sein eigenes bald verwilderndes Hausthier mit dem bekannten Fenzen¬ zaun, zu welchem Ende er die gefällten Eichen jetzt in Hunderte von Scheitern aushackt. Das Alles sind gräßliche Arbeiten, Herr. Der Squatter bekommt Hände davon wie ein Petrefact -- sehen Sie, solche Hände ungefähr. Der Sprecher wies seine Hände und ließ sie gegen einander klirren wie Schildpatt. Ich sehe nicht ab, wie das im Grabe verwesen soll, setzte er mit einem tragischen Scherze hinzu. Dann fuhr er fort: Ist nun das Hauswesen also festgenagelt in den widerspänstigen Boden, sind die Sommerfieber glücklich überstanden, kommen weder Ueberschwemmungen, Windbrüche, Waldbrände vor, geht nicht gleich die erste Ernte an der hessischen Fliege zu Grunde: so -- nun, so hat sich eben kein Unglück ereignet, aber der Vorsiedler ist darum noch nicht sicher in seiner Existenz. Ein Käufer erscheint, welcher das Land, das bis dahin herrenlos war, kauft. Der Vorsiedler kann dann gehen, wenn es dem Käufer beliebt. Das ist eine Kata¬ strophe, die er früher oder später über sich ergehen lassen muß. Frei¬ lich gibt's eine Partei, die free-soolers, welche den Grundsatz auf¬ stellt: amerikanischer Boden werde durch Arbeit, nicht durch Geld er¬ worben. Diese Partei würde dem Vorsiedler das Land als Eigenthum zusprechen. Aber ihre Politik hat noch nicht die Majorität. Bis dahin kann jeder Vorsiedler ausgekauft werden und Alles, was ihm der Congreß als jus primae occupationis zu bewilligen für gut findet, das ist das Recht des Vorkaufs. Aber selbst diese kleine Wohlthat, von der Gesetzgebung gewährt, wird von den Gesetzgebern, nämlich vom Volke selbst, wieder illusorisch gemacht. Ein Beispiel davon sehen Sie an mir. Nachdem ich in verschiedenen Städten meinen Wohlstand gegründet, aber dem großen und kleinen Krieg der Yankee- Tricks stets wieder erlegen war, gab ich den ungleichen Kampf endlich auf und vergrub meinen Ekel vor diesem Volke in diese Wald¬ einöde. Das Land, worauf ich mich niederließ, gehörte einem Manne, Namens John Stutering, der einen notorischen Mord be¬ gangen, aber durch die Umtriebe seines Advocaten es dahin gebracht, daß er gegen tausend Dollars Caution, wofür er eben dieses Land verpfändete, aus der Personalhaft entlassen wurde. Kaum freigegeben, ergriff er sofort die Flucht. Sein Grundstück -- es war ein roher Waldboden auf Speculation gekauft, -- blieb herrenlos hinter ihm
ſein eigenes bald verwilderndes Hausthier mit dem bekannten Fenzen¬ zaun, zu welchem Ende er die gefällten Eichen jetzt in Hunderte von Scheitern aushackt. Das Alles ſind gräßliche Arbeiten, Herr. Der Squatter bekommt Hände davon wie ein Petrefact — ſehen Sie, ſolche Hände ungefähr. Der Sprecher wies ſeine Hände und ließ ſie gegen einander klirren wie Schildpatt. Ich ſehe nicht ab, wie das im Grabe verweſen ſoll, ſetzte er mit einem tragiſchen Scherze hinzu. Dann fuhr er fort: Iſt nun das Hausweſen alſo feſtgenagelt in den widerſpänſtigen Boden, ſind die Sommerfieber glücklich überſtanden, kommen weder Ueberſchwemmungen, Windbrüche, Waldbrände vor, geht nicht gleich die erſte Ernte an der heſſiſchen Fliege zu Grunde: ſo — nun, ſo hat ſich eben kein Unglück ereignet, aber der Vorſiedler iſt darum noch nicht ſicher in ſeiner Exiſtenz. Ein Käufer erſcheint, welcher das Land, das bis dahin herrenlos war, kauft. Der Vorſiedler kann dann gehen, wenn es dem Käufer beliebt. Das iſt eine Kata¬ ſtrophe, die er früher oder ſpäter über ſich ergehen laſſen muß. Frei¬ lich gibt's eine Partei, die free-soolers, welche den Grundſatz auf¬ ſtellt: amerikaniſcher Boden werde durch Arbeit, nicht durch Geld er¬ worben. Dieſe Partei würde dem Vorſiedler das Land als Eigenthum zuſprechen. Aber ihre Politik hat noch nicht die Majorität. Bis dahin kann jeder Vorſiedler ausgekauft werden und Alles, was ihm der Congreß als jus primae occupationis zu bewilligen für gut findet, das iſt das Recht des Vorkaufs. Aber ſelbſt dieſe kleine Wohlthat, von der Geſetzgebung gewährt, wird von den Geſetzgebern, nämlich vom Volke ſelbſt, wieder illuſoriſch gemacht. Ein Beiſpiel davon ſehen Sie an mir. Nachdem ich in verſchiedenen Städten meinen Wohlſtand gegründet, aber dem großen und kleinen Krieg der Yankee- Tricks ſtets wieder erlegen war, gab ich den ungleichen Kampf endlich auf und vergrub meinen Ekel vor dieſem Volke in dieſe Wald¬ einöde. Das Land, worauf ich mich niederließ, gehörte einem Manne, Namens John Stutering, der einen notoriſchen Mord be¬ gangen, aber durch die Umtriebe ſeines Advocaten es dahin gebracht, daß er gegen tauſend Dollars Caution, wofür er eben dieſes Land verpfändete, aus der Perſonalhaft entlaſſen wurde. Kaum freigegeben, ergriff er ſofort die Flucht. Sein Grundſtück — es war ein roher Waldboden auf Speculation gekauft, — blieb herrenlos hinter ihm
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0328"n="310"/>ſein eigenes bald verwilderndes Hausthier mit dem bekannten Fenzen¬<lb/>
zaun, zu welchem Ende er die gefällten Eichen jetzt in Hunderte<lb/>
von Scheitern aushackt. Das Alles ſind gräßliche Arbeiten, Herr.<lb/>
Der Squatter bekommt Hände davon wie ein Petrefact —ſehen Sie,<lb/><hirendition="#g">ſolche</hi> Hände ungefähr. Der Sprecher wies ſeine Hände und ließ ſie<lb/>
gegen einander klirren wie Schildpatt. Ich ſehe nicht ab, wie das<lb/>
im Grabe verweſen ſoll, ſetzte er mit einem tragiſchen Scherze hinzu.<lb/>
Dann fuhr er fort: Iſt nun das Hausweſen alſo feſtgenagelt in den<lb/>
widerſpänſtigen Boden, ſind die Sommerfieber glücklich überſtanden,<lb/>
kommen weder Ueberſchwemmungen, Windbrüche, Waldbrände vor,<lb/>
geht nicht gleich die erſte Ernte an der heſſiſchen Fliege zu Grunde:<lb/>ſo — nun, ſo hat ſich eben kein Unglück ereignet, aber der Vorſiedler<lb/>
iſt darum noch nicht ſicher in ſeiner Exiſtenz. Ein Käufer erſcheint,<lb/>
welcher das Land, das bis dahin herrenlos war, kauft. Der Vorſiedler<lb/>
kann dann gehen, wenn es dem Käufer beliebt. Das iſt eine Kata¬<lb/>ſtrophe, die er früher oder ſpäter über ſich ergehen laſſen muß. Frei¬<lb/>
lich gibt's eine Partei, die <hirendition="#aq">free-soolers</hi>, welche den Grundſatz auf¬<lb/>ſtellt: amerikaniſcher Boden werde durch Arbeit, nicht durch Geld er¬<lb/>
worben. Dieſe Partei würde dem Vorſiedler das Land als Eigenthum<lb/>
zuſprechen. Aber ihre Politik hat noch nicht die Majorität. Bis<lb/>
dahin kann jeder Vorſiedler ausgekauft werden und Alles, was ihm der<lb/>
Congreß als <hirendition="#aq">jus primae occupationis</hi> zu bewilligen für gut findet,<lb/>
das iſt das Recht des Vorkaufs. Aber ſelbſt dieſe kleine Wohlthat,<lb/>
von der Geſetzgebung gewährt, wird von den Geſetzgebern, nämlich<lb/>
vom Volke ſelbſt, wieder illuſoriſch gemacht. Ein Beiſpiel davon<lb/>ſehen Sie an mir. Nachdem ich in verſchiedenen Städten meinen<lb/>
Wohlſtand gegründet, aber dem großen und kleinen Krieg der Yankee-<lb/>
Tricks ſtets wieder erlegen war, gab ich den ungleichen Kampf endlich<lb/>
auf und vergrub meinen Ekel vor dieſem Volke in dieſe Wald¬<lb/>
einöde. Das Land, worauf ich mich niederließ, gehörte einem<lb/>
Manne, Namens John Stutering, der einen notoriſchen Mord be¬<lb/>
gangen, aber durch die Umtriebe ſeines Advocaten es dahin gebracht,<lb/>
daß er gegen tauſend Dollars Caution, wofür er eben dieſes Land<lb/>
verpfändete, aus der Perſonalhaft entlaſſen wurde. Kaum freigegeben,<lb/>
ergriff er ſofort die Flucht. Sein Grundſtück — es war ein roher<lb/>
Waldboden auf Speculation gekauft, — blieb herrenlos hinter ihm<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[310/0328]
ſein eigenes bald verwilderndes Hausthier mit dem bekannten Fenzen¬
zaun, zu welchem Ende er die gefällten Eichen jetzt in Hunderte
von Scheitern aushackt. Das Alles ſind gräßliche Arbeiten, Herr.
Der Squatter bekommt Hände davon wie ein Petrefact — ſehen Sie,
ſolche Hände ungefähr. Der Sprecher wies ſeine Hände und ließ ſie
gegen einander klirren wie Schildpatt. Ich ſehe nicht ab, wie das
im Grabe verweſen ſoll, ſetzte er mit einem tragiſchen Scherze hinzu.
Dann fuhr er fort: Iſt nun das Hausweſen alſo feſtgenagelt in den
widerſpänſtigen Boden, ſind die Sommerfieber glücklich überſtanden,
kommen weder Ueberſchwemmungen, Windbrüche, Waldbrände vor,
geht nicht gleich die erſte Ernte an der heſſiſchen Fliege zu Grunde:
ſo — nun, ſo hat ſich eben kein Unglück ereignet, aber der Vorſiedler
iſt darum noch nicht ſicher in ſeiner Exiſtenz. Ein Käufer erſcheint,
welcher das Land, das bis dahin herrenlos war, kauft. Der Vorſiedler
kann dann gehen, wenn es dem Käufer beliebt. Das iſt eine Kata¬
ſtrophe, die er früher oder ſpäter über ſich ergehen laſſen muß. Frei¬
lich gibt's eine Partei, die free-soolers, welche den Grundſatz auf¬
ſtellt: amerikaniſcher Boden werde durch Arbeit, nicht durch Geld er¬
worben. Dieſe Partei würde dem Vorſiedler das Land als Eigenthum
zuſprechen. Aber ihre Politik hat noch nicht die Majorität. Bis
dahin kann jeder Vorſiedler ausgekauft werden und Alles, was ihm der
Congreß als jus primae occupationis zu bewilligen für gut findet,
das iſt das Recht des Vorkaufs. Aber ſelbſt dieſe kleine Wohlthat,
von der Geſetzgebung gewährt, wird von den Geſetzgebern, nämlich
vom Volke ſelbſt, wieder illuſoriſch gemacht. Ein Beiſpiel davon
ſehen Sie an mir. Nachdem ich in verſchiedenen Städten meinen
Wohlſtand gegründet, aber dem großen und kleinen Krieg der Yankee-
Tricks ſtets wieder erlegen war, gab ich den ungleichen Kampf endlich
auf und vergrub meinen Ekel vor dieſem Volke in dieſe Wald¬
einöde. Das Land, worauf ich mich niederließ, gehörte einem
Manne, Namens John Stutering, der einen notoriſchen Mord be¬
gangen, aber durch die Umtriebe ſeines Advocaten es dahin gebracht,
daß er gegen tauſend Dollars Caution, wofür er eben dieſes Land
verpfändete, aus der Perſonalhaft entlaſſen wurde. Kaum freigegeben,
ergriff er ſofort die Flucht. Sein Grundſtück — es war ein roher
Waldboden auf Speculation gekauft, — blieb herrenlos hinter ihm
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuernberger_amerikamuede_1855/328>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.