteck ſie ein, und ſag' deinem Geometer, wir bedürfen nicht mehr der liebenswürdigen Zerſtreuung, womit man ſenkrechte Linien als wagrechte zeichnet. Pfui doch, ein garſtiger Handel; in Wahrheit ein abſcheulicher Handel; das ver¬ dirbt uns die Börſe, lieber Sir John, und um Alles zu ſagen, ſo
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0082"n="64"/>ſprechen anfing. Gemach, Kamerad, ſagte er, ſtehen wir denn hier<lb/>
um einander den Handel zu verderben? Was hätt' ich gegen deine<lb/>
Felſenwand, wenn ich ſie nicht ſelbſt kaufte? Ja, ja, John, ſei ruhig.<lb/>
Die Felſenwand iſt mein; — zweihundert Dollar — iſt's ein Ge¬<lb/>ſchäft? ſchlag' ein, Junge, abgemacht! Der Quäcker, der immer zu¬<lb/>ſammenzuckte, wenn das Wort „Felſenwand“ ausgeſprochen wurde, ſah<lb/>
gleichwohl in dem Angebot des Sprechers ſo viel Ernſt, daß er anfing<lb/>
verſöhnlicher auszuſehen. Dieſer fuhr fort: Siehe Junge, ich habe<lb/>
mir die Sache mit deiner Felſenwand überlegt. Du trödelſt nun ſchon<lb/>ſo lange damit herum — den Donner auch! ſollen ſich Yankee's nach¬<lb/>ſagen laſſen, ein Geſchäft geht nicht, weil's auf eine Art nicht geht?<lb/>
Keineswegs. Deine Felſenwand ſteht in den Kattskillbergen, nur zwei<lb/>
Stunden von der großen Route nach Saratoga und den Fällen: —<lb/>
das muß uns wuchern. Ich laſſ' ein paar Centner Farben an die<lb/>
Wand ſchmieren und wend' ein paar Dollars daran, daß uns irgend<lb/>
ein Doctor Thompſon beweist, es wären Malereien eines alten Cul¬<lb/>
turvolkes. Derſelbe Dr. Thompſon führt dann als Dr. Johnſon aus,<lb/>
daß Dr. Thompſon ein Eſel iſt, als Dr. Thompſon aber ſchlägt er<lb/>
den Dr. Johnſon mit einer neuen Flut von Theſen auf's Maul und<lb/>
die Wandmalereien des alten Culturvolks ſind durch „eine eben ſo ge¬<lb/>
lehrte als gründliche Controverſe“ in allen Zeitungen ſiegreich außer<lb/>
Zweifel geſetzt. Merkſt du, Burſche? Wir eröffnen jetzt am Fuße<lb/>
der Felſenwand ein Hotel, denn unſere Felſenwand wird Touriſten-<lb/>
Mode, und laſſen uns bei jedem Beafſteak und weichgekochten Ei unſere<lb/>
Wandmalereien honoriren im Namen der Künſtler des alten Cultur¬<lb/>
volks. Was ſagt John, he? Siehe, das iſt die naturgemäße Art, eine<lb/>
Felſenwand zu verwerthen. Aber dieſem Gentleman hier zuzumuthen,<lb/>
mit ſeinem Pflug auf einem Ding herumzufahren wie der Thurm der<lb/>
Londoner Paulskirche — Freundchen, das geht nicht; das iſt zu viel<lb/>
verlangt von einer Felſenwand. Steck' ſie ein, deine Situations-Pläne,<lb/>ſteck ſie ein, ehrenwerther Sir John (denn dieſer hatte bereits ange¬<lb/>
fangen, ſie vor Moorfeld auszukramen), ſteck ſie ein, und ſag' deinem<lb/>
Geometer, wir bedürfen nicht mehr der liebenswürdigen Zerſtreuung,<lb/>
womit man ſenkrechte Linien als wagrechte zeichnet. Pfui doch, ein<lb/>
garſtiger Handel; in Wahrheit ein abſcheulicher Handel; das ver¬<lb/>
dirbt uns die Börſe, lieber Sir John, und um Alles zu ſagen, ſo<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[64/0082]
ſprechen anfing. Gemach, Kamerad, ſagte er, ſtehen wir denn hier
um einander den Handel zu verderben? Was hätt' ich gegen deine
Felſenwand, wenn ich ſie nicht ſelbſt kaufte? Ja, ja, John, ſei ruhig.
Die Felſenwand iſt mein; — zweihundert Dollar — iſt's ein Ge¬
ſchäft? ſchlag' ein, Junge, abgemacht! Der Quäcker, der immer zu¬
ſammenzuckte, wenn das Wort „Felſenwand“ ausgeſprochen wurde, ſah
gleichwohl in dem Angebot des Sprechers ſo viel Ernſt, daß er anfing
verſöhnlicher auszuſehen. Dieſer fuhr fort: Siehe Junge, ich habe
mir die Sache mit deiner Felſenwand überlegt. Du trödelſt nun ſchon
ſo lange damit herum — den Donner auch! ſollen ſich Yankee's nach¬
ſagen laſſen, ein Geſchäft geht nicht, weil's auf eine Art nicht geht?
Keineswegs. Deine Felſenwand ſteht in den Kattskillbergen, nur zwei
Stunden von der großen Route nach Saratoga und den Fällen: —
das muß uns wuchern. Ich laſſ' ein paar Centner Farben an die
Wand ſchmieren und wend' ein paar Dollars daran, daß uns irgend
ein Doctor Thompſon beweist, es wären Malereien eines alten Cul¬
turvolkes. Derſelbe Dr. Thompſon führt dann als Dr. Johnſon aus,
daß Dr. Thompſon ein Eſel iſt, als Dr. Thompſon aber ſchlägt er
den Dr. Johnſon mit einer neuen Flut von Theſen auf's Maul und
die Wandmalereien des alten Culturvolks ſind durch „eine eben ſo ge¬
lehrte als gründliche Controverſe“ in allen Zeitungen ſiegreich außer
Zweifel geſetzt. Merkſt du, Burſche? Wir eröffnen jetzt am Fuße
der Felſenwand ein Hotel, denn unſere Felſenwand wird Touriſten-
Mode, und laſſen uns bei jedem Beafſteak und weichgekochten Ei unſere
Wandmalereien honoriren im Namen der Künſtler des alten Cultur¬
volks. Was ſagt John, he? Siehe, das iſt die naturgemäße Art, eine
Felſenwand zu verwerthen. Aber dieſem Gentleman hier zuzumuthen,
mit ſeinem Pflug auf einem Ding herumzufahren wie der Thurm der
Londoner Paulskirche — Freundchen, das geht nicht; das iſt zu viel
verlangt von einer Felſenwand. Steck' ſie ein, deine Situations-Pläne,
ſteck ſie ein, ehrenwerther Sir John (denn dieſer hatte bereits ange¬
fangen, ſie vor Moorfeld auszukramen), ſteck ſie ein, und ſag' deinem
Geometer, wir bedürfen nicht mehr der liebenswürdigen Zerſtreuung,
womit man ſenkrechte Linien als wagrechte zeichnet. Pfui doch, ein
garſtiger Handel; in Wahrheit ein abſcheulicher Handel; das ver¬
dirbt uns die Börſe, lieber Sir John, und um Alles zu ſagen, ſo
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuernberger_amerikamuede_1855/82>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.