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Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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gewiß den Seelen der beiden Jünglinge auch vorgeschwebt haben mochte. Es schien aber, als ob jeder Unmuth in der rauschenden und lärmenden Freude, welche der Geburtstag des Königs mit sich führte, untergegangen wäre. Ein glänzender Ball wurde selbst in der Akademie gegeben; kleine Herzensangelegenheiten wurden rege, und die immer mehr erwachenden Leidenschaften der Jünglinge erhielten nur Gleichgewicht von dem edlen Stolze, den ihnen ihr Stand einflößte, und welcher hier unter dieser glänzenden Feierlichkeit, bei der Jeder in zierlicher Uniform erschien, obgleich nicht ganz ohne Neid die goldenen Epauletts der Offiziere betrachtend, nach denen sich Alle so innig sehnten, reichen Anlaß fand, sich in Haltung und Miene um so würdiger darzustellen, da die Gegenwart des Königs, dem sie Leben, Blut und Ehre geweiht, noch denselben Vormittag sie durch seine Huld ihm gleichsam näher gerückt hatte; auch fanden sie keine Worte, um ihre Freude an diesem Tage, der ihnen und dem Lande ihn geschenkt, auszudrücken.

Sicher, daß keiner von seinen Schülern die Würde ihres Standes vergessen konnte, hatte der lebensfrohe, selbst von Freude berauschte patriotische Chef ihre jugendliche Ausgelassenheit nicht beschränken wollen; und noch während die eingeladenen Gäste und die jungen Cadetten sich in langen Reihen, von der rauschenden vollen Musik begleitet, herumwirbelten, leerte in dem Nebenzimmer die ältere Klasse mit den neugewordenen

gewiß den Seelen der beiden Jünglinge auch vorgeschwebt haben mochte. Es schien aber, als ob jeder Unmuth in der rauschenden und lärmenden Freude, welche der Geburtstag des Königs mit sich führte, untergegangen wäre. Ein glänzender Ball wurde selbst in der Akademie gegeben; kleine Herzensangelegenheiten wurden rege, und die immer mehr erwachenden Leidenschaften der Jünglinge erhielten nur Gleichgewicht von dem edlen Stolze, den ihnen ihr Stand einflößte, und welcher hier unter dieser glänzenden Feierlichkeit, bei der Jeder in zierlicher Uniform erschien, obgleich nicht ganz ohne Neid die goldenen Epauletts der Offiziere betrachtend, nach denen sich Alle so innig sehnten, reichen Anlaß fand, sich in Haltung und Miene um so würdiger darzustellen, da die Gegenwart des Königs, dem sie Leben, Blut und Ehre geweiht, noch denselben Vormittag sie durch seine Huld ihm gleichsam näher gerückt hatte; auch fanden sie keine Worte, um ihre Freude an diesem Tage, der ihnen und dem Lande ihn geschenkt, auszudrücken.

Sicher, daß keiner von seinen Schülern die Würde ihres Standes vergessen konnte, hatte der lebensfrohe, selbst von Freude berauschte patriotische Chef ihre jugendliche Ausgelassenheit nicht beschränken wollen; und noch während die eingeladenen Gäste und die jungen Cadetten sich in langen Reihen, von der rauschenden vollen Musik begleitet, herumwirbelten, leerte in dem Nebenzimmer die ältere Klasse mit den neugewordenen

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T13:52:36Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T13:52:36Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kruse_freundschaft_1910/19>, abgerufen am 24.11.2024.