Anschluß an die Trapper war eine Sache mehr der Desperation als der Erholung, er wollte unter ein indanisch' Messer, das war klar wie eine Biberfährte. Enfin, solche Dünste verdunsten nach dem ersten Schluck Büffelblut in der Prairie und Au Reste war bald ein Kerl, dem zwischen Platte und Arkansas Keiner das Visirglas von der Flinte schlug -- ich fresse mich selbst, wenn ich lüge! Ich muß plai¬ dyren für den armen Gaul, denn ich hatte mich so attachirt an ihn, daß ich mit ihm zugleich das Trapperleben ließ, und soll mir Nie¬ mand sagen, er war ein Bleichgesicht wie die andern Kornknacker; ich mache Fleisch aus dem Kerl, der das behauptet. Urtheilen Sie selbst, mein Herr. Im Sommer war er zu uns gekommen und gleich im Spätherbst passirte folgendes Abenteuer.
Wir kaschten, von einer größern Schaar abgeschnitten, zu fünf Mann vor einem Haufen Sioux-Indianer, welche in übermächtiger An¬ zahl uns auf den Fersen waren. Wir entrannen glücklich und erreichten an einem stürmischen Abend in der Nähe des Hochgebirgsthales, welches man den stillen Park nennt, eine wilde Schlucht. -- Es war das felsige Bett eines ausgetrockneten Bergstroms. Schroff und steil stiegen die Uferwände von allen Seiten aus dem Creek auf, und gewährten selbst dem flüchtigen Dickhorn, welches zuweilen hoch über uns in die gräuliche Steinspalte niederlugte, kaum einen Platz zum Fußen. Dazu verrammelten Fichtenstämme, die der Sturm oben abgerissen und in die Tiefe gestürzt, beständig den Weg, und Felsblöcke, welche das Flußbett beinahe ausfüllten, hinderten noch mehr am Vordringen. So krochen wir unter unsäglichen Beschwerden in das Berginnere und Mann und Pferd war öfter als einmal in Gefahr unterzugehen. -- Gegen Abend gelangten wir endlich an einen Punkt, wo die Schlucht sich zu einer kleinen abschüssigen Prairie von einigen hundert Schritten erweiterte, deren Zugang ein Dickicht von Zwergfichten und Cedern wie ein Vorhang verbarg. Hier beschlossen wir das Nachtlager aufzu¬ schlagen. Nie waren Trapper vor Indianern besser gekascht: wir hielten uns Alle überzeugt, kein menschlicher Fuß habe je vor uns diese Stelle betreten, oder nur je zu betreten versucht. -- Wie groß war daher unser Erstaunen, als wir hinter dem Dickicht ein Pferd stehen sahen! Einsam und unbeweglich stand es in der Mitte der Prairie -- wie das Bruchstück einer Reiterstatue! Es war ein alter ergrauter
Anſchluß an die Trapper war eine Sache mehr der Deſperation als der Erholung, er wollte unter ein indaniſch' Meſſer, das war klar wie eine Biberfährte. Enfin, ſolche Dünſte verdunſten nach dem erſten Schluck Büffelblut in der Prairie und Au Reſte war bald ein Kerl, dem zwiſchen Platte und Arkanſas Keiner das Viſirglas von der Flinte ſchlug — ich freſſe mich ſelbſt, wenn ich lüge! Ich muß plai¬ dyren für den armen Gaul, denn ich hatte mich ſo attachirt an ihn, daß ich mit ihm zugleich das Trapperleben ließ, und ſoll mir Nie¬ mand ſagen, er war ein Bleichgeſicht wie die andern Kornknacker; ich mache Fleiſch aus dem Kerl, der das behauptet. Urtheilen Sie ſelbſt, mein Herr. Im Sommer war er zu uns gekommen und gleich im Spätherbſt paſſirte folgendes Abenteuer.
Wir kaſchten, von einer größern Schaar abgeſchnitten, zu fünf Mann vor einem Haufen Sioux-Indianer, welche in übermächtiger An¬ zahl uns auf den Ferſen waren. Wir entrannen glücklich und erreichten an einem ſtürmiſchen Abend in der Nähe des Hochgebirgsthales, welches man den ſtillen Park nennt, eine wilde Schlucht. — Es war das felſige Bett eines ausgetrockneten Bergſtroms. Schroff und ſteil ſtiegen die Uferwände von allen Seiten aus dem Creek auf, und gewährten ſelbſt dem flüchtigen Dickhorn, welches zuweilen hoch über uns in die gräuliche Steinſpalte niederlugte, kaum einen Platz zum Fußen. Dazu verrammelten Fichtenſtämme, die der Sturm oben abgeriſſen und in die Tiefe geſtürzt, beſtändig den Weg, und Felsblöcke, welche das Flußbett beinahe ausfüllten, hinderten noch mehr am Vordringen. So krochen wir unter unſäglichen Beſchwerden in das Berginnere und Mann und Pferd war öfter als einmal in Gefahr unterzugehen. — Gegen Abend gelangten wir endlich an einen Punkt, wo die Schlucht ſich zu einer kleinen abſchüſſigen Prairie von einigen hundert Schritten erweiterte, deren Zugang ein Dickicht von Zwergfichten und Cedern wie ein Vorhang verbarg. Hier beſchloſſen wir das Nachtlager aufzu¬ ſchlagen. Nie waren Trapper vor Indianern beſſer gekaſcht: wir hielten uns Alle überzeugt, kein menſchlicher Fuß habe je vor uns dieſe Stelle betreten, oder nur je zu betreten verſucht. — Wie groß war daher unſer Erſtaunen, als wir hinter dem Dickicht ein Pferd ſtehen ſahen! Einſam und unbeweglich ſtand es in der Mitte der Prairie — wie das Bruchſtück einer Reiterſtatue! Es war ein alter ergrauter
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Anſchluß an die Trapper war eine Sache mehr der Deſperation als
der Erholung, er wollte unter ein indaniſch' Meſſer, das war klar
wie eine Biberfährte. Enfin, ſolche Dünſte verdunſten nach dem erſten
Schluck Büffelblut in der Prairie und Au Reſte war bald ein Kerl,
dem zwiſchen Platte und Arkanſas Keiner das Viſirglas von der
Flinte ſchlug — ich freſſe mich ſelbſt, wenn ich lüge! Ich muß plai¬
dyren für den armen Gaul, denn ich hatte mich ſo attachirt an ihn,
daß ich mit ihm zugleich das Trapperleben ließ, und ſoll mir Nie¬
mand ſagen, er war ein Bleichgeſicht wie die andern Kornknacker; ich
mache Fleiſch aus dem Kerl, der das behauptet. Urtheilen Sie ſelbſt,
mein Herr. Im Sommer war er zu uns gekommen und gleich im
Spätherbſt paſſirte folgendes Abenteuer.
Wir kaſchten, von einer größern Schaar abgeſchnitten, zu fünf
Mann vor einem Haufen Sioux-Indianer, welche in übermächtiger An¬
zahl uns auf den Ferſen waren. Wir entrannen glücklich und erreichten
an einem ſtürmiſchen Abend in der Nähe des Hochgebirgsthales, welches
man den ſtillen Park nennt, eine wilde Schlucht. — Es war das
felſige Bett eines ausgetrockneten Bergſtroms. Schroff und ſteil ſtiegen
die Uferwände von allen Seiten aus dem Creek auf, und gewährten
ſelbſt dem flüchtigen Dickhorn, welches zuweilen hoch über uns in die
gräuliche Steinſpalte niederlugte, kaum einen Platz zum Fußen. Dazu
verrammelten Fichtenſtämme, die der Sturm oben abgeriſſen und in
die Tiefe geſtürzt, beſtändig den Weg, und Felsblöcke, welche das
Flußbett beinahe ausfüllten, hinderten noch mehr am Vordringen. So
krochen wir unter unſäglichen Beſchwerden in das Berginnere und
Mann und Pferd war öfter als einmal in Gefahr unterzugehen. —
Gegen Abend gelangten wir endlich an einen Punkt, wo die Schlucht
ſich zu einer kleinen abſchüſſigen Prairie von einigen hundert Schritten
erweiterte, deren Zugang ein Dickicht von Zwergfichten und Cedern
wie ein Vorhang verbarg. Hier beſchloſſen wir das Nachtlager aufzu¬
ſchlagen. Nie waren Trapper vor Indianern beſſer gekaſcht: wir hielten
uns Alle überzeugt, kein menſchlicher Fuß habe je vor uns dieſe Stelle
betreten, oder nur je zu betreten verſucht. — Wie groß war daher
unſer Erſtaunen, als wir hinter dem Dickicht ein Pferd ſtehen ſahen!
Einſam und unbeweglich ſtand es in der Mitte der Prairie —
wie das Bruchſtück einer Reiterſtatue! Es war ein alter ergrauter
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Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855, S. 416. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuernberger_amerikamuede_1855/434>, abgerufen am 24.11.2024.
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