Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

sogar vielleicht unter ihm dienen, denn er bleibt doch unser Vordermann. Aber du hast es brav gemeint, und kann auch ein Bube unsern Stand nicht beflecken, der, wie ein blanker Spiegel, jeden unreinen Hauch sogleich verschwinden läßt, so ist es doch um so besser, wenn er keinen Augenblick von einem solchen getrübt wird.

Holger verließ den Freund etwas verstimmt; indessen verlor sich dieser Unmuth bald in dem emsigen gemeinsamen Geschäfte, die schwimmende Batterie zu Stande zu bringen, wozu freilich John der Regel nach die tägliche Ordre ertheilte. So gingen einige Tage hin; während der Zeit bemerkte Holger, daß John's Aufwärter, ein Matrose von mittleren Jahren, dessen Treue und Verschwiegenheit ihm bekannt war, sich viel um ihn zu schaffen machte. Dieser hatte manchmal mit einer Geschicklichkeit, die Holger's eigenem Burschen abging, kleine Botschaften, Liebesangelegenheiten betreffend, auf eine meisterliche Weise für ihn besorgt; ein Dienst, auf den ein jugendlicher Verliebter keinen geringen Werth setzt. -- Eines Abends war nun dieser Kerl sogar in seine Wohnung geschlichen, und da er zu Holgern hereintrat, stand er verlegen vor ihm und konnte keine Worte finden.

Was hast du, Mads? fragte Holger lächelnd, du gehst ja um mich herum, wie die Katze um den heißen Brei; sehnst du dich in das alte Fahrwasser auszulaufen ? ach! auf dieser verdammten Sandbank ist ja kein erträgliches Gesicht mehr, das nicht Jemand schon am Schleppseile führte, -- lauter lecke Fahrzeuge, die

sogar vielleicht unter ihm dienen, denn er bleibt doch unser Vordermann. Aber du hast es brav gemeint, und kann auch ein Bube unsern Stand nicht beflecken, der, wie ein blanker Spiegel, jeden unreinen Hauch sogleich verschwinden läßt, so ist es doch um so besser, wenn er keinen Augenblick von einem solchen getrübt wird.

Holger verließ den Freund etwas verstimmt; indessen verlor sich dieser Unmuth bald in dem emsigen gemeinsamen Geschäfte, die schwimmende Batterie zu Stande zu bringen, wozu freilich John der Regel nach die tägliche Ordre ertheilte. So gingen einige Tage hin; während der Zeit bemerkte Holger, daß John's Aufwärter, ein Matrose von mittleren Jahren, dessen Treue und Verschwiegenheit ihm bekannt war, sich viel um ihn zu schaffen machte. Dieser hatte manchmal mit einer Geschicklichkeit, die Holger's eigenem Burschen abging, kleine Botschaften, Liebesangelegenheiten betreffend, auf eine meisterliche Weise für ihn besorgt; ein Dienst, auf den ein jugendlicher Verliebter keinen geringen Werth setzt. — Eines Abends war nun dieser Kerl sogar in seine Wohnung geschlichen, und da er zu Holgern hereintrat, stand er verlegen vor ihm und konnte keine Worte finden.

Was hast du, Mads? fragte Holger lächelnd, du gehst ja um mich herum, wie die Katze um den heißen Brei; sehnst du dich in das alte Fahrwasser auszulaufen ? ach! auf dieser verdammten Sandbank ist ja kein erträgliches Gesicht mehr, das nicht Jemand schon am Schleppseile führte, — lauter lecke Fahrzeuge, die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0067"/>
sogar      vielleicht unter ihm dienen, denn er bleibt doch unser Vordermann. Aber du hast es brav      gemeint, und kann auch ein Bube unsern Stand nicht beflecken, der, wie ein blanker Spiegel,      jeden unreinen Hauch sogleich verschwinden läßt, so ist es doch um so besser, wenn er keinen      Augenblick von einem solchen getrübt wird.</p><lb/>
        <p>Holger verließ den Freund etwas verstimmt; indessen verlor sich dieser Unmuth bald in dem      emsigen gemeinsamen Geschäfte, die schwimmende Batterie zu Stande zu bringen, wozu freilich      John der Regel nach die tägliche Ordre ertheilte. So gingen einige Tage hin; während der Zeit      bemerkte Holger, daß John's Aufwärter, ein Matrose von mittleren Jahren, dessen Treue und      Verschwiegenheit ihm bekannt war, sich viel um ihn zu schaffen machte. Dieser hatte manchmal      mit einer Geschicklichkeit, die Holger's eigenem Burschen abging, kleine Botschaften,      Liebesangelegenheiten betreffend, auf eine meisterliche Weise für ihn besorgt; ein Dienst, auf      den ein jugendlicher Verliebter keinen geringen Werth setzt. &#x2014; Eines Abends war nun dieser Kerl      sogar in seine Wohnung geschlichen, und da er zu Holgern hereintrat, stand er verlegen vor ihm      und konnte keine Worte finden.</p><lb/>
        <p>Was hast du, Mads? fragte Holger lächelnd, du gehst ja um mich herum, wie die Katze um den      heißen Brei; sehnst du dich in das alte Fahrwasser auszulaufen ? ach! auf dieser verdammten      Sandbank ist ja kein erträgliches Gesicht mehr, das nicht Jemand schon am Schleppseile führte,      &#x2014; lauter lecke Fahrzeuge, die<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0067] sogar vielleicht unter ihm dienen, denn er bleibt doch unser Vordermann. Aber du hast es brav gemeint, und kann auch ein Bube unsern Stand nicht beflecken, der, wie ein blanker Spiegel, jeden unreinen Hauch sogleich verschwinden läßt, so ist es doch um so besser, wenn er keinen Augenblick von einem solchen getrübt wird. Holger verließ den Freund etwas verstimmt; indessen verlor sich dieser Unmuth bald in dem emsigen gemeinsamen Geschäfte, die schwimmende Batterie zu Stande zu bringen, wozu freilich John der Regel nach die tägliche Ordre ertheilte. So gingen einige Tage hin; während der Zeit bemerkte Holger, daß John's Aufwärter, ein Matrose von mittleren Jahren, dessen Treue und Verschwiegenheit ihm bekannt war, sich viel um ihn zu schaffen machte. Dieser hatte manchmal mit einer Geschicklichkeit, die Holger's eigenem Burschen abging, kleine Botschaften, Liebesangelegenheiten betreffend, auf eine meisterliche Weise für ihn besorgt; ein Dienst, auf den ein jugendlicher Verliebter keinen geringen Werth setzt. — Eines Abends war nun dieser Kerl sogar in seine Wohnung geschlichen, und da er zu Holgern hereintrat, stand er verlegen vor ihm und konnte keine Worte finden. Was hast du, Mads? fragte Holger lächelnd, du gehst ja um mich herum, wie die Katze um den heißen Brei; sehnst du dich in das alte Fahrwasser auszulaufen ? ach! auf dieser verdammten Sandbank ist ja kein erträgliches Gesicht mehr, das nicht Jemand schon am Schleppseile führte, — lauter lecke Fahrzeuge, die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T13:52:36Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T13:52:36Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kruse_freundschaft_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kruse_freundschaft_1910/67
Zitationshilfe: Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kruse_freundschaft_1910/67>, abgerufen am 26.11.2024.