Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kuczynski, Jürgen: Tagebuch. Berlin, 1987.

Bild:
erste Seite

Vorbemerkung

N001
Ich habe das Tagebuch bis 1984 noch einmal gelesen.

N001
Es scheint mir das Werk eines ehrlichen Genossen und eines N002
für seine Arbeit begeisterten Wissenschaftlers, wie es so manche N003
in der schon Jahrtausende wahrenden Geschichte der wissenschaft- N004
lichen Intelligenz gegeben hat - in einer Zeit des noch ganz N005
jungen Sozialismus in der Deutschen Demokratischen Republik, in N006
der es die Intelligenz zum Teil schwer und niemals leicht hatte. N001
Das Werk auch eines Wissenschaftlers, der das Glück hatte, schon N002
1930 zur Partei zu kommen, nachdem er bereits seit 1927, zum Teil N003
als Kundschafter, zum Teil als Journalist für die Sowjetunion N004
gearbeitet hatte. Das Werk auch eines Wissenschaftlers, der seit N005
1930 mit so manchen in der DDR führenden Genossen gut gestanden N006
hatte. Eines Wissenschaftlers, der stets auch als Propagandist N007
und journalistisch tätig war.


N001
Das Leben eines Wissenschaftlers, der neue Ideen hatte und N002
den moralischen Mut, der so oft erforderlich war, um sie zu ver- N003
öffentlichen, der seine Aufgabe nicht nur darin sah, die Beschlüsse N004
und Äußerungen der Parteiführung zu interpretieren, sondern sich N005
als Wissenschaftler auch verpflichtet fühlte, den Marxismus- N006
Leninismus auf Grund der laufenden Erfahrungen der Geschichte N007
und neuer Erkenntnisse weiter zu entwickeln - das Leben eines N008
solchen Wissenschaftlers war nicht leicht unter einer Führung, N009
die sich allzu oft einbildete, daß nur sie fähig sei, den Marxis- N010
mus-Leninismus weiterzuentwickeln, daß nur sie entscheiden könne, N011
was "echter Marxismus-Leninismus" und was eine Abweichung, die N012
politische und wissenschaftliche Fähigkeit verwechselte. (Noch


Vorbemerkung

N001
Ich habe das Tagebuch bis 1984 noch einmal gelesen.

N001
Es scheint mir das Werk eines ehrlichen Genossen und eines N002
für seine Arbeit begeisterten Wissenschaftlers, wie es so manche N003
in der schon Jahrtausende wahrenden Geschichte der wissenschaft- N004
lichen Intelligenz gegeben hat - in einer Zeit des noch ganz N005
jungen Sozialismus in der Deutschen Demokratischen Republik, in N006
der es die Intelligenz zum Teil schwer und niemals leicht hatte. N001
Das Werk auch eines Wissenschaftlers, der das Glück hatte, schon N002
1930 zur Partei zu kommen, nachdem er bereits seit 1927, zum Teil N003
als Kundschafter, zum Teil als Journalist für die Sowjetunion N004
gearbeitet hatte. Das Werk auch eines Wissenschaftlers, der seit N005
1930 mit so manchen in der DDR führenden Genossen gut gestanden N006
hatte. Eines Wissenschaftlers, der stets auch als Propagandist N007
und journalistisch tätig war.


N001
Das Leben eines Wissenschaftlers, der neue Ideen hatte und N002
den moralischen Mut, der so oft erforderlich war, um sie zu ver- N003
öffentlichen, der seine Aufgabe nicht nur darin sah, die Beschlüsse N004
und Äußerungen der Parteiführung zu interpretieren, sondern sich N005
als Wissenschaftler auch verpflichtet fühlte, den Marxismus- N006
Leninismus auf Grund der laufenden Erfahrungen der Geschichte N007
und neuer Erkenntnisse weiter zu entwickeln - das Leben eines N008
solchen Wissenschaftlers war nicht leicht unter einer Führung, N009
die sich allzu oft einbildete, daß nur sie fähig sei, den Marxis- N010
mus-Leninismus weiterzuentwickeln, daß nur sie entscheiden könne, N011
was "echter Marxismus-Leninismus" und was eine Abweichung, die N012
politische und wissenschaftliche Fähigkeit verwechselte. (Noch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="preface">
        <pb facs="#f0001"/><lb/>
        <head>Vorbemerkung</head><lb/>
        <p><lb n="N001"/>
Ich habe das Tagebuch bis 1984 noch einmal gelesen.</p>
        <p><lb n="N001"/>
Es scheint mir das Werk eines ehrlichen Genossen und eines     <lb n="N002"/>
für seine Arbeit begeisterten Wissenschaftlers, wie es so manche     <lb n="N003"/>
in der schon Jahrtausende wahrenden Geschichte der wissenschaft-     <lb n="N004"/>
lichen Intelligenz gegeben hat - in einer Zeit des noch ganz     <lb n="N005"/>
jungen Sozialismus in der Deutschen Demokratischen Republik, in     <lb n="N006"/>
der es die Intelligenz zum Teil schwer und niemals leicht hatte. <lb n="N001"/>
Das Werk auch eines Wissenschaftlers, der das Glück hatte, schon     <lb n="N002"/>
1930 zur Partei zu kommen, nachdem er bereits seit 1927, zum Teil     <lb n="N003"/>
als Kundschafter, zum Teil als Journalist für die Sowjetunion <lb n="N004"/>
gearbeitet hatte. Das Werk auch eines Wissenschaftlers, der seit     <lb n="N005"/>
1930 mit so manchen in der DDR führenden Genossen gut gestanden     <lb n="N006"/>
hatte. Eines Wissenschaftlers, der stets auch als Propagandist     <lb n="N007"/>
und journalistisch tätig war.</p><lb/>
        <p><lb/><lb n="N001"/>
Das Leben eines Wissenschaftlers, der neue Ideen hatte und     <lb n="N002"/>
den moralischen Mut, der so oft erforderlich war, um sie zu ver-     <lb n="N003"/>
öffentlichen, der seine Aufgabe nicht nur darin sah, die Beschlüsse     <lb n="N004"/>
und Äußerungen der Parteiführung zu interpretieren, sondern sich     <lb n="N005"/>
als Wissenschaftler auch verpflichtet fühlte, den Marxismus-     <lb n="N006"/>
Leninismus auf Grund der laufenden Erfahrungen der Geschichte     <lb n="N007"/>
und neuer Erkenntnisse weiter zu entwickeln - das Leben eines     <lb n="N008"/>
solchen Wissenschaftlers war nicht leicht unter einer Führung,     <lb n="N009"/>
die sich allzu oft einbildete, daß nur sie fähig sei, den Marxis- <lb n="N010"/>
mus-Leninismus weiterzuentwickeln, daß nur sie entscheiden könne, <lb n="N011"/>
was "echter Marxismus-Leninismus" und was eine Abweichung, die <lb n="N012"/>
politische und wissenschaftliche Fähigkeit verwechselte. (Noch
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0001] Vorbemerkung N001 Ich habe das Tagebuch bis 1984 noch einmal gelesen. N001 Es scheint mir das Werk eines ehrlichen Genossen und eines N002 für seine Arbeit begeisterten Wissenschaftlers, wie es so manche N003 in der schon Jahrtausende wahrenden Geschichte der wissenschaft- N004 lichen Intelligenz gegeben hat - in einer Zeit des noch ganz N005 jungen Sozialismus in der Deutschen Demokratischen Republik, in N006 der es die Intelligenz zum Teil schwer und niemals leicht hatte. N001 Das Werk auch eines Wissenschaftlers, der das Glück hatte, schon N002 1930 zur Partei zu kommen, nachdem er bereits seit 1927, zum Teil N003 als Kundschafter, zum Teil als Journalist für die Sowjetunion N004 gearbeitet hatte. Das Werk auch eines Wissenschaftlers, der seit N005 1930 mit so manchen in der DDR führenden Genossen gut gestanden N006 hatte. Eines Wissenschaftlers, der stets auch als Propagandist N007 und journalistisch tätig war. N001 Das Leben eines Wissenschaftlers, der neue Ideen hatte und N002 den moralischen Mut, der so oft erforderlich war, um sie zu ver- N003 öffentlichen, der seine Aufgabe nicht nur darin sah, die Beschlüsse N004 und Äußerungen der Parteiführung zu interpretieren, sondern sich N005 als Wissenschaftler auch verpflichtet fühlte, den Marxismus- N006 Leninismus auf Grund der laufenden Erfahrungen der Geschichte N007 und neuer Erkenntnisse weiter zu entwickeln - das Leben eines N008 solchen Wissenschaftlers war nicht leicht unter einer Führung, N009 die sich allzu oft einbildete, daß nur sie fähig sei, den Marxis- N010 mus-Leninismus weiterzuentwickeln, daß nur sie entscheiden könne, N011 was "echter Marxismus-Leninismus" und was eine Abweichung, die N012 politische und wissenschaftliche Fähigkeit verwechselte. (Noch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Archiv der Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-01-09T11:07:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-01-09T11:07:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kuczynski_tagebuch_1987
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kuczynski_tagebuch_1987/1
Zitationshilfe: Kuczynski, Jürgen: Tagebuch. Berlin, 1987, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kuczynski_tagebuch_1987/1>, abgerufen am 22.12.2024.