Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.ich es kaum. Ich halte mich weder für besser, noch stärker von Gemüth als dich. Besser, wiederholte Holger lang gezogen, ihn scharf ins Auge fassend. Hm! Ja so -- Ja! besser und reiner, fügte er schnell hinzu. Nicht wahr, du wirst mir einen Zwiespalt in mir, den ich nicht verstehe, erklären können? -- Ich bereue nicht, was ich gethan, nur Sorge für die Flagge leitete meine Schritte; aber seine Schlechtigkeit übermannte mich; dennoch erregt die Art seines Todes eine Unruhe in mir, die sich nicht beschwichtigen läßt; nur Kanonendonner und Pulverdampf gewährte mir Wonne, weil ich durch diese jene betäuben konnte. Komme ich aber wieder in Ruhe, wie jetzt, dann -- sollte ich wirklich etwas Unrechtes gethan haben? Holger, sagte Woldemar, ich kann nicht lügen: ich glaube es fast; wenn auch nicht als Mensch, -- denn ein Mann als Mann erkennt keine äußeren Gesetze, er ist sich selbst Gesetz, -- so doch als Träger dieser Uniform, als ihren Regeln Unterthan. Ich hatte sie an, sagte Holger düster. Doch laß das dich trösten, fuhr Woldemar die Stimme erhebend fort, daß du der Glorie unserer Marine einen noch höheren Glanz verliehen, da er sie in Schmach verwandelt habe würde. Du hast eine Milbe getödtet, die sonst das Tuch der Flagge zernagt hätte; und den lichtscheuen Flecken, den ihr gesetzwidriges Zerdrücken daran nachgelassen, hast du glorreich ich es kaum. Ich halte mich weder für besser, noch stärker von Gemüth als dich. Besser, wiederholte Holger lang gezogen, ihn scharf ins Auge fassend. Hm! Ja so — Ja! besser und reiner, fügte er schnell hinzu. Nicht wahr, du wirst mir einen Zwiespalt in mir, den ich nicht verstehe, erklären können? — Ich bereue nicht, was ich gethan, nur Sorge für die Flagge leitete meine Schritte; aber seine Schlechtigkeit übermannte mich; dennoch erregt die Art seines Todes eine Unruhe in mir, die sich nicht beschwichtigen läßt; nur Kanonendonner und Pulverdampf gewährte mir Wonne, weil ich durch diese jene betäuben konnte. Komme ich aber wieder in Ruhe, wie jetzt, dann — sollte ich wirklich etwas Unrechtes gethan haben? Holger, sagte Woldemar, ich kann nicht lügen: ich glaube es fast; wenn auch nicht als Mensch, — denn ein Mann als Mann erkennt keine äußeren Gesetze, er ist sich selbst Gesetz, — so doch als Träger dieser Uniform, als ihren Regeln Unterthan. Ich hatte sie an, sagte Holger düster. Doch laß das dich trösten, fuhr Woldemar die Stimme erhebend fort, daß du der Glorie unserer Marine einen noch höheren Glanz verliehen, da er sie in Schmach verwandelt habe würde. Du hast eine Milbe getödtet, die sonst das Tuch der Flagge zernagt hätte; und den lichtscheuen Flecken, den ihr gesetzwidriges Zerdrücken daran nachgelassen, hast du glorreich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0090"/> ich es kaum. Ich halte mich weder für besser, noch stärker von Gemüth als dich.</p><lb/> <p>Besser, wiederholte Holger lang gezogen, ihn scharf ins Auge fassend. Hm! Ja so — Ja! besser und reiner, fügte er schnell hinzu. Nicht wahr, du wirst mir einen Zwiespalt in mir, den ich nicht verstehe, erklären können? — Ich bereue nicht, was ich gethan, nur Sorge für die Flagge leitete meine Schritte; aber seine Schlechtigkeit übermannte mich; dennoch erregt die Art seines Todes eine Unruhe in mir, die sich nicht beschwichtigen läßt; nur Kanonendonner und Pulverdampf gewährte mir Wonne, weil ich durch diese jene betäuben konnte. Komme ich aber wieder in Ruhe, wie jetzt, dann — sollte ich wirklich etwas Unrechtes gethan haben?</p><lb/> <p>Holger, sagte Woldemar, ich kann nicht lügen: ich glaube es fast; wenn auch nicht als Mensch, — denn ein Mann als Mann erkennt keine äußeren Gesetze, er ist sich selbst Gesetz, — so doch als Träger dieser Uniform, als ihren Regeln Unterthan.</p><lb/> <p>Ich hatte sie an, sagte Holger düster.</p><lb/> <p>Doch laß das dich trösten, fuhr Woldemar die Stimme erhebend fort, daß du der Glorie unserer Marine einen noch höheren Glanz verliehen, da er sie in Schmach verwandelt habe würde. Du hast eine Milbe getödtet, die sonst das Tuch der Flagge zernagt hätte; und den lichtscheuen Flecken, den ihr gesetzwidriges Zerdrücken daran nachgelassen, hast du glorreich<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0090]
ich es kaum. Ich halte mich weder für besser, noch stärker von Gemüth als dich.
Besser, wiederholte Holger lang gezogen, ihn scharf ins Auge fassend. Hm! Ja so — Ja! besser und reiner, fügte er schnell hinzu. Nicht wahr, du wirst mir einen Zwiespalt in mir, den ich nicht verstehe, erklären können? — Ich bereue nicht, was ich gethan, nur Sorge für die Flagge leitete meine Schritte; aber seine Schlechtigkeit übermannte mich; dennoch erregt die Art seines Todes eine Unruhe in mir, die sich nicht beschwichtigen läßt; nur Kanonendonner und Pulverdampf gewährte mir Wonne, weil ich durch diese jene betäuben konnte. Komme ich aber wieder in Ruhe, wie jetzt, dann — sollte ich wirklich etwas Unrechtes gethan haben?
Holger, sagte Woldemar, ich kann nicht lügen: ich glaube es fast; wenn auch nicht als Mensch, — denn ein Mann als Mann erkennt keine äußeren Gesetze, er ist sich selbst Gesetz, — so doch als Träger dieser Uniform, als ihren Regeln Unterthan.
Ich hatte sie an, sagte Holger düster.
Doch laß das dich trösten, fuhr Woldemar die Stimme erhebend fort, daß du der Glorie unserer Marine einen noch höheren Glanz verliehen, da er sie in Schmach verwandelt habe würde. Du hast eine Milbe getödtet, die sonst das Tuch der Flagge zernagt hätte; und den lichtscheuen Flecken, den ihr gesetzwidriges Zerdrücken daran nachgelassen, hast du glorreich
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Zitationshilfe: | Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kruse_freundschaft_1910/90>, abgerufen am 17.07.2024. |