Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.sammen war, da der Schoner in der größten Eile mit allem Nöthigen versehen und die Besatzung, die zum Theil aus jungen Leuten des Landes bestand, eingeübt werden sollte. -- Es fehlte ihm auch nicht an Anlaß, dem Unmuth, der ihn verzehrte, Luft zu machen. Er war von seinen Untergebenen, die immer die alten indischen Launen bei ihm rege machten, nie geliebt worden, und noch strenger als vorher rügte er jeden Mangel an Kenntnissen und willenloses Versehn mit einer despotischen Strenge, welche die Mannschaft reizte und entmuthigte und zugleich Holgern, der solcher Willkürlichkeit nicht immer vorbeugen konnte, empörte, theils aus Rechtlichkeit, theils weil er empfand, wie sehr in entscheidenden Augenblicken der Erfolg von der Anhänglichkeit und dem Enthusiasmus der Mannschaft abhängt. Die Worte seines Auswärters, -- denn Mads war, seinem Versprechen zufolge, längst in seinen Dienst übergetreten, -- brannten sich immer tiefer in sein Innres ein; hatte ihn doch die Erfahrung gelehrt, daß despotische Willkürlichkeit gegen Tieferstehende nur zu oft mit persönlicher Feigheit verbunden ist. Holger verließ, weil der größte Theil der Aufsicht gewöhnlich auf dem Nächstcommandirenden ruht, nur selten das Schiff, so wie auch Woldemar, der sehr junge Offiziere unter sich hatte, die Batterie nur um die Geliebte zu besuchen, und so sahen sich die Freunde selten und nur auf Augenblicke. Endlich, zu der Zeit, wo der Frühling im höchsten sammen war, da der Schoner in der größten Eile mit allem Nöthigen versehen und die Besatzung, die zum Theil aus jungen Leuten des Landes bestand, eingeübt werden sollte. — Es fehlte ihm auch nicht an Anlaß, dem Unmuth, der ihn verzehrte, Luft zu machen. Er war von seinen Untergebenen, die immer die alten indischen Launen bei ihm rege machten, nie geliebt worden, und noch strenger als vorher rügte er jeden Mangel an Kenntnissen und willenloses Versehn mit einer despotischen Strenge, welche die Mannschaft reizte und entmuthigte und zugleich Holgern, der solcher Willkürlichkeit nicht immer vorbeugen konnte, empörte, theils aus Rechtlichkeit, theils weil er empfand, wie sehr in entscheidenden Augenblicken der Erfolg von der Anhänglichkeit und dem Enthusiasmus der Mannschaft abhängt. Die Worte seines Auswärters, — denn Mads war, seinem Versprechen zufolge, längst in seinen Dienst übergetreten, — brannten sich immer tiefer in sein Innres ein; hatte ihn doch die Erfahrung gelehrt, daß despotische Willkürlichkeit gegen Tieferstehende nur zu oft mit persönlicher Feigheit verbunden ist. Holger verließ, weil der größte Theil der Aufsicht gewöhnlich auf dem Nächstcommandirenden ruht, nur selten das Schiff, so wie auch Woldemar, der sehr junge Offiziere unter sich hatte, die Batterie nur um die Geliebte zu besuchen, und so sahen sich die Freunde selten und nur auf Augenblicke. Endlich, zu der Zeit, wo der Frühling im höchsten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0076"/> sammen war, da der Schoner in der größten Eile mit allem Nöthigen versehen und die Besatzung, die zum Theil aus jungen Leuten des Landes bestand, eingeübt werden sollte. — Es fehlte ihm auch nicht an Anlaß, dem Unmuth, der ihn verzehrte, Luft zu machen. Er war von seinen Untergebenen, die immer die alten indischen Launen bei ihm rege machten, nie geliebt worden, und noch strenger als vorher rügte er jeden Mangel an Kenntnissen und willenloses Versehn mit einer despotischen Strenge, welche die Mannschaft reizte und entmuthigte und zugleich Holgern, der solcher Willkürlichkeit nicht immer vorbeugen konnte, empörte, theils aus Rechtlichkeit, theils weil er empfand, wie sehr in entscheidenden Augenblicken der Erfolg von der Anhänglichkeit und dem Enthusiasmus der Mannschaft abhängt. Die Worte seines Auswärters, — denn Mads war, seinem Versprechen zufolge, längst in seinen Dienst übergetreten, — brannten sich immer tiefer in sein Innres ein; hatte ihn doch die Erfahrung gelehrt, daß despotische Willkürlichkeit gegen Tieferstehende nur zu oft mit persönlicher Feigheit verbunden ist. Holger verließ, weil der größte Theil der Aufsicht gewöhnlich auf dem Nächstcommandirenden ruht, nur selten das Schiff, so wie auch Woldemar, der sehr junge Offiziere unter sich hatte, die Batterie nur um die Geliebte zu besuchen, und so sahen sich die Freunde selten und nur auf Augenblicke.</p><lb/> <p>Endlich, zu der Zeit, wo der Frühling im höchsten<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0076]
sammen war, da der Schoner in der größten Eile mit allem Nöthigen versehen und die Besatzung, die zum Theil aus jungen Leuten des Landes bestand, eingeübt werden sollte. — Es fehlte ihm auch nicht an Anlaß, dem Unmuth, der ihn verzehrte, Luft zu machen. Er war von seinen Untergebenen, die immer die alten indischen Launen bei ihm rege machten, nie geliebt worden, und noch strenger als vorher rügte er jeden Mangel an Kenntnissen und willenloses Versehn mit einer despotischen Strenge, welche die Mannschaft reizte und entmuthigte und zugleich Holgern, der solcher Willkürlichkeit nicht immer vorbeugen konnte, empörte, theils aus Rechtlichkeit, theils weil er empfand, wie sehr in entscheidenden Augenblicken der Erfolg von der Anhänglichkeit und dem Enthusiasmus der Mannschaft abhängt. Die Worte seines Auswärters, — denn Mads war, seinem Versprechen zufolge, längst in seinen Dienst übergetreten, — brannten sich immer tiefer in sein Innres ein; hatte ihn doch die Erfahrung gelehrt, daß despotische Willkürlichkeit gegen Tieferstehende nur zu oft mit persönlicher Feigheit verbunden ist. Holger verließ, weil der größte Theil der Aufsicht gewöhnlich auf dem Nächstcommandirenden ruht, nur selten das Schiff, so wie auch Woldemar, der sehr junge Offiziere unter sich hatte, die Batterie nur um die Geliebte zu besuchen, und so sahen sich die Freunde selten und nur auf Augenblicke.
Endlich, zu der Zeit, wo der Frühling im höchsten
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Zitationshilfe: | Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kruse_freundschaft_1910/76>, abgerufen am 18.07.2024. |