Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855.so geschah es aus Achtung vor Ort und Umgebung; diese Achtung Aber Howland drang heftig in ihn: Was sagen Sie, Sir? Mit dem Aufwande seiner letzten Geduld antwortete Moorfeld: Wie, Sir, also sind Sie ein- für allemal entschlossen, unsern Moorfeld, dem der Ausdruck "Verse machen" allein schon ein Gräuel God damn, Sir! Miß Cöleste Bennet hat diese Verse ge¬ Der Dandy hatte seinen Zweck erreicht. Die Sitte ist nur für Cöleste flüchtete aus dem Kreise. Howland nahm sich dabei heraus, Mein Herr, ich fordere im Namen dieser Dame Genugthuung von Der Herr Doctor wird sie ihr geben, erscholl eine Stimme über Moorfeld wandte sich um und sah mit Verwunderung, daß sich der ſo geſchah es aus Achtung vor Ort und Umgebung; dieſe Achtung Aber Howland drang heftig in ihn: Was ſagen Sie, Sir? Mit dem Aufwande ſeiner letzten Geduld antwortete Moorfeld: Wie, Sir, alſo ſind Sie ein- für allemal entſchloſſen, unſern Moorfeld, dem der Ausdruck „Verſe machen“ allein ſchon ein Gräuel God damn, Sir! Miß Cöleſte Bennet hat dieſe Verſe ge¬ Der Dandy hatte ſeinen Zweck erreicht. Die Sitte iſt nur für Cöleſte flüchtete aus dem Kreiſe. Howland nahm ſich dabei heraus, Mein Herr, ich fordere im Namen dieſer Dame Genugthuung von Der Herr Doctor wird ſie ihr geben, erſcholl eine Stimme über Moorfeld wandte ſich um und ſah mit Verwunderung, daß ſich der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0272" n="254"/> ſo geſchah es aus Achtung vor Ort und Umgebung; dieſe Achtung<lb/> gebot endlich die entgegengeſetzte Behandlung. Moorfeld wandte ihm<lb/> ſchweigend den Rücken.</p><lb/> <p>Aber Howland drang heftig in ihn: Was ſagen Sie, Sir?</p><lb/> <p>Mit dem Aufwande ſeiner letzten Geduld antwortete Moorfeld:<lb/> Die amerikaniſche Lyrik theilt gegenwärtig das Schickſal aller Nach¬<lb/> ahmer; ſie copirt die ſchlechten Seiten ihres europäiſchen Originals.<lb/> Wir dürfen hoffen, dieſes Stadium wird vorüber gehen.</p><lb/> <p>Wie, Sir, alſo ſind Sie ein- für allemal entſchloſſen, unſern<lb/> Dichter <hi rendition="#aq">en chien</hi> zu behandeln? Ich ſage Ihnen aber, eine <hi rendition="#g">Lady</hi><lb/> hat dieſe Verſe gemacht; werden Sie jetzt Ihr Urtheil mildern, Sir?</p><lb/> <p>Moorfeld, dem der Ausdruck „Verſe machen“ allein ſchon ein Gräuel<lb/> war, antwortete kalt: Das iſt für die Kritik ein Adiaphoron.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">God damn</hi>, Sir! <hi rendition="#g">Miß Cöleſte Bennet</hi> hat dieſe Verſe ge¬<lb/> macht; wie nun?</p><lb/> <p>Der Dandy hatte ſeinen Zweck erreicht. Die Sitte iſt nur für<lb/> den Sittlichen und das Geſetz für den Geſetzlichen da. Wie ein<lb/> Vandale eine koſtbare Vaſe zerſchlägt, ſo war der glänzende Augen¬<lb/> blick jetzt in Trümmer geſchlagen. Cöleſte erlag unter einer Wucht<lb/> von Scham, Zorn und Betrübniß; das Weinen trat ihr nahe. How¬<lb/> land, ihr Beleidiger, brüſtete ſich als ihr Ritter, Moorfeld, der ihr<lb/> Blumen der zarteſten Huldigung gereicht, wurde als ihr Beleidiger<lb/> angegriffen, — alle Schönheitslinien liefen verwirrt durcheinander,<lb/> die Rohheit war Meiſterin der Situation.</p><lb/> <p>Cöleſte flüchtete aus dem Kreiſe. Howland nahm ſich dabei heraus,<lb/> ſie an der Hand zu faſſen, und ſeine Frechheit zu krönen, wandte er<lb/> ſich an Moorfeld mit den Worten:</p><lb/> <p>Mein Herr, ich fordere im Namen dieſer Dame Genugthuung von<lb/> Ihnen.</p><lb/> <p>Der Herr Doctor wird ſie ihr geben, erſcholl eine Stimme über<lb/> Howland's Achſel.</p><lb/> <p>Moorfeld wandte ſich um und ſah mit Verwunderung, daß ſich der<lb/> größte Theil der Geſellſchaft als Zeuge dieſer Scene eingefunden<lb/> hatte. Der Saal war faſt voll gedrängt von Menſchen. Herr<lb/> Bennet und der Kreis ſeines Theepavillons ſtanden unter den<lb/> Vorderſten.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [254/0272]
ſo geſchah es aus Achtung vor Ort und Umgebung; dieſe Achtung
gebot endlich die entgegengeſetzte Behandlung. Moorfeld wandte ihm
ſchweigend den Rücken.
Aber Howland drang heftig in ihn: Was ſagen Sie, Sir?
Mit dem Aufwande ſeiner letzten Geduld antwortete Moorfeld:
Die amerikaniſche Lyrik theilt gegenwärtig das Schickſal aller Nach¬
ahmer; ſie copirt die ſchlechten Seiten ihres europäiſchen Originals.
Wir dürfen hoffen, dieſes Stadium wird vorüber gehen.
Wie, Sir, alſo ſind Sie ein- für allemal entſchloſſen, unſern
Dichter en chien zu behandeln? Ich ſage Ihnen aber, eine Lady
hat dieſe Verſe gemacht; werden Sie jetzt Ihr Urtheil mildern, Sir?
Moorfeld, dem der Ausdruck „Verſe machen“ allein ſchon ein Gräuel
war, antwortete kalt: Das iſt für die Kritik ein Adiaphoron.
God damn, Sir! Miß Cöleſte Bennet hat dieſe Verſe ge¬
macht; wie nun?
Der Dandy hatte ſeinen Zweck erreicht. Die Sitte iſt nur für
den Sittlichen und das Geſetz für den Geſetzlichen da. Wie ein
Vandale eine koſtbare Vaſe zerſchlägt, ſo war der glänzende Augen¬
blick jetzt in Trümmer geſchlagen. Cöleſte erlag unter einer Wucht
von Scham, Zorn und Betrübniß; das Weinen trat ihr nahe. How¬
land, ihr Beleidiger, brüſtete ſich als ihr Ritter, Moorfeld, der ihr
Blumen der zarteſten Huldigung gereicht, wurde als ihr Beleidiger
angegriffen, — alle Schönheitslinien liefen verwirrt durcheinander,
die Rohheit war Meiſterin der Situation.
Cöleſte flüchtete aus dem Kreiſe. Howland nahm ſich dabei heraus,
ſie an der Hand zu faſſen, und ſeine Frechheit zu krönen, wandte er
ſich an Moorfeld mit den Worten:
Mein Herr, ich fordere im Namen dieſer Dame Genugthuung von
Ihnen.
Der Herr Doctor wird ſie ihr geben, erſcholl eine Stimme über
Howland's Achſel.
Moorfeld wandte ſich um und ſah mit Verwunderung, daß ſich der
größte Theil der Geſellſchaft als Zeuge dieſer Scene eingefunden
hatte. Der Saal war faſt voll gedrängt von Menſchen. Herr
Bennet und der Kreis ſeines Theepavillons ſtanden unter den
Vorderſten.
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