sei, sich schleunigst durch die Flucht zu expropriiren, denn das Land soll zum vierten Mal ausgeboten werden -- einen Dollar per Acre. Einen Dollar per Acre, mein Herr; das Ziel ist erreicht! Mit einer Reihe betrogener und ruinirter Capitale haben sie ihr werthloses Land in Werth gebracht; -- einen Dollar per Acre! Das ist geschenktes Arkansas-Land. So macht man Cultur hinter'm "blutigen Grund". So geschieht's, mein Herr, und nicht anders; -- heute verschenkte Wüste, morgen "lovely spots" einen Dollar per Acre -- die Zauberei der Gewissenlosigkeit! Ich rathe, Herr, die Hölle braucht einen neuen Flügelbau für die "free-soolers." Nehmen Sie sich in Acht, mein Herr, nehmen Sie sich in Acht! Wir gehen einer Zeit entgegen -- das Böse bekommt die Oberhand auf der Erde.
Diese letzteren Worte fühlte Moorfeld schon längst in sich selbst Thatsache geworden, denn unüberwindlich war seine Lust, dem from¬ men uneigennützigen Warner eben so schlechte Absichten zu unterlegen, als den übrigen Herren Collegen desselben. Er hielt es in der That nicht aus, die Wendungen und Uebergänge abzuwarten, auf die ihm das Ganze angelegt schien, und so fragte er mit jener ungeduldigen Lust am Bösen geradezu: Ach, sehr ehrenwerther Herr, wenn Sie selbst Land zu verkaufen hätten! dann wäre meiner Verlegenheit auf einmal ein Ende!
Schneller als ein Blitz zog der lamentable Tugendmann seine Hand aus Moorfeld's Hand, fuhr sich an die Augen, und trocknete ein paar abwesende Thränen. Ich muß fort; leider, leider, ich muß fort; ich kehre wieder zurück nach Alt-England. Sie sollen's hören, was mich von hinnen treibt. Die Teufel! o Gott, die Teufel! Aber ich muß fort, das schönste Landgut in den Staaten muß ich aufgeben! Schwarze Dammerde mit Lehmunterlage und kalkhaltig, Herr, kalkhaltig -- das Christenthum gebeut Fassung, ein Unglück -- aber dieser Kalk, Herr, und diese Dammerde, und diese Lehmunterlage -- mir bricht das Herz! Wer mir noch vor einem halben Jahre gesagt hätte, ich würde diese Juwele aller erschaffenen Erde zwei Dollar per Acre verkaufen wol¬ len, da mir Reverend Daniel Gaskin aus New-Jersey noch bei seiner letzten Durchreise zwanzig aufzudringen versucht hat -- ich bin Tem¬ perance-Man, mein Herr, sonst würde ich Sie auf eine Flasche in Mr. Distel's bar bitten, die teuflischen Intriguen anzuhören, die mich
ſei, ſich ſchleunigſt durch die Flucht zu expropriiren, denn das Land ſoll zum vierten Mal ausgeboten werden — einen Dollar per Acre. Einen Dollar per Acre, mein Herr; das Ziel iſt erreicht! Mit einer Reihe betrogener und ruinirter Capitale haben ſie ihr werthloſes Land in Werth gebracht; — einen Dollar per Acre! Das iſt geſchenktes Arkanſas-Land. So macht man Cultur hinter'm „blutigen Grund“. So geſchieht's, mein Herr, und nicht anders; — heute verſchenkte Wüſte, morgen „lovely spots“ einen Dollar per Acre — die Zauberei der Gewiſſenloſigkeit! Ich rathe, Herr, die Hölle braucht einen neuen Flügelbau für die „free-soolers.“ Nehmen Sie ſich in Acht, mein Herr, nehmen Sie ſich in Acht! Wir gehen einer Zeit entgegen — das Böſe bekommt die Oberhand auf der Erde.
Dieſe letzteren Worte fühlte Moorfeld ſchon längſt in ſich ſelbſt Thatſache geworden, denn unüberwindlich war ſeine Luſt, dem from¬ men uneigennützigen Warner eben ſo ſchlechte Abſichten zu unterlegen, als den übrigen Herren Collegen deſſelben. Er hielt es in der That nicht aus, die Wendungen und Uebergänge abzuwarten, auf die ihm das Ganze angelegt ſchien, und ſo fragte er mit jener ungeduldigen Luſt am Böſen geradezu: Ach, ſehr ehrenwerther Herr, wenn Sie ſelbſt Land zu verkaufen hätten! dann wäre meiner Verlegenheit auf einmal ein Ende!
Schneller als ein Blitz zog der lamentable Tugendmann ſeine Hand aus Moorfeld's Hand, fuhr ſich an die Augen, und trocknete ein paar abweſende Thränen. Ich muß fort; leider, leider, ich muß fort; ich kehre wieder zurück nach Alt-England. Sie ſollen's hören, was mich von hinnen treibt. Die Teufel! o Gott, die Teufel! Aber ich muß fort, das ſchönſte Landgut in den Staaten muß ich aufgeben! Schwarze Dammerde mit Lehmunterlage und kalkhaltig, Herr, kalkhaltig — das Chriſtenthum gebeut Faſſung, ein Unglück — aber dieſer Kalk, Herr, und dieſe Dammerde, und dieſe Lehmunterlage — mir bricht das Herz! Wer mir noch vor einem halben Jahre geſagt hätte, ich würde dieſe Juwele aller erſchaffenen Erde zwei Dollar per Acre verkaufen wol¬ len, da mir Reverend Daniel Gaskin aus New-Jerſey noch bei ſeiner letzten Durchreiſe zwanzig aufzudringen verſucht hat — ich bin Tem¬ perance-Man, mein Herr, ſonſt würde ich Sie auf eine Flaſche in Mr. Diſtel's bar bitten, die teufliſchen Intriguen anzuhören, die mich
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ſoll zum vierten Mal ausgeboten werden — einen Dollar per Acre.
Einen Dollar per Acre, mein Herr; das Ziel iſt erreicht! Mit einer
Reihe betrogener und ruinirter Capitale haben ſie ihr werthloſes Land
in Werth gebracht; — einen Dollar per Acre! Das iſt geſchenktes
Arkanſas-Land. So macht man Cultur hinter'm „blutigen Grund“.
So geſchieht's, mein Herr, und nicht anders; — heute verſchenkte
Wüſte, morgen „lovely spots“ einen Dollar per Acre — die Zauberei
der Gewiſſenloſigkeit! Ich rathe, Herr, die Hölle braucht einen neuen
Flügelbau für die „free-soolers.“ Nehmen Sie ſich in Acht, mein
Herr, nehmen Sie ſich in Acht! Wir gehen einer Zeit entgegen —
das Böſe bekommt die Oberhand auf der Erde.
Dieſe letzteren Worte fühlte Moorfeld ſchon längſt in ſich ſelbſt
Thatſache geworden, denn unüberwindlich war ſeine Luſt, dem from¬
men uneigennützigen Warner eben ſo ſchlechte Abſichten zu unterlegen,
als den übrigen Herren Collegen deſſelben. Er hielt es in der That
nicht aus, die Wendungen und Uebergänge abzuwarten, auf die ihm
das Ganze angelegt ſchien, und ſo fragte er mit jener ungeduldigen
Luſt am Böſen geradezu: Ach, ſehr ehrenwerther Herr, wenn Sie
ſelbſt Land zu verkaufen hätten! dann wäre meiner Verlegenheit auf
einmal ein Ende!
Schneller als ein Blitz zog der lamentable Tugendmann ſeine Hand
aus Moorfeld's Hand, fuhr ſich an die Augen, und trocknete ein paar
abweſende Thränen. Ich muß fort; leider, leider, ich muß fort; ich
kehre wieder zurück nach Alt-England. Sie ſollen's hören, was mich
von hinnen treibt. Die Teufel! o Gott, die Teufel! Aber ich muß
fort, das ſchönſte Landgut in den Staaten muß ich aufgeben! Schwarze
Dammerde mit Lehmunterlage und kalkhaltig, Herr, kalkhaltig — das
Chriſtenthum gebeut Faſſung, ein Unglück — aber dieſer Kalk, Herr,
und dieſe Dammerde, und dieſe Lehmunterlage — mir bricht das
Herz! Wer mir noch vor einem halben Jahre geſagt hätte, ich würde
dieſe Juwele aller erſchaffenen Erde zwei Dollar per Acre verkaufen wol¬
len, da mir Reverend Daniel Gaskin aus New-Jerſey noch bei ſeiner
letzten Durchreiſe zwanzig aufzudringen verſucht hat — ich bin Tem¬
perance-Man, mein Herr, ſonſt würde ich Sie auf eine Flaſche in
Mr. Diſtel's bar bitten, die teufliſchen Intriguen anzuhören, die mich
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Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuernberger_amerikamuede_1855/80>, abgerufen am 27.11.2024.
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