Kürnberger, Ferdinand: Der Amerika-Müde. Frankfurt (Main), 1855.zehnerlei andern Branchen suchen muß, und umgekehrt mengseln sie Geht mir's anders? hub ein Glaser an; aber Benthal unterbrach Der Westphale fuhr fort: Was meinen Sie nun, Herr Rector, Ist es der letzte? fragte Benthal. Der allerletzte; und wenn der deutsche Kaiser sein Pöstchen ein¬ Das sind freilich keine Umstände für einen Lehrcursus, erwiederte Der Tapezierer sagte bedenklich: Aber, Herr Rector, werden sich Benthal schrieb ihm die Adresse auf und hielt den Einwand kaum Der Glaser antwortete: Neues gar nichts, Herr Rector, gar Suchen Sie ihn beim Bautischler, antwortete Benthal. Aber wenn auch dem Bautischler Arbeit fehlt? fragte der phälzische So hat sie der Zimmermann, war Benthal's Antwort. zehnerlei andern Branchen ſuchen muß, und umgekehrt mengſeln ſie Geht mir's anders? hub ein Glaſer an; aber Benthal unterbrach Der Weſtphale fuhr fort: Was meinen Sie nun, Herr Rector, Iſt es der letzte? fragte Benthal. Der allerletzte; und wenn der deutſche Kaiſer ſein Pöſtchen ein¬ Das ſind freilich keine Umſtände für einen Lehrcurſus, erwiederte Der Tapezierer ſagte bedenklich: Aber, Herr Rector, werden ſich Benthal ſchrieb ihm die Adreſſe auf und hielt den Einwand kaum Der Glaſer antwortete: Neues gar nichts, Herr Rector, gar Suchen Sie ihn beim Bautiſchler, antwortete Benthal. Aber wenn auch dem Bautiſchler Arbeit fehlt? fragte der phälziſche So hat ſie der Zimmermann, war Benthal's Antwort. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0142" n="124"/> zehnerlei andern Branchen ſuchen muß, und umgekehrt mengſeln ſie<lb/> Handwerker zuſammen — es iſt toll! Ich möcht' hier in keiner Ba¬<lb/> taille bleſſirt werden: ein Yankee-Chirurg iſt im Stande und ſetzt mir<lb/> den Fußknöchel in's Schulterblatt.</p><lb/> <p>Geht mir's anders? hub ein Glaſer an; aber Benthal unterbrach<lb/> ihn: Mit Erlaubniß, Herr Thalhofer iſt nicht zu Ende.</p><lb/> <p>Der Weſtphale fuhr fort: Was meinen Sie nun, Herr <hi rendition="#aq">Rector</hi>,<lb/> ſoll ich meinen letzten Penny in die Cigarrenmacher-Schule tragen?</p><lb/> <p>Iſt es der letzte? fragte Benthal.</p><lb/> <p>Der allerletzte; und wenn der deutſche Kaiſer ſein Pöſtchen ein¬<lb/> forderte —</p><lb/> <p>Das ſind freilich keine Umſtände für einen Lehrcurſus, erwiederte<lb/> Benthal; mit Schulden anzufangen iſt überall verdrießlich, doppelt<lb/> in Auswandererslage, wo vielmehr ſtets ein paar Dollar Reiſegeld<lb/> übrig ſein ſollten für den Fall eines Unterkommens im Innern. Ich<lb/> will Ihnen dieſes ſagen: In Williamsburg weiß ich zwei deutſche<lb/> Doctoren, welche Pappſchachteln machen; ihr Abſatz iſt bereits ſo<lb/> gut, daß auch ein Dritter Arbeit fände. Fahren Sie einmal hinüber.</p><lb/> <p>Der Tapezierer ſagte bedenklich: Aber, Herr <hi rendition="#aq">Rector</hi>, werden ſich<lb/> die Doctoren einen ſimplen Handwerksmann auch gefallen laſſen?</p><lb/> <p>Benthal ſchrieb ihm die Adreſſe auf und hielt den Einwand kaum<lb/> der Mühe werth, mit Gemurmel darauf zu antworten: Ich hoffe,<lb/> die Herren haben begriffen, daß ſie in Newyork ſind, und nicht in<lb/> Schilda; — worauf er ſogleich fortfuhr: Was wollten Sie ſagen,<lb/> Herr Loßbert?</p><lb/> <p>Der Glaſer antwortete: Neues gar nichts, Herr <hi rendition="#aq">Rector</hi>, gar<lb/> nichts. Ich bin eben dran, wie wir Deutſche alle. Der Goldarbeiter<lb/> ſoll Uhrmacher ſein, der Tuchmacher Teppichdampfweber, der Tapezierer<lb/> Möbelſchreiner, der Möbelſchreiner Anſtreicher — nur was der Glaſer<lb/> hier ſein ſoll, konnt' ich noch nicht loskriegen. Aber daß er nichts iſt,<lb/> ſo viel weiß ich bereits. Auch ich tappe im Finſtern herum nach einem<lb/> Zipfel meines Handwerks und kann ihn nirgends erwiſchen.</p><lb/> <p>Suchen Sie ihn beim Bautiſchler, antwortete Benthal.</p><lb/> <p>Aber wenn auch dem Bautiſchler Arbeit fehlt? fragte der phälziſche<lb/> Schreiner.</p><lb/> <p>So hat ſie der Zimmermann, war Benthal's Antwort.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [124/0142]
zehnerlei andern Branchen ſuchen muß, und umgekehrt mengſeln ſie
Handwerker zuſammen — es iſt toll! Ich möcht' hier in keiner Ba¬
taille bleſſirt werden: ein Yankee-Chirurg iſt im Stande und ſetzt mir
den Fußknöchel in's Schulterblatt.
Geht mir's anders? hub ein Glaſer an; aber Benthal unterbrach
ihn: Mit Erlaubniß, Herr Thalhofer iſt nicht zu Ende.
Der Weſtphale fuhr fort: Was meinen Sie nun, Herr Rector,
ſoll ich meinen letzten Penny in die Cigarrenmacher-Schule tragen?
Iſt es der letzte? fragte Benthal.
Der allerletzte; und wenn der deutſche Kaiſer ſein Pöſtchen ein¬
forderte —
Das ſind freilich keine Umſtände für einen Lehrcurſus, erwiederte
Benthal; mit Schulden anzufangen iſt überall verdrießlich, doppelt
in Auswandererslage, wo vielmehr ſtets ein paar Dollar Reiſegeld
übrig ſein ſollten für den Fall eines Unterkommens im Innern. Ich
will Ihnen dieſes ſagen: In Williamsburg weiß ich zwei deutſche
Doctoren, welche Pappſchachteln machen; ihr Abſatz iſt bereits ſo
gut, daß auch ein Dritter Arbeit fände. Fahren Sie einmal hinüber.
Der Tapezierer ſagte bedenklich: Aber, Herr Rector, werden ſich
die Doctoren einen ſimplen Handwerksmann auch gefallen laſſen?
Benthal ſchrieb ihm die Adreſſe auf und hielt den Einwand kaum
der Mühe werth, mit Gemurmel darauf zu antworten: Ich hoffe,
die Herren haben begriffen, daß ſie in Newyork ſind, und nicht in
Schilda; — worauf er ſogleich fortfuhr: Was wollten Sie ſagen,
Herr Loßbert?
Der Glaſer antwortete: Neues gar nichts, Herr Rector, gar
nichts. Ich bin eben dran, wie wir Deutſche alle. Der Goldarbeiter
ſoll Uhrmacher ſein, der Tuchmacher Teppichdampfweber, der Tapezierer
Möbelſchreiner, der Möbelſchreiner Anſtreicher — nur was der Glaſer
hier ſein ſoll, konnt' ich noch nicht loskriegen. Aber daß er nichts iſt,
ſo viel weiß ich bereits. Auch ich tappe im Finſtern herum nach einem
Zipfel meines Handwerks und kann ihn nirgends erwiſchen.
Suchen Sie ihn beim Bautiſchler, antwortete Benthal.
Aber wenn auch dem Bautiſchler Arbeit fehlt? fragte der phälziſche
Schreiner.
So hat ſie der Zimmermann, war Benthal's Antwort.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |