Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.segelfertigen Schiffs bestimmten Tage trat Dieser, um sein Jenem gegebenes Wort zu erfüllen, ziemlich spät in den Billardsaal, aus dem ihm ein tobendes Brüllen entgegenschallte, das ihn bei einem ausgelassenen Abschiedsschmause roher Männer eben nicht befremdete. Nur mit Mühe hatte er selbst sich demselben entziehen können. Den französischen Freund fand er nicht, aber welcher Anblick stellte sich seinem Auge dar! Mitten in der halb entkleideten, ganz betrunkenen Versammlung, unter welcher er auch einige Individuen von der Garnison in Civilkleidern bemerkte, sah er den fremden Chef auf die ausgezogene Uniform seines Corps, an der ihm genugsam bekannte Epauletts noch hafteten, und die auf dem halb zerstörten Spieltische lag, unter lautem Fluchen mit einem Stocke losprügeln. Verworrenes Geschrei, Gelächter, Flüche waren die Musik zu triefen Schlägen, und mit deutlichem Grimm in ihren Zügen stürzten ihm seine wenigen Landsleute entgegen, als er wie gewöhnlich in voller Uniform herein trat. Er stand einen Augenblick wie versteinert, dann zog er auf einmal rasch den Säbel und rief mit einer Würde und Kraft, die gleichsam eine plötzliche Nüchternheit unter dem größten Theile der Versammlung hervorzauberte: Was giebt's hier? Wer wagt auf solche Weise die Uniform dieses Landes und die, welche ich trage, zu beschimpfen? Gebt Antwort, ihr Fremden, und Rechenschaft! Weil der Schuft, stammelte der Chef, mir die 1000 segelfertigen Schiffs bestimmten Tage trat Dieser, um sein Jenem gegebenes Wort zu erfüllen, ziemlich spät in den Billardsaal, aus dem ihm ein tobendes Brüllen entgegenschallte, das ihn bei einem ausgelassenen Abschiedsschmause roher Männer eben nicht befremdete. Nur mit Mühe hatte er selbst sich demselben entziehen können. Den französischen Freund fand er nicht, aber welcher Anblick stellte sich seinem Auge dar! Mitten in der halb entkleideten, ganz betrunkenen Versammlung, unter welcher er auch einige Individuen von der Garnison in Civilkleidern bemerkte, sah er den fremden Chef auf die ausgezogene Uniform seines Corps, an der ihm genugsam bekannte Epauletts noch hafteten, und die auf dem halb zerstörten Spieltische lag, unter lautem Fluchen mit einem Stocke losprügeln. Verworrenes Geschrei, Gelächter, Flüche waren die Musik zu triefen Schlägen, und mit deutlichem Grimm in ihren Zügen stürzten ihm seine wenigen Landsleute entgegen, als er wie gewöhnlich in voller Uniform herein trat. Er stand einen Augenblick wie versteinert, dann zog er auf einmal rasch den Säbel und rief mit einer Würde und Kraft, die gleichsam eine plötzliche Nüchternheit unter dem größten Theile der Versammlung hervorzauberte: Was giebt's hier? Wer wagt auf solche Weise die Uniform dieses Landes und die, welche ich trage, zu beschimpfen? Gebt Antwort, ihr Fremden, und Rechenschaft! Weil der Schuft, stammelte der Chef, mir die 1000 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0058"/> segelfertigen Schiffs bestimmten Tage trat Dieser, um sein Jenem gegebenes Wort zu erfüllen, ziemlich spät in den Billardsaal, aus dem ihm ein tobendes Brüllen entgegenschallte, das ihn bei einem ausgelassenen Abschiedsschmause roher Männer eben nicht befremdete. Nur mit Mühe hatte er selbst sich demselben entziehen können. Den französischen Freund fand er nicht, aber welcher Anblick stellte sich seinem Auge dar! Mitten in der halb entkleideten, ganz betrunkenen Versammlung, unter welcher er auch einige Individuen von der Garnison in Civilkleidern bemerkte, sah er den fremden Chef auf die ausgezogene Uniform seines Corps, an der ihm genugsam bekannte Epauletts noch hafteten, und die auf dem halb zerstörten Spieltische lag, unter lautem Fluchen mit einem Stocke losprügeln. Verworrenes Geschrei, Gelächter, Flüche waren die Musik zu triefen Schlägen, und mit deutlichem Grimm in ihren Zügen stürzten ihm seine wenigen Landsleute entgegen, als er wie gewöhnlich in voller Uniform herein trat. Er stand einen Augenblick wie versteinert, dann zog er auf einmal rasch den Säbel und rief mit einer Würde und Kraft, die gleichsam eine plötzliche Nüchternheit unter dem größten Theile der Versammlung hervorzauberte: Was giebt's hier? Wer wagt auf solche Weise die Uniform dieses Landes und die, welche ich trage, zu beschimpfen? Gebt Antwort, ihr Fremden, und Rechenschaft!</p><lb/> <p>Weil der Schuft, stammelte der Chef, mir die 1000<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0058]
segelfertigen Schiffs bestimmten Tage trat Dieser, um sein Jenem gegebenes Wort zu erfüllen, ziemlich spät in den Billardsaal, aus dem ihm ein tobendes Brüllen entgegenschallte, das ihn bei einem ausgelassenen Abschiedsschmause roher Männer eben nicht befremdete. Nur mit Mühe hatte er selbst sich demselben entziehen können. Den französischen Freund fand er nicht, aber welcher Anblick stellte sich seinem Auge dar! Mitten in der halb entkleideten, ganz betrunkenen Versammlung, unter welcher er auch einige Individuen von der Garnison in Civilkleidern bemerkte, sah er den fremden Chef auf die ausgezogene Uniform seines Corps, an der ihm genugsam bekannte Epauletts noch hafteten, und die auf dem halb zerstörten Spieltische lag, unter lautem Fluchen mit einem Stocke losprügeln. Verworrenes Geschrei, Gelächter, Flüche waren die Musik zu triefen Schlägen, und mit deutlichem Grimm in ihren Zügen stürzten ihm seine wenigen Landsleute entgegen, als er wie gewöhnlich in voller Uniform herein trat. Er stand einen Augenblick wie versteinert, dann zog er auf einmal rasch den Säbel und rief mit einer Würde und Kraft, die gleichsam eine plötzliche Nüchternheit unter dem größten Theile der Versammlung hervorzauberte: Was giebt's hier? Wer wagt auf solche Weise die Uniform dieses Landes und die, welche ich trage, zu beschimpfen? Gebt Antwort, ihr Fremden, und Rechenschaft!
Weil der Schuft, stammelte der Chef, mir die 1000
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Zitationshilfe: | Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kruse_freundschaft_1910/58>, abgerufen am 20.07.2024. |