Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Zeit glaubte der Chef nicht zögern zu dürfen, und trotz der Fortdauer der herbstlichen Stürme, deren Gewalt sie kaum entronnen waren, schiffte er sich, nachdem ein großer Theil der Mannschaft abgedankt war, mit den älteren Offizieren auf einer kleinen Jacht ein, um nach der Königsstadt zu eilen. Nur die jüngern mußten, der Regel gemäß, zurückbleiben, um das Gut des Königs, Kanonen, Munition, kurz Alles, was von dem Schiffe wieder gebraucht werden konnte, zu retten und zu bewachen. Unter diese gehörten nun vor allen die zwei Freunde, denen ein tückisches Verhängniß auch hier in John's Person ihren bösen Dämon zugesellte. Ihr Geschäft war mit vielen Schwierigkeiten verbunden und erforderte zu Aller Verdruß eine lange, unbestimmte Zeit, obgleich zu hoffen stand, daß die noch nicht völlig ausgebrochenen Feindseligkeiten während der bevorstehenden Wintermonate ruhen würden. Dazu kam noch der Aufenthalt in einem kleinen Neste, das, an der Küste gelegen, einige Schanzen zur Vertheidigung seines Hafens besaß, die in der Eile ausgebessert und von jungen Landsoldaten besetzt wurden, mit welchen die Marine damals aus einer alten, freilich kindischen Animosität, die doch noch immer von jugendlichen Reibungen genährt war, auf einem gespannten Fuße selbst im Dienste sich befand. Das geheime Verhältniß der Freunde zu John vermehrte noch ihren Unmuth. Woldemar, der oft mit dem gutmüthigen Holger im Anfang der zurückgelegten Zeit glaubte der Chef nicht zögern zu dürfen, und trotz der Fortdauer der herbstlichen Stürme, deren Gewalt sie kaum entronnen waren, schiffte er sich, nachdem ein großer Theil der Mannschaft abgedankt war, mit den älteren Offizieren auf einer kleinen Jacht ein, um nach der Königsstadt zu eilen. Nur die jüngern mußten, der Regel gemäß, zurückbleiben, um das Gut des Königs, Kanonen, Munition, kurz Alles, was von dem Schiffe wieder gebraucht werden konnte, zu retten und zu bewachen. Unter diese gehörten nun vor allen die zwei Freunde, denen ein tückisches Verhängniß auch hier in John's Person ihren bösen Dämon zugesellte. Ihr Geschäft war mit vielen Schwierigkeiten verbunden und erforderte zu Aller Verdruß eine lange, unbestimmte Zeit, obgleich zu hoffen stand, daß die noch nicht völlig ausgebrochenen Feindseligkeiten während der bevorstehenden Wintermonate ruhen würden. Dazu kam noch der Aufenthalt in einem kleinen Neste, das, an der Küste gelegen, einige Schanzen zur Vertheidigung seines Hafens besaß, die in der Eile ausgebessert und von jungen Landsoldaten besetzt wurden, mit welchen die Marine damals aus einer alten, freilich kindischen Animosität, die doch noch immer von jugendlichen Reibungen genährt war, auf einem gespannten Fuße selbst im Dienste sich befand. Das geheime Verhältniß der Freunde zu John vermehrte noch ihren Unmuth. Woldemar, der oft mit dem gutmüthigen Holger im Anfang der zurückgelegten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0052"/> Zeit glaubte der Chef nicht zögern zu dürfen, und trotz der Fortdauer der herbstlichen Stürme, deren Gewalt sie kaum entronnen waren, schiffte er sich, nachdem ein großer Theil der Mannschaft abgedankt war, mit den älteren Offizieren auf einer kleinen Jacht ein, um nach der Königsstadt zu eilen. Nur die jüngern mußten, der Regel gemäß, zurückbleiben, um das Gut des Königs, Kanonen, Munition, kurz Alles, was von dem Schiffe wieder gebraucht werden konnte, zu retten und zu bewachen. Unter diese gehörten nun vor allen die zwei Freunde, denen ein tückisches Verhängniß auch hier in John's Person ihren bösen Dämon zugesellte. Ihr Geschäft war mit vielen Schwierigkeiten verbunden und erforderte zu Aller Verdruß eine lange, unbestimmte Zeit, obgleich zu hoffen stand, daß die noch nicht völlig ausgebrochenen Feindseligkeiten während der bevorstehenden Wintermonate ruhen würden. Dazu kam noch der Aufenthalt in einem kleinen Neste, das, an der Küste gelegen, einige Schanzen zur Vertheidigung seines Hafens besaß, die in der Eile ausgebessert und von jungen Landsoldaten besetzt wurden, mit welchen die Marine damals aus einer alten, freilich kindischen Animosität, die doch noch immer von jugendlichen Reibungen genährt war, auf einem gespannten Fuße selbst im Dienste sich befand.</p><lb/> <p>Das geheime Verhältniß der Freunde zu John vermehrte noch ihren Unmuth. Woldemar, der oft mit dem gutmüthigen Holger im Anfang der zurückgelegten<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0052]
Zeit glaubte der Chef nicht zögern zu dürfen, und trotz der Fortdauer der herbstlichen Stürme, deren Gewalt sie kaum entronnen waren, schiffte er sich, nachdem ein großer Theil der Mannschaft abgedankt war, mit den älteren Offizieren auf einer kleinen Jacht ein, um nach der Königsstadt zu eilen. Nur die jüngern mußten, der Regel gemäß, zurückbleiben, um das Gut des Königs, Kanonen, Munition, kurz Alles, was von dem Schiffe wieder gebraucht werden konnte, zu retten und zu bewachen. Unter diese gehörten nun vor allen die zwei Freunde, denen ein tückisches Verhängniß auch hier in John's Person ihren bösen Dämon zugesellte. Ihr Geschäft war mit vielen Schwierigkeiten verbunden und erforderte zu Aller Verdruß eine lange, unbestimmte Zeit, obgleich zu hoffen stand, daß die noch nicht völlig ausgebrochenen Feindseligkeiten während der bevorstehenden Wintermonate ruhen würden. Dazu kam noch der Aufenthalt in einem kleinen Neste, das, an der Küste gelegen, einige Schanzen zur Vertheidigung seines Hafens besaß, die in der Eile ausgebessert und von jungen Landsoldaten besetzt wurden, mit welchen die Marine damals aus einer alten, freilich kindischen Animosität, die doch noch immer von jugendlichen Reibungen genährt war, auf einem gespannten Fuße selbst im Dienste sich befand.
Das geheime Verhältniß der Freunde zu John vermehrte noch ihren Unmuth. Woldemar, der oft mit dem gutmüthigen Holger im Anfang der zurückgelegten
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Zitationshilfe: | Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kruse_freundschaft_1910/52>, abgerufen am 20.07.2024. |