Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.sich mit verhaltenem Ingrimm vor ihn hin. Was muß ich erfahren! sagte er gepreßt. Laß mich, erwiderte John rauh; ich hatte den Kopf verloren, mir schwindelt noch, tausend Thaler Schulden, und keine tausend Heller! Die Ehre unsres Corps, die der Uniform, der Flagge, der du geschworen -- Das ist es ja eben, was mich rasend macht! entgegnete er dumpf. Dies Wort träufelte wie Balsam in Holger's aufgeregte Seele; eine Art von Mitleid mit dem Elenden füllte seine Brust. Kann sie noch gerettet werden, soll es geschehen, versetzte er rasch. Ich schaffe Geld. Nein! nein! sagte John kopfschüttelnd. Die Summe rettet mich doch nicht; ich bin dennoch verloren. Es ist nur eine Galgenfrist: die von mir aufgenommenen königlichen Gelder sind auch weg; um sie wieder zu erhaschen, setzte ich Alles aufs Spiel; zwar kann ich sie alle ersetzen, aber nur nicht gleich. Täglich erwarten wir ja Ordre, ich muß Rechenschaft ablegen, und dann -- dann -- Ach Gott! -- meine Schande -- die Ehre unseres Corps! -- Er rang die Hände. -- Nein, Alles ist verloren -- aber ich danke dir -- fügte er mit schwacher Stimme hinzu. Keinen Dank! rief Holger. Es geschieht um deinetwillen wahrlich nicht. Aber dieses Kleid darf keinen Flecken tragen. Ich schaffe auch das Geld, aber dann, du mußt dich schlagen, gleich morgen früh vor dem sich mit verhaltenem Ingrimm vor ihn hin. Was muß ich erfahren! sagte er gepreßt. Laß mich, erwiderte John rauh; ich hatte den Kopf verloren, mir schwindelt noch, tausend Thaler Schulden, und keine tausend Heller! Die Ehre unsres Corps, die der Uniform, der Flagge, der du geschworen — Das ist es ja eben, was mich rasend macht! entgegnete er dumpf. Dies Wort träufelte wie Balsam in Holger's aufgeregte Seele; eine Art von Mitleid mit dem Elenden füllte seine Brust. Kann sie noch gerettet werden, soll es geschehen, versetzte er rasch. Ich schaffe Geld. Nein! nein! sagte John kopfschüttelnd. Die Summe rettet mich doch nicht; ich bin dennoch verloren. Es ist nur eine Galgenfrist: die von mir aufgenommenen königlichen Gelder sind auch weg; um sie wieder zu erhaschen, setzte ich Alles aufs Spiel; zwar kann ich sie alle ersetzen, aber nur nicht gleich. Täglich erwarten wir ja Ordre, ich muß Rechenschaft ablegen, und dann — dann — Ach Gott! — meine Schande — die Ehre unseres Corps! — Er rang die Hände. — Nein, Alles ist verloren — aber ich danke dir — fügte er mit schwacher Stimme hinzu. Keinen Dank! rief Holger. Es geschieht um deinetwillen wahrlich nicht. Aber dieses Kleid darf keinen Flecken tragen. Ich schaffe auch das Geld, aber dann, du mußt dich schlagen, gleich morgen früh vor dem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0060"/> sich mit verhaltenem Ingrimm vor ihn hin. Was muß ich erfahren! sagte er gepreßt.</p><lb/> <p>Laß mich, erwiderte John rauh; ich hatte den Kopf verloren, mir schwindelt noch, tausend Thaler Schulden, und keine tausend Heller!</p><lb/> <p>Die Ehre unsres Corps, die der Uniform, der Flagge, der du geschworen —</p><lb/> <p>Das ist es ja eben, was mich rasend macht! entgegnete er dumpf.</p><lb/> <p>Dies Wort träufelte wie Balsam in Holger's aufgeregte Seele; eine Art von Mitleid mit dem Elenden füllte seine Brust. Kann sie noch gerettet werden, soll es geschehen, versetzte er rasch. Ich schaffe Geld. Nein! nein! sagte John kopfschüttelnd. Die Summe rettet mich doch nicht; ich bin dennoch verloren. Es ist nur eine Galgenfrist: die von mir aufgenommenen königlichen Gelder sind auch weg; um sie wieder zu erhaschen, setzte ich Alles aufs Spiel; zwar kann ich sie alle ersetzen, aber nur nicht gleich. Täglich erwarten wir ja Ordre, ich muß Rechenschaft ablegen, und dann — dann — Ach Gott! — meine Schande — die Ehre unseres Corps! — Er rang die Hände. — Nein, Alles ist verloren — aber ich danke dir — fügte er mit schwacher Stimme hinzu.</p><lb/> <p>Keinen Dank! rief Holger. Es geschieht um deinetwillen wahrlich nicht. Aber dieses Kleid darf keinen Flecken tragen. Ich schaffe auch das Geld, aber dann, du mußt dich schlagen, gleich morgen früh vor dem<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0060]
sich mit verhaltenem Ingrimm vor ihn hin. Was muß ich erfahren! sagte er gepreßt.
Laß mich, erwiderte John rauh; ich hatte den Kopf verloren, mir schwindelt noch, tausend Thaler Schulden, und keine tausend Heller!
Die Ehre unsres Corps, die der Uniform, der Flagge, der du geschworen —
Das ist es ja eben, was mich rasend macht! entgegnete er dumpf.
Dies Wort träufelte wie Balsam in Holger's aufgeregte Seele; eine Art von Mitleid mit dem Elenden füllte seine Brust. Kann sie noch gerettet werden, soll es geschehen, versetzte er rasch. Ich schaffe Geld. Nein! nein! sagte John kopfschüttelnd. Die Summe rettet mich doch nicht; ich bin dennoch verloren. Es ist nur eine Galgenfrist: die von mir aufgenommenen königlichen Gelder sind auch weg; um sie wieder zu erhaschen, setzte ich Alles aufs Spiel; zwar kann ich sie alle ersetzen, aber nur nicht gleich. Täglich erwarten wir ja Ordre, ich muß Rechenschaft ablegen, und dann — dann — Ach Gott! — meine Schande — die Ehre unseres Corps! — Er rang die Hände. — Nein, Alles ist verloren — aber ich danke dir — fügte er mit schwacher Stimme hinzu.
Keinen Dank! rief Holger. Es geschieht um deinetwillen wahrlich nicht. Aber dieses Kleid darf keinen Flecken tragen. Ich schaffe auch das Geld, aber dann, du mußt dich schlagen, gleich morgen früh vor dem
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Zitationshilfe: | Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kruse_freundschaft_1910/60>, abgerufen am 20.07.2024. |