zurück. Ich siedelte mich in einem äußersten Waldeckchen davon an, so genügsam als möglich. Die Untersuchung nahm indeß ihren Fort¬ gang und stellte die Beweise gegen John Stutering vollständig her. Er war fort. Die Gerichte ziehen nun die Caution ein und verstei¬ gern das Land. Das Wort Versteigerung ist aber in diesem wie in den meisten Versteigerungsfällen nur ein Wort. Niemand beeilt sich, zu bieten, denn das unverkauft gebliebene Land ist bedeutend niedriger, oft unter Einen Dollar per Acre, zu erstehen. Auf diese Gelegenheit wartet man. Aber dies ist dann auch der Fall, wo ein Vorsiedler, wenn ein solcher da ist, das Vorkaufsrecht hat. Bleibt also Stutering's "Loos" bei der heutigen Versteigerung unverkauft, so bin ich der Berechtigte, zu dem herabgesetzten Preis es vor allen Mitwerbern an mich zu bringen. Das ist die Gunst des Gesetzes.
Nun aber die Menschen! Sehen Sie mein Herr -- doch, Sie haben es, wie ich höre, gesehen. Sie haben es genau verfolgt, wie diese Meute mir zusetzt. O es sind Teufel! Es ist keine Menschlich¬ keit in ihnen. Herr, in Deinem Reich! es läßt sich am Ende noch be¬ greifen, wenn sie mich als Geschäftsmann betrogen, da ich im gestick¬ ten Pantoffel auf Brüsseler Teppichen wandelte: -- sie mochten denken: Schelm, wer weiß, woher du es hast; wir nehmen's Einer vom Andern. Aber der arme Settler, der mit schwielenvoller Faust das härteste Stück Brod, das von Menschen gegessen wird, aus der Erde gräbt, der nichts hat als seinen Schweiß, der mit Pflug und Karst Niemand übervortheilen kann, wohl aber die Grundlage aller übrigen Geschäfte und Vortheile ist -- doch ich will kurz sein. Ich habe gesagt, die Versteigerung ist kaum mehr als eine Form, es findet sich nicht leicht ein Steigerer ein. Wohl! Es finden sich aber schlechte nichtswürdige Menschen ein, welche sich für Steigerer ausgeben, um dem armen Vorsiedler ein Stück Geld abzupressen. Diese Leute haben oft keinen halben Adler in der Tasche, dessenungeachtet treten sie dreist mit der Miene auf die Auction, als ob sie das ausgebotene Land zu jedem, auch dem höchsten Preis kaufen würden. Es liegt für ihre Geschäfts¬ verbindungen wunderbar bequem, sie werden Kardirmaschinen, Dreh¬ maschinen, Marmormühlen, Lohmühlen, Kreissägen, und Gott weiß, welche "Improviments" darauf errichten, sie wissen ganz sicher, daß ein Kanaldurchstich, oder eine Eisenbahnlinie durch dieses Grundstück
zurück. Ich ſiedelte mich in einem äußerſten Waldeckchen davon an, ſo genügſam als möglich. Die Unterſuchung nahm indeß ihren Fort¬ gang und ſtellte die Beweiſe gegen John Stutering vollſtändig her. Er war fort. Die Gerichte ziehen nun die Caution ein und verſtei¬ gern das Land. Das Wort Verſteigerung iſt aber in dieſem wie in den meiſten Verſteigerungsfällen nur ein Wort. Niemand beeilt ſich, zu bieten, denn das unverkauft gebliebene Land iſt bedeutend niedriger, oft unter Einen Dollar per Acre, zu erſtehen. Auf dieſe Gelegenheit wartet man. Aber dies iſt dann auch der Fall, wo ein Vorſiedler, wenn ein ſolcher da iſt, das Vorkaufsrecht hat. Bleibt alſo Stutering's „Loos” bei der heutigen Verſteigerung unverkauft, ſo bin ich der Berechtigte, zu dem herabgeſetzten Preis es vor allen Mitwerbern an mich zu bringen. Das iſt die Gunſt des Geſetzes.
Nun aber die Menſchen! Sehen Sie mein Herr — doch, Sie haben es, wie ich höre, geſehen. Sie haben es genau verfolgt, wie dieſe Meute mir zuſetzt. O es ſind Teufel! Es iſt keine Menſchlich¬ keit in ihnen. Herr, in Deinem Reich! es läßt ſich am Ende noch be¬ greifen, wenn ſie mich als Geſchäftsmann betrogen, da ich im geſtick¬ ten Pantoffel auf Brüſſeler Teppichen wandelte: — ſie mochten denken: Schelm, wer weiß, woher du es haſt; wir nehmen's Einer vom Andern. Aber der arme Settler, der mit ſchwielenvoller Fauſt das härteſte Stück Brod, das von Menſchen gegeſſen wird, aus der Erde gräbt, der nichts hat als ſeinen Schweiß, der mit Pflug und Karſt Niemand übervortheilen kann, wohl aber die Grundlage aller übrigen Geſchäfte und Vortheile iſt — doch ich will kurz ſein. Ich habe geſagt, die Verſteigerung iſt kaum mehr als eine Form, es findet ſich nicht leicht ein Steigerer ein. Wohl! Es finden ſich aber ſchlechte nichtswürdige Menſchen ein, welche ſich für Steigerer ausgeben, um dem armen Vorſiedler ein Stück Geld abzupreſſen. Dieſe Leute haben oft keinen halben Adler in der Taſche, deſſenungeachtet treten ſie dreiſt mit der Miene auf die Auction, als ob ſie das ausgebotene Land zu jedem, auch dem höchſten Preis kaufen würden. Es liegt für ihre Geſchäfts¬ verbindungen wunderbar bequem, ſie werden Kardirmaſchinen, Dreh¬ maſchinen, Marmormühlen, Lohmühlen, Kreisſägen, und Gott weiß, welche „Improviments“ darauf errichten, ſie wiſſen ganz ſicher, daß ein Kanaldurchſtich, oder eine Eiſenbahnlinie durch dieſes Grundſtück
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zurück. Ich ſiedelte mich in einem äußerſten Waldeckchen davon an,
ſo genügſam als möglich. Die Unterſuchung nahm indeß ihren Fort¬
gang und ſtellte die Beweiſe gegen John Stutering vollſtändig her.
Er war fort. Die Gerichte ziehen nun die Caution ein und verſtei¬
gern das Land. Das Wort Verſteigerung iſt aber in dieſem wie in den
meiſten Verſteigerungsfällen nur ein Wort. Niemand beeilt ſich, zu bieten,
denn das unverkauft gebliebene Land iſt bedeutend niedriger, oft unter
Einen Dollar per Acre, zu erſtehen. Auf dieſe Gelegenheit wartet
man. Aber dies iſt dann auch der Fall, wo ein Vorſiedler, wenn ein
ſolcher da iſt, das Vorkaufsrecht hat. Bleibt alſo Stutering's „Loos”
bei der heutigen Verſteigerung unverkauft, ſo bin ich der Berechtigte,
zu dem herabgeſetzten Preis es vor allen Mitwerbern an mich zu bringen.
Das iſt die Gunſt des Geſetzes.
Nun aber die Menſchen! Sehen Sie mein Herr — doch, Sie
haben es, wie ich höre, geſehen. Sie haben es genau verfolgt, wie
dieſe Meute mir zuſetzt. O es ſind Teufel! Es iſt keine Menſchlich¬
keit in ihnen. Herr, in Deinem Reich! es läßt ſich am Ende noch be¬
greifen, wenn ſie mich als Geſchäftsmann betrogen, da ich im geſtick¬
ten Pantoffel auf Brüſſeler Teppichen wandelte: — ſie mochten denken:
Schelm, wer weiß, woher du es haſt; wir nehmen's Einer vom Andern.
Aber der arme Settler, der mit ſchwielenvoller Fauſt das härteſte
Stück Brod, das von Menſchen gegeſſen wird, aus der Erde gräbt,
der nichts hat als ſeinen Schweiß, der mit Pflug und Karſt Niemand
übervortheilen kann, wohl aber die Grundlage aller übrigen Geſchäfte
und Vortheile iſt — doch ich will kurz ſein. Ich habe geſagt, die
Verſteigerung iſt kaum mehr als eine Form, es findet ſich nicht leicht
ein Steigerer ein. Wohl! Es finden ſich aber ſchlechte nichtswürdige
Menſchen ein, welche ſich für Steigerer ausgeben, um dem armen
Vorſiedler ein Stück Geld abzupreſſen. Dieſe Leute haben oft keinen
halben Adler in der Taſche, deſſenungeachtet treten ſie dreiſt mit der
Miene auf die Auction, als ob ſie das ausgebotene Land zu jedem,
auch dem höchſten Preis kaufen würden. Es liegt für ihre Geſchäfts¬
verbindungen wunderbar bequem, ſie werden Kardirmaſchinen, Dreh¬
maſchinen, Marmormühlen, Lohmühlen, Kreisſägen, und Gott weiß,
welche „Improviments“ darauf errichten, ſie wiſſen ganz ſicher, daß
ein Kanaldurchſtich, oder eine Eiſenbahnlinie durch dieſes Grundſtück
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Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuernberger_amerikamuede_1855/329>, abgerufen am 25.11.2024.
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