Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Eher wollte ich sie herunterreißen und sie mit mir in das Meer begraben. Hast du Jemandem erzählt, was deine Augen gesehen? Keinem Teufel; aber, Herr Lieuteuant, der Teufel weiß es doch. Mag er's; nur du darfst es keiner Christenseele sagen; unter der Bedingung sollst du zu mir kommen; denn es gilt die Ehre, es gilt unsre, meine Ehre. Ich bin stumm wie ein Fisch. Es ist genug, wenn Er es nur weiß, der denken darf. So gehe. Aber auch Holger schwieg; selbst dem Freund mochte er nicht seine Furcht vor der Gefahr, die durch die Feigheit eines Gefährten ihre Zukunft vielleicht bedrohete, entdecken; und doch war es wohl kaum Feigheit , die das Benehmen John's geleitet hatte; aber diese Meinung aus Mad's, schlichtem Munde hatte Holgern tief erschüttert. Das einfache Gemüth des ehrlichen Burschen und sein eigenes reines Herz vermochten nicht zu ahnen, daß vielleicht bloß die Hoffnung John zum Zögern bestimmt, Den vernichtet zu sehen, welchen er, selbst in dem Augenblick, wo Jener seine Ehre gerettet , tief hassen mußte, weil er, der unbestechliche Zeuge seiner Unwürdigkeit, durch seine Großmuth ihn bitter beschämt hatte. Holger verlebte eine schlaflose, qualvolle Nacht. Es war ihm, als hätte er übermüthig in ein Geschick eingegriffen, das ihn und Alles, was Eher wollte ich sie herunterreißen und sie mit mir in das Meer begraben. Hast du Jemandem erzählt, was deine Augen gesehen? Keinem Teufel; aber, Herr Lieuteuant, der Teufel weiß es doch. Mag er's; nur du darfst es keiner Christenseele sagen; unter der Bedingung sollst du zu mir kommen; denn es gilt die Ehre, es gilt unsre, meine Ehre. Ich bin stumm wie ein Fisch. Es ist genug, wenn Er es nur weiß, der denken darf. So gehe. Aber auch Holger schwieg; selbst dem Freund mochte er nicht seine Furcht vor der Gefahr, die durch die Feigheit eines Gefährten ihre Zukunft vielleicht bedrohete, entdecken; und doch war es wohl kaum Feigheit , die das Benehmen John's geleitet hatte; aber diese Meinung aus Mad's, schlichtem Munde hatte Holgern tief erschüttert. Das einfache Gemüth des ehrlichen Burschen und sein eigenes reines Herz vermochten nicht zu ahnen, daß vielleicht bloß die Hoffnung John zum Zögern bestimmt, Den vernichtet zu sehen, welchen er, selbst in dem Augenblick, wo Jener seine Ehre gerettet , tief hassen mußte, weil er, der unbestechliche Zeuge seiner Unwürdigkeit, durch seine Großmuth ihn bitter beschämt hatte. Holger verlebte eine schlaflose, qualvolle Nacht. Es war ihm, als hätte er übermüthig in ein Geschick eingegriffen, das ihn und Alles, was <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0071"/> <p>Eher wollte ich sie herunterreißen und sie mit mir in das Meer begraben.</p><lb/> <p>Hast du Jemandem erzählt, was deine Augen gesehen?</p><lb/> <p>Keinem Teufel; aber, Herr Lieuteuant, der Teufel weiß es doch.</p><lb/> <p>Mag er's; nur du darfst es keiner Christenseele sagen; unter der Bedingung sollst du zu mir kommen; denn es gilt die Ehre, es gilt unsre, meine Ehre.</p><lb/> <p>Ich bin stumm wie ein Fisch. Es ist genug, wenn Er es nur weiß, der denken darf.</p><lb/> <p>So gehe.</p><lb/> <p>Aber auch Holger schwieg; selbst dem Freund mochte er nicht seine Furcht vor der Gefahr, die durch die Feigheit eines Gefährten ihre Zukunft vielleicht bedrohete, entdecken; und doch war es wohl kaum Feigheit , die das Benehmen John's geleitet hatte; aber diese Meinung aus Mad's, schlichtem Munde hatte Holgern tief erschüttert. Das einfache Gemüth des ehrlichen Burschen und sein eigenes reines Herz vermochten nicht zu ahnen, daß vielleicht bloß die Hoffnung John zum Zögern bestimmt, Den vernichtet zu sehen, welchen er, selbst in dem Augenblick, wo Jener seine Ehre gerettet , tief hassen mußte, weil er, der unbestechliche Zeuge seiner Unwürdigkeit, durch seine Großmuth ihn bitter beschämt hatte. Holger verlebte eine schlaflose, qualvolle Nacht. Es war ihm, als hätte er übermüthig in ein Geschick eingegriffen, das ihn und Alles, was<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0071]
Eher wollte ich sie herunterreißen und sie mit mir in das Meer begraben.
Hast du Jemandem erzählt, was deine Augen gesehen?
Keinem Teufel; aber, Herr Lieuteuant, der Teufel weiß es doch.
Mag er's; nur du darfst es keiner Christenseele sagen; unter der Bedingung sollst du zu mir kommen; denn es gilt die Ehre, es gilt unsre, meine Ehre.
Ich bin stumm wie ein Fisch. Es ist genug, wenn Er es nur weiß, der denken darf.
So gehe.
Aber auch Holger schwieg; selbst dem Freund mochte er nicht seine Furcht vor der Gefahr, die durch die Feigheit eines Gefährten ihre Zukunft vielleicht bedrohete, entdecken; und doch war es wohl kaum Feigheit , die das Benehmen John's geleitet hatte; aber diese Meinung aus Mad's, schlichtem Munde hatte Holgern tief erschüttert. Das einfache Gemüth des ehrlichen Burschen und sein eigenes reines Herz vermochten nicht zu ahnen, daß vielleicht bloß die Hoffnung John zum Zögern bestimmt, Den vernichtet zu sehen, welchen er, selbst in dem Augenblick, wo Jener seine Ehre gerettet , tief hassen mußte, weil er, der unbestechliche Zeuge seiner Unwürdigkeit, durch seine Großmuth ihn bitter beschämt hatte. Holger verlebte eine schlaflose, qualvolle Nacht. Es war ihm, als hätte er übermüthig in ein Geschick eingegriffen, das ihn und Alles, was
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Zitationshilfe: | Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kruse_freundschaft_1910/71>, abgerufen am 19.07.2024. |