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Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905.

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hinzielenden sozialen Ausgaben, die der Lehrerin an der hö-
hern Mädchenschule zuerst häufig fern lagen, in das Bereich
der Vereinsarbeit gerückt.

Von ganz besonderer Bedeutung aber - und das erklärt
die eingehende Behandlung, die ich im Gegensatz zu der Ar-
beit anderer großer Frauen-Berufsgenossenschaften dem Wirken
des Allgemeinen Deutschen Lehrerinnenvereins in meinen Aus-
führungen zu teil werden lasse - war es, daß von vornher-
ein die Lehrerinnen nicht um ihrer Eigeninteressen willen,
nicht nur um ihren Stand angesehener zu machen, um ihre
Berufsbildung zu vertiefen, sich zusammenschloßen. Von vorn-
herein sahen ihre Führerinnen die Bedeutung der
Lehrerinnenbewegung darin, daß durch die Hebung
des Lehrerinnenstandes zugleich auf die Entwicklung
der gesamten weiblichen Jugend Einfluß geübt wer-
den könne
. Dieser Einfluß mußte um so bedeutsamer wer-
den, je umfassender die schon oben erwähnte Forderung
vermehrter Einstellung von Lehrerinnen in öffentlichen und
privaten Schulen zur Durchführung gelangte. Von der Sehn-
sucht erfüllt, unserm deutschen Volke Frauen und Mütter zu
schaffen, die - wie Luise Otto-Peters, die Gründerin des
Allg. Dtsch. Frauenvereins, das einst als Ziel der Frauenbe-
wegung hingestellt hatte - "gleich den Männern ihrer Hei-
mat wert sich zeigen", traten die Lehrerinnen in den Kampf
um eigene Höherentwicklung ein. Sich selbst wollten sie schulen,
um dadurch zu Erzieherinnen zu werden, wie das heranwach-
sende Frauengeschlecht sie brauchte. Das gesamte Gebiet der
Frauenbildung unterzogen sie - oft in bewußtem Gegensatz
zu den bis dahin allein herrschenden männlichen Anschauungen
- einer Prüfung vom Standpunkt der Frau aus, da sie
sich als Frauen berufen und befähigt fühlten, über die Her-

hinzielenden sozialen Ausgaben, die der Lehrerin an der hö-
hern Mädchenschule zuerst häufig fern lagen, in das Bereich
der Vereinsarbeit gerückt.

Von ganz besonderer Bedeutung aber – und das erklärt
die eingehende Behandlung, die ich im Gegensatz zu der Ar-
beit anderer großer Frauen-Berufsgenossenschaften dem Wirken
des Allgemeinen Deutschen Lehrerinnenvereins in meinen Aus-
führungen zu teil werden lasse – war es, daß von vornher-
ein die Lehrerinnen nicht um ihrer Eigeninteressen willen,
nicht nur um ihren Stand angesehener zu machen, um ihre
Berufsbildung zu vertiefen, sich zusammenschloßen. Von vorn-
herein sahen ihre Führerinnen die Bedeutung der
Lehrerinnenbewegung darin, daß durch die Hebung
des Lehrerinnenstandes zugleich auf die Entwicklung
der gesamten weiblichen Jugend Einfluß geübt wer-
den könne
. Dieser Einfluß mußte um so bedeutsamer wer-
den, je umfassender die schon oben erwähnte Forderung
vermehrter Einstellung von Lehrerinnen in öffentlichen und
privaten Schulen zur Durchführung gelangte. Von der Sehn-
sucht erfüllt, unserm deutschen Volke Frauen und Mütter zu
schaffen, die – wie Luise Otto-Peters, die Gründerin des
Allg. Dtsch. Frauenvereins, das einst als Ziel der Frauenbe-
wegung hingestellt hatte – „gleich den Männern ihrer Hei-
mat wert sich zeigen“, traten die Lehrerinnen in den Kampf
um eigene Höherentwicklung ein. Sich selbst wollten sie schulen,
um dadurch zu Erzieherinnen zu werden, wie das heranwach-
sende Frauengeschlecht sie brauchte. Das gesamte Gebiet der
Frauenbildung unterzogen sie – oft in bewußtem Gegensatz
zu den bis dahin allein herrschenden männlichen Anschauungen
– einer Prüfung vom Standpunkt der Frau aus, da sie
sich als Frauen berufen und befähigt fühlten, über die Her-

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[46/0056] hinzielenden sozialen Ausgaben, die der Lehrerin an der hö- hern Mädchenschule zuerst häufig fern lagen, in das Bereich der Vereinsarbeit gerückt. Von ganz besonderer Bedeutung aber – und das erklärt die eingehende Behandlung, die ich im Gegensatz zu der Ar- beit anderer großer Frauen-Berufsgenossenschaften dem Wirken des Allgemeinen Deutschen Lehrerinnenvereins in meinen Aus- führungen zu teil werden lasse – war es, daß von vornher- ein die Lehrerinnen nicht um ihrer Eigeninteressen willen, nicht nur um ihren Stand angesehener zu machen, um ihre Berufsbildung zu vertiefen, sich zusammenschloßen. Von vorn- herein sahen ihre Führerinnen die Bedeutung der Lehrerinnenbewegung darin, daß durch die Hebung des Lehrerinnenstandes zugleich auf die Entwicklung der gesamten weiblichen Jugend Einfluß geübt wer- den könne. Dieser Einfluß mußte um so bedeutsamer wer- den, je umfassender die schon oben erwähnte Forderung vermehrter Einstellung von Lehrerinnen in öffentlichen und privaten Schulen zur Durchführung gelangte. Von der Sehn- sucht erfüllt, unserm deutschen Volke Frauen und Mütter zu schaffen, die – wie Luise Otto-Peters, die Gründerin des Allg. Dtsch. Frauenvereins, das einst als Ziel der Frauenbe- wegung hingestellt hatte – „gleich den Männern ihrer Hei- mat wert sich zeigen“, traten die Lehrerinnen in den Kampf um eigene Höherentwicklung ein. Sich selbst wollten sie schulen, um dadurch zu Erzieherinnen zu werden, wie das heranwach- sende Frauengeschlecht sie brauchte. Das gesamte Gebiet der Frauenbildung unterzogen sie – oft in bewußtem Gegensatz zu den bis dahin allein herrschenden männlichen Anschauungen – einer Prüfung vom Standpunkt der Frau aus, da sie sich als Frauen berufen und befähigt fühlten, über die Her-

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-11-13T13:59:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-08-20T13:59:15Z)
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Zitationshilfe: Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krukenberg_frauenbewegung_1905/56>, abgerufen am 24.11.2024.