Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kuczynski, Jürgen: Tagebuch. Berlin, 1987.

Bild:
<< vorherige Seite

N001
tiges Dokument, einfach geschrieben, jedem verständlich und voll N002
Würde, Man spürt seine Federführung. Eine reine Freude.

N001
Die Weltsituation spitzt sich dagegen immer mehr zu. Als N002
Ursula mich darüber befragte, sagte ich ihr, ich hoffe, daß ich N003
in 11/2 Jahren - nach den Wahlen in den USA - wie Sieyds - sagen N004
kann" J'ai surv§cu.

N001
In Moskau - von anderen Städten weiß ich es nicht - hat sioh N002
die Lebensmittelsituation ganz erheblich gebessert, was wir natür- N003
lich der neuen Linie von Andropow zu danken haben. Er redet nicht N004
nur, sondern sorgt auch dafür, daß gehandelt wird - nur was den N005
ideologischen Druck betrifft, soheint sich nichts geändert zu haben.

N001
23.5.1983 Altenhof

N001
Hannes Hornig, der hier in Altenhof ist, fragte mich, ob ich N002
mich nicht jetzt als Historiker fühle. Ich meinte neint "hooh N003
immer als PolitÖkonom - aber natürlich Kapitalismus". Habe noch N004
länger darüber nächgedaoht, aber bleibe bei meiner Meinung ... auch N005
wenn der Artikel über mich in der ChAAfcsischen Enzyklopädie von N006
einem Literaturwissenschaftler geschrieben wird.

N001
Kürzlich wurde ich zu Hause für das Filmarchiv als Zeitge- N002
nosse" auf genommen. Nachdem ich in die Stadt gefahren war, film- N003
ten sie noch weiter - auch die Genossin Jaab, die recht böse über N004
mich ausgesagt haben soll, wie M. mir sagte. U.a. daß ich schon N005
2 Sekretärinnen vor ihr "geschafft" hätte. Als sie nach Hause N006
kam, hatte sie He rzrhythmus Störungen, wurde ohnmächtig und mußte N007
ins Krankenhaus. Sie bekam einen Herzschrittmacher und wird nicht N008
mehr arbeiten gehen können. Wenn ich bedenke, daß Ruth Hoppe noch N009
nach ihrer Berentung 2 Jahre friedlich zu Hause für mich gearbei- N010
tet hat, und daß Gretel Kreipe mir sagte - sie mußte die Arbeit

N001
tiges Dokument, einfach geschrieben, jedem verständlich und voll N002
Würde, Man spürt seine Federführung. Eine reine Freude.

N001
Die Weltsituation spitzt sich dagegen immer mehr zu. Als N002
Ursula mich darüber befragte, sagte ich ihr, ich hoffe, daß ich N003
in 11/2 Jahren - nach den Wahlen in den USA - wie Sieyds - sagen N004
kann» J’ai surv§cu.

N001
In Moskau - von anderen Städten weiß ich es nicht - hat sioh N002
die Lebensmittelsituation ganz erheblich gebessert, was wir natür- N003
lich der neuen Linie von Andropow zu danken haben. Er redet nicht N004
nur, sondern sorgt auch dafür, daß gehandelt wird - nur was den N005
ideologischen Druck betrifft, soheint sich nichts geändert zu haben.

N001
23.5.1983 Altenhof

N001
Hannes Hornig, der hier in Altenhof ist, fragte mich, ob ich N002
mich nicht jetzt als Historiker fühle. Ich meinte neint "hooh N003
immer als PolitÖkonom - aber natürlich Kapitalismus”. Habe noch N004
länger darüber nächgedaoht, aber bleibe bei meiner Meinung ... auch N005
wenn der Artikel über mich in der ChAAfcsischen Enzyklopädie von N006
einem Literaturwissenschaftler geschrieben wird.

N001
Kürzlich wurde ich zu Hause für das Filmarchiv als Zeitge- N002
nosse” auf genommen. Nachdem ich in die Stadt gefahren war, film- N003
ten sie noch weiter - auch die Genossin Jaab, die recht böse über N004
mich ausgesagt haben soll, wie M. mir sagte. U.a. daß ich schon N005
2 Sekretärinnen vor ihr "geschafft” hätte. Als sie nach Hause N006
kam, hatte sie He rzrhythmus Störungen, wurde ohnmächtig und mußte N007
ins Krankenhaus. Sie bekam einen Herzschrittmacher und wird nicht N008
mehr arbeiten gehen können. Wenn ich bedenke, daß Ruth Hoppe noch N009
nach ihrer Berentung 2 Jahre friedlich zu Hause für mich gearbei- N010
tet hat, und daß Gretel Kreipe mir sagte - sie mußte die Arbeit

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter">
        <pb facs="#f0801" n="8"/>
        <p><lb n="N001"/>
tiges Dokument, einfach geschrieben, jedem verständlich und voll     <lb n="N002"/>
Würde, Man spürt seine Federführung. Eine reine Freude.</p>
        <p><lb n="N001"/>
Die Weltsituation spitzt sich dagegen immer mehr zu. Als     <lb n="N002"/>
Ursula mich darüber befragte, sagte ich ihr, ich hoffe, daß ich     <lb n="N003"/>
in 11/2 Jahren - nach den Wahlen in den USA - wie Sieyds - sagen     <lb n="N004"/>
kann» J&#x2019;ai surv§cu.</p>
        <p><lb n="N001"/>
In Moskau - von anderen Städten weiß ich es nicht - hat sioh     <lb n="N002"/>
die Lebensmittelsituation ganz erheblich gebessert, was wir natür-     <lb n="N003"/>
lich der neuen Linie von Andropow zu danken haben. Er redet nicht     <lb n="N004"/>
nur, sondern sorgt auch dafür, daß gehandelt wird - nur was den     <lb n="N005"/>
ideologischen Druck betrifft, soheint sich nichts geändert zu haben.</p>
        <p><lb n="N001"/>
23.5.1983 Altenhof</p>
        <p><lb n="N001"/>
Hannes Hornig, der hier in Altenhof ist, fragte mich, ob ich     <lb n="N002"/>
mich nicht jetzt als Historiker fühle. Ich meinte neint "hooh     <lb n="N003"/>
immer als PolitÖkonom - aber natürlich Kapitalismus&#x201D;. Habe noch     <lb n="N004"/>
länger darüber nächgedaoht, aber bleibe bei meiner Meinung ... auch     <lb n="N005"/>
wenn der Artikel über mich in der ChAAfcsischen Enzyklopädie von     <lb n="N006"/>
einem Literaturwissenschaftler geschrieben wird.</p>
        <p><lb n="N001"/>
Kürzlich wurde ich zu Hause für das Filmarchiv als Zeitge-     <lb n="N002"/>
nosse&#x201D; auf genommen. Nachdem ich in die Stadt gefahren war, film-     <lb n="N003"/>
ten sie noch weiter - auch die Genossin Jaab, die recht böse über     <lb n="N004"/>
mich ausgesagt haben soll, wie M. mir sagte. U.a. daß ich schon     <lb n="N005"/>
2 Sekretärinnen vor ihr "geschafft&#x201D; hätte. Als sie nach Hause     <lb n="N006"/>
kam, hatte sie He rzrhythmus Störungen, wurde ohnmächtig und mußte     <lb n="N007"/>
ins Krankenhaus. Sie bekam einen Herzschrittmacher und wird nicht     <lb n="N008"/>
mehr arbeiten gehen können. Wenn ich bedenke, daß Ruth Hoppe noch     <lb n="N009"/>
nach ihrer Berentung 2 Jahre friedlich zu Hause für mich gearbei-     <lb n="N010"/>
tet hat, und daß Gretel Kreipe mir sagte - sie mußte die Arbeit</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[8/0801] N001 tiges Dokument, einfach geschrieben, jedem verständlich und voll N002 Würde, Man spürt seine Federführung. Eine reine Freude. N001 Die Weltsituation spitzt sich dagegen immer mehr zu. Als N002 Ursula mich darüber befragte, sagte ich ihr, ich hoffe, daß ich N003 in 11/2 Jahren - nach den Wahlen in den USA - wie Sieyds - sagen N004 kann» J’ai surv§cu. N001 In Moskau - von anderen Städten weiß ich es nicht - hat sioh N002 die Lebensmittelsituation ganz erheblich gebessert, was wir natür- N003 lich der neuen Linie von Andropow zu danken haben. Er redet nicht N004 nur, sondern sorgt auch dafür, daß gehandelt wird - nur was den N005 ideologischen Druck betrifft, soheint sich nichts geändert zu haben. N001 23.5.1983 Altenhof N001 Hannes Hornig, der hier in Altenhof ist, fragte mich, ob ich N002 mich nicht jetzt als Historiker fühle. Ich meinte neint "hooh N003 immer als PolitÖkonom - aber natürlich Kapitalismus”. Habe noch N004 länger darüber nächgedaoht, aber bleibe bei meiner Meinung ... auch N005 wenn der Artikel über mich in der ChAAfcsischen Enzyklopädie von N006 einem Literaturwissenschaftler geschrieben wird. N001 Kürzlich wurde ich zu Hause für das Filmarchiv als Zeitge- N002 nosse” auf genommen. Nachdem ich in die Stadt gefahren war, film- N003 ten sie noch weiter - auch die Genossin Jaab, die recht böse über N004 mich ausgesagt haben soll, wie M. mir sagte. U.a. daß ich schon N005 2 Sekretärinnen vor ihr "geschafft” hätte. Als sie nach Hause N006 kam, hatte sie He rzrhythmus Störungen, wurde ohnmächtig und mußte N007 ins Krankenhaus. Sie bekam einen Herzschrittmacher und wird nicht N008 mehr arbeiten gehen können. Wenn ich bedenke, daß Ruth Hoppe noch N009 nach ihrer Berentung 2 Jahre friedlich zu Hause für mich gearbei- N010 tet hat, und daß Gretel Kreipe mir sagte - sie mußte die Arbeit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Archiv der Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-01-09T11:07:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-01-09T11:07:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kuczynski_tagebuch_1987
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kuczynski_tagebuch_1987/801
Zitationshilfe: Kuczynski, Jürgen: Tagebuch. Berlin, 1987, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuczynski_tagebuch_1987/801>, abgerufen am 23.11.2024.