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Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855.

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zu dieser Vegetation den entsprechenden Wildreichthum, erwägen Sie
die Wasservortheile vom Missouri und Mississippi und Sie werden
keinem Lande der Welt den Vorzug geben. Ein nicht zu verachtendes
Accidenz sind auch die Pferde, die Sie hier umsonst haben können.
Wenn diese Thiere nämlich von den Hofstellen des obern Missouri
entlaufen und in ihrem Instinkte dem Wasser folgend, am untern
Missouri ankommen, so sehen sie sich zwischen Missouri und Mississippi
plötzlich aufgehalten und in weiterer Flucht gehemmt. Dieser Mün¬
dungswinkel ist daher stets angefüllt von jener edlen und nützlichen
Thiergattung, er ist nichts als ein großer Marstall für den dortigen
Farmer. Wer aber bedenkt, daß Menschenarbeit und Hausthiere die
höchsten Posten im Ausgabebudget eines amerikanischen Landwirths
sind, der wird diesen Umstand nicht gering anschlagen. Doppelt schätz¬
bar ist er natürlich dem Ungar, dem gebornen Reiter und Pferde¬
freund, und eine Prairie mit dieser herrlichen Thierstaffage kann ihm
den Heimathszauber der Pußte gar nicht mehr süßer vergegenwärtigen.
Das sind die kleineren, aber wichtigen und interessanten Detailzüge
einer Localität, die kein Handbuch nennt, die aber an Ort und Stelle
den Entschlüssen des Auswanderers erst eine entscheidende Richtung zu
geben im Stande sind. Wahrlich, die Abolitionisten verfolgen eine
unverantwortliche, aber zum Glück auch unhaltbare Politik, wenn sie
die Besiedelung solcher Musterländer, wie Missouri, bloß weil sie
Sclavenstaaten sind, bisher systematisch zu hindern oder in Vergessen¬
heit zu bringen gewußt haben. Natürlich ist das für den heutigen
Ankäufer nur eine Chance mehr. Denn wenn jene abstracte und un¬
gesunde Abolitionistenpolitik eines Tags in die Luft auffliegt, wozu
es unter Jackson schon jetzt den Schein gewinnt, so schnellt Ihr Boden¬
werth in unaufhaltsamer Folge um's zehn-, hundert- und tausendfache
empor und Ihre Hofstelle kann gar wohl ein zweites Cincinnati wer¬
den, dessen ganzes Stadtareal in ein- und demselben Menschenalter
dreißig Dollar und zwei Million Dollar werth war. St. Louis über¬
flügeln Sie reißend. Franzosen und Katholiken halten sich nirgend
gegen die Concurrenz der protestantischen Anglo-Amerikaner. Es ist
Schade, daß wir das sagen müssen, aber was kümmert's uns? Wir
verkaufen unser Land an diese Race, wir brauchen ja nicht zu leben
mit ihr! Daß wir's ein paar Jahre gethan haben, dafür schlep¬

zu dieſer Vegetation den entſprechenden Wildreichthum, erwägen Sie
die Waſſervortheile vom Miſſouri und Miſſiſſippi und Sie werden
keinem Lande der Welt den Vorzug geben. Ein nicht zu verachtendes
Accidenz ſind auch die Pferde, die Sie hier umſonſt haben können.
Wenn dieſe Thiere nämlich von den Hofſtellen des obern Miſſouri
entlaufen und in ihrem Inſtinkte dem Waſſer folgend, am untern
Miſſouri ankommen, ſo ſehen ſie ſich zwiſchen Miſſouri und Miſſiſſippi
plötzlich aufgehalten und in weiterer Flucht gehemmt. Dieſer Mün¬
dungswinkel iſt daher ſtets angefüllt von jener edlen und nützlichen
Thiergattung, er iſt nichts als ein großer Marſtall für den dortigen
Farmer. Wer aber bedenkt, daß Menſchenarbeit und Hausthiere die
höchſten Poſten im Ausgabebudget eines amerikaniſchen Landwirths
ſind, der wird dieſen Umſtand nicht gering anſchlagen. Doppelt ſchätz¬
bar iſt er natürlich dem Ungar, dem gebornen Reiter und Pferde¬
freund, und eine Prairie mit dieſer herrlichen Thierſtaffage kann ihm
den Heimathszauber der Pußte gar nicht mehr ſüßer vergegenwärtigen.
Das ſind die kleineren, aber wichtigen und intereſſanten Detailzüge
einer Localität, die kein Handbuch nennt, die aber an Ort und Stelle
den Entſchlüſſen des Auswanderers erſt eine entſcheidende Richtung zu
geben im Stande ſind. Wahrlich, die Abolitioniſten verfolgen eine
unverantwortliche, aber zum Glück auch unhaltbare Politik, wenn ſie
die Beſiedelung ſolcher Muſterländer, wie Miſſouri, bloß weil ſie
Sclavenſtaaten ſind, bisher ſyſtematiſch zu hindern oder in Vergeſſen¬
heit zu bringen gewußt haben. Natürlich iſt das für den heutigen
Ankäufer nur eine Chance mehr. Denn wenn jene abſtracte und un¬
geſunde Abolitioniſtenpolitik eines Tags in die Luft auffliegt, wozu
es unter Jackſon ſchon jetzt den Schein gewinnt, ſo ſchnellt Ihr Boden¬
werth in unaufhaltſamer Folge um's zehn-, hundert- und tauſendfache
empor und Ihre Hofſtelle kann gar wohl ein zweites Cincinnati wer¬
den, deſſen ganzes Stadtareal in ein- und demſelben Menſchenalter
dreißig Dollar und zwei Million Dollar werth war. St. Louis über¬
flügeln Sie reißend. Franzoſen und Katholiken halten ſich nirgend
gegen die Concurrenz der proteſtantiſchen Anglo-Amerikaner. Es iſt
Schade, daß wir das ſagen müſſen, aber was kümmert's uns? Wir
verkaufen unſer Land an dieſe Race, wir brauchen ja nicht zu leben
mit ihr! Daß wir's ein paar Jahre gethan haben, dafür ſchlep¬

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[54/0072] zu dieſer Vegetation den entſprechenden Wildreichthum, erwägen Sie die Waſſervortheile vom Miſſouri und Miſſiſſippi und Sie werden keinem Lande der Welt den Vorzug geben. Ein nicht zu verachtendes Accidenz ſind auch die Pferde, die Sie hier umſonſt haben können. Wenn dieſe Thiere nämlich von den Hofſtellen des obern Miſſouri entlaufen und in ihrem Inſtinkte dem Waſſer folgend, am untern Miſſouri ankommen, ſo ſehen ſie ſich zwiſchen Miſſouri und Miſſiſſippi plötzlich aufgehalten und in weiterer Flucht gehemmt. Dieſer Mün¬ dungswinkel iſt daher ſtets angefüllt von jener edlen und nützlichen Thiergattung, er iſt nichts als ein großer Marſtall für den dortigen Farmer. Wer aber bedenkt, daß Menſchenarbeit und Hausthiere die höchſten Poſten im Ausgabebudget eines amerikaniſchen Landwirths ſind, der wird dieſen Umſtand nicht gering anſchlagen. Doppelt ſchätz¬ bar iſt er natürlich dem Ungar, dem gebornen Reiter und Pferde¬ freund, und eine Prairie mit dieſer herrlichen Thierſtaffage kann ihm den Heimathszauber der Pußte gar nicht mehr ſüßer vergegenwärtigen. Das ſind die kleineren, aber wichtigen und intereſſanten Detailzüge einer Localität, die kein Handbuch nennt, die aber an Ort und Stelle den Entſchlüſſen des Auswanderers erſt eine entſcheidende Richtung zu geben im Stande ſind. Wahrlich, die Abolitioniſten verfolgen eine unverantwortliche, aber zum Glück auch unhaltbare Politik, wenn ſie die Beſiedelung ſolcher Muſterländer, wie Miſſouri, bloß weil ſie Sclavenſtaaten ſind, bisher ſyſtematiſch zu hindern oder in Vergeſſen¬ heit zu bringen gewußt haben. Natürlich iſt das für den heutigen Ankäufer nur eine Chance mehr. Denn wenn jene abſtracte und un¬ geſunde Abolitioniſtenpolitik eines Tags in die Luft auffliegt, wozu es unter Jackſon ſchon jetzt den Schein gewinnt, ſo ſchnellt Ihr Boden¬ werth in unaufhaltſamer Folge um's zehn-, hundert- und tauſendfache empor und Ihre Hofſtelle kann gar wohl ein zweites Cincinnati wer¬ den, deſſen ganzes Stadtareal in ein- und demſelben Menſchenalter dreißig Dollar und zwei Million Dollar werth war. St. Louis über¬ flügeln Sie reißend. Franzoſen und Katholiken halten ſich nirgend gegen die Concurrenz der proteſtantiſchen Anglo-Amerikaner. Es iſt Schade, daß wir das ſagen müſſen, aber was kümmert's uns? Wir verkaufen unſer Land an dieſe Race, wir brauchen ja nicht zu leben mit ihr! Daß wir's ein paar Jahre gethan haben, dafür ſchlep¬

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Zitationshilfe: Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuernberger_amerikamuede_1855/72>, abgerufen am 27.11.2024.