kommen die höllischen Schaaren! Beelzebub-Reverend voran! Auf Teufel, auf, das Schlachtmesser bloß! Hier liegen wir; deutsche Häup¬ ter liegen da, morgen deine Könige, heute noch deine Knechte! Schnell! schnell! greif zu, innre Stirnhäute sind zu gewinnen; reiße, zerre,-- sie zucken, sie bluten, -- ha, da raucht ihr Gehirn! Da raucht es! es ist gethan! klatschet, Teufel: der Deutsche ist wahnsinnig und Yankee ist ein kluger Mann! -- Moorfeld stürzte mit gellendem Lachen hinaus, schwang sich auf's Pferd, und riß in die Straße hinein, eh' ein Arm zu seiner Rettung sich erheben konnte. Wir haben ihn zum letztenmal gesehen! sagte Doctor Althof, einsylbig hinter ihm.
Die gewöhnliche Prophezeihung des Verstandesmenschen gegenüber dem Gefühlsmenschen. Leider, er versteht das Fatum schlecht genug! Denn längst würde ihn die Erfahrung gelehrt haben, daß eben er selbst es ist, der Verstandesmensch, der regelrechte, geordnete Geist, der vollwangige, behagliche Lebekünstler, der von jeher die raschesten Blitze des Verhängnisses angezogen hat. Auf lustiger Hochzeitsreise, beim schmackhaften Lieblingsgericht, über wohlabgezählten Summen und schön ausgerundeten Codicillen packt ihn die Raubtatze des Todes und brüllt ihm in's Ohr: ein Ungeheures ist in der Welt, ein Racheschrei gegen alles Leben, dein Dasein nur der secundenlange Fall eines Fallbeils! Menschen wie Moorfeld dagegen sind vorher bestimmt nur in langen, langsamen Zügen den tragischen Schicksalsbecher zu trinken. Von der Lebendigkeit ihres Gefühls, von der Reizbarkeit ihrer Phantasie, von der Bahnlosigkeit ihres Geistes, von der raschen Verbrauchskraft all ihrer menschlichen Mittel erwartet die Welt fortwährend irgend ein directes, wundergleiches Verderben, das neu und plötzlich mit ihnen ende. Mit nichten; sie wandeln sicher, wie Somnambüle, ihre gefähr¬ liche Bahn. Die Poesie des Schicksals geht den Poeten aus dem Wege. Ja; die dämonische Nachtluft dieser Welt dringt ihnen zu allen Poren an's Herz, ihr Horizont ist voll den Schattenbildern der Furien, welche die Schaubühne der Erde umkreisen; sie wittern den Hauch des Todes, dem alles Leben geweiht ist, mit einer verhängni߬ vollen Nervenschärfe: ihre Poesie selbst ist nichts als das Schnauben, Sträuben, Bäumen und Fliehen des edlen Roßes, des den sprung¬ fertigen Tiger in seinem Bereiche spürt: aber wie lange zaudert der Sprung! wie lange ist der Weg, den die Sensitiven der Lebens¬
kommen die hölliſchen Schaaren! Beelzebub-Reverend voran! Auf Teufel, auf, das Schlachtmeſſer bloß! Hier liegen wir; deutſche Häup¬ ter liegen da, morgen deine Könige, heute noch deine Knechte! Schnell! ſchnell! greif zu, innre Stirnhäute ſind zu gewinnen; reiße, zerre,— ſie zucken, ſie bluten, — ha, da raucht ihr Gehirn! Da raucht es! es iſt gethan! klatſchet, Teufel: der Deutſche iſt wahnſinnig und Yankee iſt ein kluger Mann! — Moorfeld ſtürzte mit gellendem Lachen hinaus, ſchwang ſich auf's Pferd, und riß in die Straße hinein, eh' ein Arm zu ſeiner Rettung ſich erheben konnte. Wir haben ihn zum letztenmal geſehen! ſagte Doctor Althof, einſylbig hinter ihm.
Die gewöhnliche Prophezeihung des Verſtandesmenſchen gegenüber dem Gefühlsmenſchen. Leider, er verſteht das Fatum ſchlecht genug! Denn längſt würde ihn die Erfahrung gelehrt haben, daß eben er ſelbſt es iſt, der Verſtandesmenſch, der regelrechte, geordnete Geiſt, der vollwangige, behagliche Lebekünſtler, der von jeher die raſcheſten Blitze des Verhängniſſes angezogen hat. Auf luſtiger Hochzeitsreiſe, beim ſchmackhaften Lieblingsgericht, über wohlabgezählten Summen und ſchön ausgerundeten Codicillen packt ihn die Raubtatze des Todes und brüllt ihm in's Ohr: ein Ungeheures iſt in der Welt, ein Racheſchrei gegen alles Leben, dein Daſein nur der ſecundenlange Fall eines Fallbeils! Menſchen wie Moorfeld dagegen ſind vorher beſtimmt nur in langen, langſamen Zügen den tragiſchen Schickſalsbecher zu trinken. Von der Lebendigkeit ihres Gefühls, von der Reizbarkeit ihrer Phantaſie, von der Bahnloſigkeit ihres Geiſtes, von der raſchen Verbrauchskraft all ihrer menſchlichen Mittel erwartet die Welt fortwährend irgend ein directes, wundergleiches Verderben, das neu und plötzlich mit ihnen ende. Mit nichten; ſie wandeln ſicher, wie Somnambüle, ihre gefähr¬ liche Bahn. Die Poeſie des Schickſals geht den Poeten aus dem Wege. Ja; die dämoniſche Nachtluft dieſer Welt dringt ihnen zu allen Poren an's Herz, ihr Horizont iſt voll den Schattenbildern der Furien, welche die Schaubühne der Erde umkreiſen; ſie wittern den Hauch des Todes, dem alles Leben geweiht iſt, mit einer verhängni߬ vollen Nervenſchärfe: ihre Poeſie ſelbſt iſt nichts als das Schnauben, Sträuben, Bäumen und Fliehen des edlen Roßes, des den ſprung¬ fertigen Tiger in ſeinem Bereiche ſpürt: aber wie lange zaudert der Sprung! wie lange iſt der Weg, den die Senſitiven der Lebens¬
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kommen die hölliſchen Schaaren! Beelzebub-Reverend voran! Auf
Teufel, auf, das Schlachtmeſſer bloß! Hier liegen wir; deutſche Häup¬
ter liegen da, morgen deine Könige, heute noch deine Knechte! Schnell!
ſchnell! greif zu, innre Stirnhäute ſind zu gewinnen; reiße, zerre,—
ſie zucken, ſie bluten, — ha, da raucht ihr Gehirn! Da raucht es!
es iſt gethan! klatſchet, Teufel: der Deutſche iſt wahnſinnig und
Yankee iſt ein kluger Mann! — Moorfeld ſtürzte mit gellendem
Lachen hinaus, ſchwang ſich auf's Pferd, und riß in die Straße hinein,
eh' ein Arm zu ſeiner Rettung ſich erheben konnte. Wir haben ihn
zum letztenmal geſehen! ſagte Doctor Althof, einſylbig hinter ihm.
Die gewöhnliche Prophezeihung des Verſtandesmenſchen gegenüber
dem Gefühlsmenſchen. Leider, er verſteht das Fatum ſchlecht genug!
Denn längſt würde ihn die Erfahrung gelehrt haben, daß eben er
ſelbſt es iſt, der Verſtandesmenſch, der regelrechte, geordnete Geiſt, der
vollwangige, behagliche Lebekünſtler, der von jeher die raſcheſten Blitze
des Verhängniſſes angezogen hat. Auf luſtiger Hochzeitsreiſe, beim
ſchmackhaften Lieblingsgericht, über wohlabgezählten Summen und ſchön
ausgerundeten Codicillen packt ihn die Raubtatze des Todes und brüllt
ihm in's Ohr: ein Ungeheures iſt in der Welt, ein Racheſchrei gegen
alles Leben, dein Daſein nur der ſecundenlange Fall eines Fallbeils!
Menſchen wie Moorfeld dagegen ſind vorher beſtimmt nur in langen,
langſamen Zügen den tragiſchen Schickſalsbecher zu trinken. Von der
Lebendigkeit ihres Gefühls, von der Reizbarkeit ihrer Phantaſie, von
der Bahnloſigkeit ihres Geiſtes, von der raſchen Verbrauchskraft all
ihrer menſchlichen Mittel erwartet die Welt fortwährend irgend ein
directes, wundergleiches Verderben, das neu und plötzlich mit ihnen
ende. Mit nichten; ſie wandeln ſicher, wie Somnambüle, ihre gefähr¬
liche Bahn. Die Poeſie des Schickſals geht den Poeten aus dem
Wege. Ja; die dämoniſche Nachtluft dieſer Welt dringt ihnen zu
allen Poren an's Herz, ihr Horizont iſt voll den Schattenbildern der
Furien, welche die Schaubühne der Erde umkreiſen; ſie wittern den
Hauch des Todes, dem alles Leben geweiht iſt, mit einer verhängni߬
vollen Nervenſchärfe: ihre Poeſie ſelbſt iſt nichts als das Schnauben,
Sträuben, Bäumen und Fliehen des edlen Roßes, des den ſprung¬
fertigen Tiger in ſeinem Bereiche ſpürt: aber wie lange zaudert der
Sprung! wie lange iſt der Weg, den die Senſitiven der Lebens¬
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Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855, S. 400. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuernberger_amerikamuede_1855/418>, abgerufen am 24.11.2024.
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