Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855.und Eisen der Fässer, worin der elektrische Aal transportirt wurde, So schwelgte Moorfeld in den Foltern seiner Phantasie, und erschöpfte Am Tage stehen meine Schmerzen, Sie stehen nächtlich um mich her; Ach, tönten sie mir recht vom Herzen, So wären sie schon nimmermehr! Doch keine Saite hält mir Spannung, Kein Boden hält mir Resonnanz, -- In grambeladner Geist-Entmannung Verwelkt mir so mein Dichterkranz! Das Leben lebt nicht! -- wär's zu leugnen, Die letzten Funken facht' ich an, Und Wunder sollten sich ereignen, Wie Puck und Ariel gethan. Ich flog wie sie -- doch unter'm Lumen Des schlimmsten Sterns -- um's Erdenrund, Und ach, die alten Zauberblumen Sie stehn nicht mehr auf altem Grund! und Eiſen der Fäſſer, worin der elektriſche Aal transportirt wurde, So ſchwelgte Moorfeld in den Foltern ſeiner Phantaſie, und erſchöpfte Am Tage ſtehen meine Schmerzen, Sie ſtehen nächtlich um mich her; Ach, tönten ſie mir recht vom Herzen, So wären ſie ſchon nimmermehr! Doch keine Saite hält mir Spannung, Kein Boden hält mir Reſonnanz, — In grambeladner Geiſt-Entmannung Verwelkt mir ſo mein Dichterkranz! Das Leben lebt nicht! — wär's zu leugnen, Die letzten Funken facht' ich an, Und Wunder ſollten ſich ereignen, Wie Puck und Ariel gethan. Ich flog wie ſie — doch unter'm Lumen Des ſchlimmſten Sterns — um's Erdenrund, Und ach, die alten Zauberblumen Sie ſtehn nicht mehr auf altem Grund! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0390" n="372"/> und Eiſen der Fäſſer, worin der elektriſche Aal transportirt wurde,<lb/> wirkten als Conductoren auf ihn, und verſetzten ihn in einen ſteten<lb/> Zuſtand von Erſchöpfung. In Geſchirren aus Steingut kam er wohl¬<lb/> behalten nach England. Sind wir Menſchen ſolche elektriſche Aale?<lb/> Ich bin's. Es iſt etwas wider mich in der Natur, ein Feindſeliges,<lb/> Tragiſches, das nach einem ewigen Geſetz auf mich einwirkt. Alles<lb/> zeitliche Glück hilft nichts dagegen. Ich werde im Bann eines fata¬<lb/> liſtiſchen Elementes durch die Welt geſchleift, das mich umbringt. Ich<lb/> bin in einen falſchen Raum geſtellt, oder in ein falſches Jahrhundert —<lb/> was weiß ich? Nur fühlen kann ich's und in lichteren Momenten<lb/> ſeh' ich's. Ja, ich ſehe das Unglück oft vor mir, wie eine Perſon.<lb/> In Deutſchland hab' ich einen Freund, der ſieht Geiſter, wie Stamm¬<lb/> gäſte im Caſino. Die Proſaiſchen zucken die Achſeln über ihn, aber<lb/> die Poetiſchen haben zu keiner Zeit ſich auf den Senſualismus allein<lb/> vereidigt. Nein, nicht unverhofft trifft mich mein Buttler! Ich habe<lb/> Miragen von ihm, ich weiß, daß er kommen wird. Das iſt's, was<lb/> mich ſo traurig macht.</p><lb/> <p>So ſchwelgte Moorfeld in den Foltern ſeiner Phantaſie, und erſchöpfte<lb/> den ganzen Reichthum eines geiſtig-Reichen, ſich unglücklich zu machen.<lb/> Aus der Fülle dieſer imaginären Leiden, aus dem innerſten Drang<lb/> dichteriſcher Selbſtanklage entſtrömten ihm in dieſer Periode die Verſe:</p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Am Tage ſtehen meine Schmerzen,</l><lb/> <l>Sie ſtehen nächtlich um mich her;</l><lb/> <l>Ach, tönten ſie mir recht vom Herzen,</l><lb/> <l>So wären ſie ſchon nimmermehr!</l><lb/> <l>Doch keine Saite hält mir Spannung,</l><lb/> <l>Kein Boden hält mir Reſonnanz, —</l><lb/> <l>In grambeladner Geiſt-Entmannung</l><lb/> <l>Verwelkt mir ſo mein Dichterkranz!</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Das Leben lebt nicht! — wär's zu leugnen,</l><lb/> <l>Die letzten Funken facht' ich an,</l><lb/> <l>Und Wunder ſollten ſich ereignen,</l><lb/> <l>Wie Puck und Ariel gethan.</l><lb/> <l>Ich flog wie ſie — doch unter'm Lumen</l><lb/> <l>Des ſchlimmſten Sterns — um's Erdenrund,</l><lb/> <l>Und ach, die alten Zauberblumen</l><lb/> <l>Sie ſtehn nicht mehr auf altem Grund!</l> </lg> </lg><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [372/0390]
und Eiſen der Fäſſer, worin der elektriſche Aal transportirt wurde,
wirkten als Conductoren auf ihn, und verſetzten ihn in einen ſteten
Zuſtand von Erſchöpfung. In Geſchirren aus Steingut kam er wohl¬
behalten nach England. Sind wir Menſchen ſolche elektriſche Aale?
Ich bin's. Es iſt etwas wider mich in der Natur, ein Feindſeliges,
Tragiſches, das nach einem ewigen Geſetz auf mich einwirkt. Alles
zeitliche Glück hilft nichts dagegen. Ich werde im Bann eines fata¬
liſtiſchen Elementes durch die Welt geſchleift, das mich umbringt. Ich
bin in einen falſchen Raum geſtellt, oder in ein falſches Jahrhundert —
was weiß ich? Nur fühlen kann ich's und in lichteren Momenten
ſeh' ich's. Ja, ich ſehe das Unglück oft vor mir, wie eine Perſon.
In Deutſchland hab' ich einen Freund, der ſieht Geiſter, wie Stamm¬
gäſte im Caſino. Die Proſaiſchen zucken die Achſeln über ihn, aber
die Poetiſchen haben zu keiner Zeit ſich auf den Senſualismus allein
vereidigt. Nein, nicht unverhofft trifft mich mein Buttler! Ich habe
Miragen von ihm, ich weiß, daß er kommen wird. Das iſt's, was
mich ſo traurig macht.
So ſchwelgte Moorfeld in den Foltern ſeiner Phantaſie, und erſchöpfte
den ganzen Reichthum eines geiſtig-Reichen, ſich unglücklich zu machen.
Aus der Fülle dieſer imaginären Leiden, aus dem innerſten Drang
dichteriſcher Selbſtanklage entſtrömten ihm in dieſer Periode die Verſe:
Am Tage ſtehen meine Schmerzen,
Sie ſtehen nächtlich um mich her;
Ach, tönten ſie mir recht vom Herzen,
So wären ſie ſchon nimmermehr!
Doch keine Saite hält mir Spannung,
Kein Boden hält mir Reſonnanz, —
In grambeladner Geiſt-Entmannung
Verwelkt mir ſo mein Dichterkranz!
Das Leben lebt nicht! — wär's zu leugnen,
Die letzten Funken facht' ich an,
Und Wunder ſollten ſich ereignen,
Wie Puck und Ariel gethan.
Ich flog wie ſie — doch unter'm Lumen
Des ſchlimmſten Sterns — um's Erdenrund,
Und ach, die alten Zauberblumen
Sie ſtehn nicht mehr auf altem Grund!
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