Wie, mein Herr, ehrt man so das Andenken der Braven? Was ist aus Au Reste geworden?
Mon Dieu -- wenn es sein soll -- Sie schlafen auf seinem Grabhügel.
Moorfeld sprang auf.
Auf seinem Grabhügel?
Ja, hier unten liegt er und kommt nicht wieder herauf. Freut es mich doch, daß ihn die Yankee's -- Gott verdamme sie! -- nicht eingescharrt haben. Sie haben ihm das Leben leid genug gemacht. Ruhe seiner Seele! Ich danke Gott, daß ich wenigstens berufen war, ihm den letzten Dienst zu erweisen.
Mann! Was ging hier vor? Auf welchem Boden steh' ich? Bei Gott, sprechen Sie!
Nun ja doch -- ja! Ich will Ihre curiosite pour des evene¬ mens funestes befriedigen. Aber behalten Sie Platz, Monsieur. Glauben Sie, man schläft auf einem Grabhügel wie in jedem andern Fauteuil. Wenn wir im Westen einen Trapper begruben, -- und keine Woche verging ohne das --
Auf einem frischen Grabe! Sie litten Schiffbruch auf dem stür¬ mischen See, und Er blieb das Opfer?
Pardon, der Sturm war sehr gut; -- steifer Strich aus Nord, mein Canoe flog wie eine Schwalbe! Ja freilich litt er Schiffbruch; aber nicht mit mir -- ah, je comprends; Sie denken wir fuhren ensemble von Canada herüber? Keineswegs, mein Herr, zwei Trapper bleiben unter dem Bourgeois nie beisammen, die besten Freunde nicht. Mon Dieu, was sind Trapper in den Städten? Wachsstumpen in des Küsters Lade. Meidet Einer den Andern. Nein, ich wußte in Wahrheit nicht, was aus Au Reste geworden. Wir hatten uns getrennt als gute Freunde und Brüder, aber wir hatten uns getrennt. Erst heute, erst hier sah ich ihn nach fünf Jahren zum ersten- und letzten¬ mal wieder. Hier landete ich, dort zog ich mein Canoe in's Dickicht, wo ich es, von New-Orleans retour, regelmäßig wieder zu finden pflege, und so war Alles gut für diesmal, dacht' ich. Stehenden Fußes sollte es nun weiter gehen nach dem Ohio. Ein paar hundert Schritte von hier kenn' ich eine der besten Waldpassagen, dahinab marschirte ich längs dem Seeufer. Nun, was soll ich finden unter¬
Wie, mein Herr, ehrt man ſo das Andenken der Braven? Was iſt aus Au Reſte geworden?
Mon Dieu — wenn es ſein ſoll — Sie ſchlafen auf ſeinem Grabhügel.
Moorfeld ſprang auf.
Auf ſeinem Grabhügel?
Ja, hier unten liegt er und kommt nicht wieder herauf. Freut es mich doch, daß ihn die Yankee's — Gott verdamme ſie! — nicht eingeſcharrt haben. Sie haben ihm das Leben leid genug gemacht. Ruhe ſeiner Seele! Ich danke Gott, daß ich wenigſtens berufen war, ihm den letzten Dienſt zu erweiſen.
Mann! Was ging hier vor? Auf welchem Boden ſteh' ich? Bei Gott, ſprechen Sie!
Nun ja doch — ja! Ich will Ihre curiosité pour des evene¬ mens funestes befriedigen. Aber behalten Sie Platz, Monſieur. Glauben Sie, man ſchläft auf einem Grabhügel wie in jedem andern Fauteuil. Wenn wir im Weſten einen Trapper begruben, — und keine Woche verging ohne das —
Auf einem friſchen Grabe! Sie litten Schiffbruch auf dem ſtür¬ miſchen See, und Er blieb das Opfer?
Pardon, der Sturm war ſehr gut; — ſteifer Strich aus Nord, mein Canoe flog wie eine Schwalbe! Ja freilich litt er Schiffbruch; aber nicht mit mir — ah, je comprends; Sie denken wir fuhren ensemble von Canada herüber? Keineswegs, mein Herr, zwei Trapper bleiben unter dem Bourgeois nie beiſammen, die beſten Freunde nicht. Mon Dieu, was ſind Trapper in den Städten? Wachsſtumpen in des Küſters Lade. Meidet Einer den Andern. Nein, ich wußte in Wahrheit nicht, was aus Au Reſte geworden. Wir hatten uns getrennt als gute Freunde und Brüder, aber wir hatten uns getrennt. Erſt heute, erſt hier ſah ich ihn nach fünf Jahren zum erſten- und letzten¬ mal wieder. Hier landete ich, dort zog ich mein Canoe in's Dickicht, wo ich es, von New-Orleans retour, regelmäßig wieder zu finden pflege, und ſo war Alles gut für diesmal, dacht' ich. Stehenden Fußes ſollte es nun weiter gehen nach dem Ohio. Ein paar hundert Schritte von hier kenn' ich eine der beſten Waldpaſſagen, dahinab marſchirte ich längs dem Seeufer. Nun, was ſoll ich finden unter¬
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Wie, mein Herr, ehrt man ſo das Andenken der Braven? Was
iſt aus Au Reſte geworden?
Mon Dieu — wenn es ſein ſoll — Sie ſchlafen auf ſeinem
Grabhügel.
Moorfeld ſprang auf.
Auf ſeinem Grabhügel?
Ja, hier unten liegt er und kommt nicht wieder herauf. Freut
es mich doch, daß ihn die Yankee's — Gott verdamme ſie! — nicht
eingeſcharrt haben. Sie haben ihm das Leben leid genug gemacht.
Ruhe ſeiner Seele! Ich danke Gott, daß ich wenigſtens berufen war,
ihm den letzten Dienſt zu erweiſen.
Mann! Was ging hier vor? Auf welchem Boden ſteh' ich? Bei
Gott, ſprechen Sie!
Nun ja doch — ja! Ich will Ihre curiosité pour des evene¬
mens funestes befriedigen. Aber behalten Sie Platz, Monſieur.
Glauben Sie, man ſchläft auf einem Grabhügel wie in jedem andern
Fauteuil. Wenn wir im Weſten einen Trapper begruben, — und
keine Woche verging ohne das —
Auf einem friſchen Grabe! Sie litten Schiffbruch auf dem ſtür¬
miſchen See, und Er blieb das Opfer?
Pardon, der Sturm war ſehr gut; — ſteifer Strich aus Nord,
mein Canoe flog wie eine Schwalbe! Ja freilich litt er Schiffbruch;
aber nicht mit mir — ah, je comprends; Sie denken wir fuhren
ensemble von Canada herüber? Keineswegs, mein Herr, zwei Trapper
bleiben unter dem Bourgeois nie beiſammen, die beſten Freunde nicht.
Mon Dieu, was ſind Trapper in den Städten? Wachsſtumpen in
des Küſters Lade. Meidet Einer den Andern. Nein, ich wußte in
Wahrheit nicht, was aus Au Reſte geworden. Wir hatten uns getrennt
als gute Freunde und Brüder, aber wir hatten uns getrennt. Erſt
heute, erſt hier ſah ich ihn nach fünf Jahren zum erſten- und letzten¬
mal wieder. Hier landete ich, dort zog ich mein Canoe in's Dickicht,
wo ich es, von New-Orleans retour, regelmäßig wieder zu finden
pflege, und ſo war Alles gut für diesmal, dacht' ich. Stehenden
Fußes ſollte es nun weiter gehen nach dem Ohio. Ein paar hundert
Schritte von hier kenn' ich eine der beſten Waldpaſſagen, dahinab
marſchirte ich längs dem Seeufer. Nun, was ſoll ich finden unter¬
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Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuernberger_amerikamuede_1855/442>, abgerufen am 23.11.2024.
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