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Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855.

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wollt. Nein, ein unsittliches Prinzip ist nicht sittlich zu hand¬
haben. Zu verbessern ist nicht, was nur aufzuheben ist. Der Mo¬
dus der Aufhebung kann allein hier Gegenstand des vernünftigen
Nachdenkens sein, oder sagen wir besser: des ernstlichen Bestrebens.
Leider verabscheuen meine Consulenten im Süden die Aufhebung in
all ihren Modalitäten. Was habe ich nicht versucht, Ganzes und
Halbes! Ich habe das mild-menschliche Sclavenwesen Asien's und
Afrika's studirt, und von dort her mindestens die erträglichsten For¬
men des Sclavenbesitzes entlehnen gewollt. Denn so trostlos liegt
leider die Sache, daß Amerikaner, die exactesten Christen der Welt,
von Muhamedanern lernen könnten! Ich habe das Beispiel auf¬
gestellt: auf dem Sclavenstande hafte im Orient keine Schande.
Der Muhamedaner hat nicht Racenhaß; die schmähliche Sophistik,
den Negern die volle Menschheit abzusprechen, womit sich Christen
befleckt haben, ist den Ungläubigen nie in den Sinn gekommen.
Der Muhamedaner hat keinen Code noir; die Verbrechen der
Sclaven werden von ihm mit einer sehr richtigen Würdigung ihrer
bürgerlichen Unzurechnungsfähigkeit in allen Fällen nur mit der Hälfte
der Strafen belegt, welche das gleiche Verbrechen des freien Mannes
träfe. Wir Christen machen es bekanntlich umgekehrt. Eben so habe
ich angerathen, gleich den Muhamedanern, die Sclaven vom Herrn erben,
ja sie in die Familie heirathen zu lassen; welch letzteren Gebrauch
christliche Sclavenhalter leider in gleichfalls umgekehrter Tendenz,
und zwar dergestallt pflegen, daß der Herr, oder sein Sohn mit der
Sclavin Kinder erzeugt, um aus Herrenblut Sclavencapital zu münzen,
statt entgegengesetzt. Gebet es auf, habe ich gepredigt, eure Verhältnisse
zu den Schwarzen als das von Herren zu Sclaven zu betrachten; be¬
trachtet es besser als ein Nebeneinander zweier Nationen: ihr wäret die
siegende, jene die besiegte Nation. Wohlan, vermischt euch, rieth ich,
Sieger und Besiegte, zu einer neuen Nationalität, wie sich die Normanen
mit den Sachsen zur englischen vermischt haben. Von eurem Blute
tragen sie ja doch längst schon in sich, und von eurer Intelligenz
ebenfalls; physisch wie geistig stehen eure Niggers den afrikanischen
Bozals, was ihr auch sagen mögt, bereits ferne. Sie sind Bürger
eures Bodens, erkennt es an und euer Uebel ist geheilt. Aber sie
wollen nicht. -- Andere zeigten sich besser gesinnt, riefen aber rath¬

wollt. Nein, ein unſittliches Prinzip iſt nicht ſittlich zu hand¬
haben. Zu verbeſſern iſt nicht, was nur aufzuheben iſt. Der Mo¬
dus der Aufhebung kann allein hier Gegenſtand des vernünftigen
Nachdenkens ſein, oder ſagen wir beſſer: des ernſtlichen Beſtrebens.
Leider verabſcheuen meine Conſulenten im Süden die Aufhebung in
all ihren Modalitäten. Was habe ich nicht verſucht, Ganzes und
Halbes! Ich habe das mild-menſchliche Sclavenweſen Aſien's und
Afrika's ſtudirt, und von dort her mindeſtens die erträglichſten For¬
men des Sclavenbeſitzes entlehnen gewollt. Denn ſo troſtlos liegt
leider die Sache, daß Amerikaner, die exacteſten Chriſten der Welt,
von Muhamedanern lernen könnten! Ich habe das Beiſpiel auf¬
geſtellt: auf dem Sclavenſtande hafte im Orient keine Schande.
Der Muhamedaner hat nicht Racenhaß; die ſchmähliche Sophiſtik,
den Negern die volle Menſchheit abzuſprechen, womit ſich Chriſten
befleckt haben, iſt den Ungläubigen nie in den Sinn gekommen.
Der Muhamedaner hat keinen Code noir; die Verbrechen der
Sclaven werden von ihm mit einer ſehr richtigen Würdigung ihrer
bürgerlichen Unzurechnungsfähigkeit in allen Fällen nur mit der Hälfte
der Strafen belegt, welche das gleiche Verbrechen des freien Mannes
träfe. Wir Chriſten machen es bekanntlich umgekehrt. Eben ſo habe
ich angerathen, gleich den Muhamedanern, die Sclaven vom Herrn erben,
ja ſie in die Familie heirathen zu laſſen; welch letzteren Gebrauch
chriſtliche Sclavenhalter leider in gleichfalls umgekehrter Tendenz,
und zwar dergeſtallt pflegen, daß der Herr, oder ſein Sohn mit der
Sclavin Kinder erzeugt, um aus Herrenblut Sclavencapital zu münzen,
ſtatt entgegengeſetzt. Gebet es auf, habe ich gepredigt, eure Verhältniſſe
zu den Schwarzen als das von Herren zu Sclaven zu betrachten; be¬
trachtet es beſſer als ein Nebeneinander zweier Nationen: ihr wäret die
ſiegende, jene die beſiegte Nation. Wohlan, vermiſcht euch, rieth ich,
Sieger und Beſiegte, zu einer neuen Nationalität, wie ſich die Normanen
mit den Sachſen zur engliſchen vermiſcht haben. Von eurem Blute
tragen ſie ja doch längſt ſchon in ſich, und von eurer Intelligenz
ebenfalls; phyſiſch wie geiſtig ſtehen eure Niggers den afrikaniſchen
Bozals, was ihr auch ſagen mögt, bereits ferne. Sie ſind Bürger
eures Bodens, erkennt es an und euer Uebel iſt geheilt. Aber ſie
wollen nicht. — Andere zeigten ſich beſſer geſinnt, riefen aber rath¬

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[207/0225] wollt. Nein, ein unſittliches Prinzip iſt nicht ſittlich zu hand¬ haben. Zu verbeſſern iſt nicht, was nur aufzuheben iſt. Der Mo¬ dus der Aufhebung kann allein hier Gegenſtand des vernünftigen Nachdenkens ſein, oder ſagen wir beſſer: des ernſtlichen Beſtrebens. Leider verabſcheuen meine Conſulenten im Süden die Aufhebung in all ihren Modalitäten. Was habe ich nicht verſucht, Ganzes und Halbes! Ich habe das mild-menſchliche Sclavenweſen Aſien's und Afrika's ſtudirt, und von dort her mindeſtens die erträglichſten For¬ men des Sclavenbeſitzes entlehnen gewollt. Denn ſo troſtlos liegt leider die Sache, daß Amerikaner, die exacteſten Chriſten der Welt, von Muhamedanern lernen könnten! Ich habe das Beiſpiel auf¬ geſtellt: auf dem Sclavenſtande hafte im Orient keine Schande. Der Muhamedaner hat nicht Racenhaß; die ſchmähliche Sophiſtik, den Negern die volle Menſchheit abzuſprechen, womit ſich Chriſten befleckt haben, iſt den Ungläubigen nie in den Sinn gekommen. Der Muhamedaner hat keinen Code noir; die Verbrechen der Sclaven werden von ihm mit einer ſehr richtigen Würdigung ihrer bürgerlichen Unzurechnungsfähigkeit in allen Fällen nur mit der Hälfte der Strafen belegt, welche das gleiche Verbrechen des freien Mannes träfe. Wir Chriſten machen es bekanntlich umgekehrt. Eben ſo habe ich angerathen, gleich den Muhamedanern, die Sclaven vom Herrn erben, ja ſie in die Familie heirathen zu laſſen; welch letzteren Gebrauch chriſtliche Sclavenhalter leider in gleichfalls umgekehrter Tendenz, und zwar dergeſtallt pflegen, daß der Herr, oder ſein Sohn mit der Sclavin Kinder erzeugt, um aus Herrenblut Sclavencapital zu münzen, ſtatt entgegengeſetzt. Gebet es auf, habe ich gepredigt, eure Verhältniſſe zu den Schwarzen als das von Herren zu Sclaven zu betrachten; be¬ trachtet es beſſer als ein Nebeneinander zweier Nationen: ihr wäret die ſiegende, jene die beſiegte Nation. Wohlan, vermiſcht euch, rieth ich, Sieger und Beſiegte, zu einer neuen Nationalität, wie ſich die Normanen mit den Sachſen zur engliſchen vermiſcht haben. Von eurem Blute tragen ſie ja doch längſt ſchon in ſich, und von eurer Intelligenz ebenfalls; phyſiſch wie geiſtig ſtehen eure Niggers den afrikaniſchen Bozals, was ihr auch ſagen mögt, bereits ferne. Sie ſind Bürger eures Bodens, erkennt es an und euer Uebel iſt geheilt. Aber ſie wollen nicht. — Andere zeigten ſich beſſer geſinnt, riefen aber rath¬

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Zitationshilfe: Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuernberger_amerikamuede_1855/225>, abgerufen am 25.11.2024.