Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905.

Bild:
<< vorherige Seite

mit darum, das im Schulunterricht Gebotene noch zu ver-
tiefen, den allzufrüh ins Leben eintretenden Kindern noch
weiterhin Richtung und Halt zu geben, über die Schulzeit hin-
aus Einfluß zum Guten auf sie zu üben. Solcher Pflicht, dar-
über dürfen wir uns nicht täuschen, wird nur eine Minder-
zahl unserer Hausfrauen, denen es z. T. einfach an Zeit da-
für fehlt, gerecht. Bei Mädchen, die in andere Berufe ein-
treten, ist solche Beeinflussung noch seltener, obwohl sie ihnen
bei der so sehr viel größeren Freiheit und den vielen Ver-
suchungen, die an sie herantreten, dringend not täte.

Die Zeit für Fortbildungsunterricht frei zu geben, müßte,
sobald der Fortbildungsschulzwang ausgedehnt wird, die Dienst-
herrschaft genau wie andere Arbeitgeber verpflichtet werden.
Zu berücksichtigen ist dabei, daß es sich ja nur um ganz junge
Mädchen, die gleich nach Verlassen der Schule in Dienst gehen,
also nur um eine Minderheit von Dienstboten handelt. Wenn
wir Fortbildung der Mädchen als ebenso zwingende Forde-
rung erkennen lernen wie Fortbildung der Knaben, muß das
Jnteresse der Allgemeinheit dem Jnteresse des einzelnen Ar-
beitgebers voranstehen. Wer in der Lage ist, sich Dienstboten
zu halten, für den insbesondere sollte es selbstverständliche
Pflicht werden, ihrer Wohlfahrt, der Sorge für ihre Zukunft
nicht hindernd im Wege zu stehen. Jst es doch eine große
Bevorzugung der Frauen der besitzenden Klassen, daß sie sich
Hilfskräfte halten dürfen, während ihre weniger bemittelten
Schwestern die ganze Last der Arbeit und Verantwortung all-
ein tragen müssen.

Eine besondere Art von Fortbildungsunterricht, wie er
uns in Baden, in der Pfalz, im Siegerland begegnet, möchte
sich zur Durchführung in allen ländlichen Distrikten empfehlen:
Die Wanderkochkurse, bei denen die Lehrerin mit den nö-

Krukenberg, Frauenbewegung. 2

mit darum, das im Schulunterricht Gebotene noch zu ver-
tiefen, den allzufrüh ins Leben eintretenden Kindern noch
weiterhin Richtung und Halt zu geben, über die Schulzeit hin-
aus Einfluß zum Guten auf sie zu üben. Solcher Pflicht, dar-
über dürfen wir uns nicht täuschen, wird nur eine Minder-
zahl unserer Hausfrauen, denen es z. T. einfach an Zeit da-
für fehlt, gerecht. Bei Mädchen, die in andere Berufe ein-
treten, ist solche Beeinflussung noch seltener, obwohl sie ihnen
bei der so sehr viel größeren Freiheit und den vielen Ver-
suchungen, die an sie herantreten, dringend not täte.

Die Zeit für Fortbildungsunterricht frei zu geben, müßte,
sobald der Fortbildungsschulzwang ausgedehnt wird, die Dienst-
herrschaft genau wie andere Arbeitgeber verpflichtet werden.
Zu berücksichtigen ist dabei, daß es sich ja nur um ganz junge
Mädchen, die gleich nach Verlassen der Schule in Dienst gehen,
also nur um eine Minderheit von Dienstboten handelt. Wenn
wir Fortbildung der Mädchen als ebenso zwingende Forde-
rung erkennen lernen wie Fortbildung der Knaben, muß das
Jnteresse der Allgemeinheit dem Jnteresse des einzelnen Ar-
beitgebers voranstehen. Wer in der Lage ist, sich Dienstboten
zu halten, für den insbesondere sollte es selbstverständliche
Pflicht werden, ihrer Wohlfahrt, der Sorge für ihre Zukunft
nicht hindernd im Wege zu stehen. Jst es doch eine große
Bevorzugung der Frauen der besitzenden Klassen, daß sie sich
Hilfskräfte halten dürfen, während ihre weniger bemittelten
Schwestern die ganze Last der Arbeit und Verantwortung all-
ein tragen müssen.

Eine besondere Art von Fortbildungsunterricht, wie er
uns in Baden, in der Pfalz, im Siegerland begegnet, möchte
sich zur Durchführung in allen ländlichen Distrikten empfehlen:
Die Wanderkochkurse, bei denen die Lehrerin mit den nö-

Krukenberg, Frauenbewegung. 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0027" n="17"/>
mit darum, das im Schulunterricht Gebotene noch zu ver-<lb/>
tiefen, den allzufrüh ins Leben eintretenden Kindern noch<lb/>
weiterhin Richtung und Halt zu geben, über die Schulzeit hin-<lb/>
aus Einfluß zum Guten auf sie zu üben. Solcher Pflicht, dar-<lb/>
über dürfen wir uns nicht täuschen, wird nur eine Minder-<lb/>
zahl unserer Hausfrauen, denen es z. T. einfach an Zeit da-<lb/>
für fehlt, gerecht. Bei Mädchen, die in andere Berufe ein-<lb/>
treten, ist solche Beeinflussung noch seltener, obwohl sie ihnen<lb/>
bei der so sehr viel größeren Freiheit und den vielen Ver-<lb/>
suchungen, die an sie herantreten, dringend not täte.</p><lb/>
        <p>Die Zeit für Fortbildungsunterricht frei zu geben, müßte,<lb/>
sobald der Fortbildungsschulzwang ausgedehnt wird, die Dienst-<lb/>
herrschaft genau wie andere Arbeitgeber verpflichtet werden.<lb/>
Zu berücksichtigen ist dabei, daß es sich ja nur um ganz junge<lb/>
Mädchen, die gleich nach Verlassen der Schule in Dienst gehen,<lb/>
also nur um eine Minderheit von Dienstboten handelt. Wenn<lb/>
wir Fortbildung der Mädchen als ebenso zwingende Forde-<lb/>
rung erkennen lernen wie Fortbildung der Knaben, <hi rendition="#g">muß</hi> das<lb/>
Jnteresse der Allgemeinheit dem Jnteresse des einzelnen Ar-<lb/>
beitgebers voranstehen. Wer in der Lage ist, sich Dienstboten<lb/>
zu halten, für den insbesondere sollte es selbstverständliche<lb/>
Pflicht werden, ihrer Wohlfahrt, der Sorge für ihre Zukunft<lb/>
nicht hindernd im Wege zu stehen. Jst es doch eine große<lb/>
Bevorzugung der Frauen der besitzenden Klassen, daß sie sich<lb/>
Hilfskräfte halten dürfen, während ihre weniger bemittelten<lb/>
Schwestern die ganze Last der Arbeit und Verantwortung all-<lb/>
ein tragen müssen.</p><lb/>
        <p>Eine besondere Art von Fortbildungsunterricht, wie er<lb/>
uns in Baden, in der Pfalz, im Siegerland begegnet, möchte<lb/>
sich zur Durchführung in allen ländlichen Distrikten empfehlen:<lb/>
Die <hi rendition="#g">Wanderkochkurse</hi>, bei denen die Lehrerin mit den nö-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Krukenberg,</hi> Frauenbewegung. 2</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[17/0027] mit darum, das im Schulunterricht Gebotene noch zu ver- tiefen, den allzufrüh ins Leben eintretenden Kindern noch weiterhin Richtung und Halt zu geben, über die Schulzeit hin- aus Einfluß zum Guten auf sie zu üben. Solcher Pflicht, dar- über dürfen wir uns nicht täuschen, wird nur eine Minder- zahl unserer Hausfrauen, denen es z. T. einfach an Zeit da- für fehlt, gerecht. Bei Mädchen, die in andere Berufe ein- treten, ist solche Beeinflussung noch seltener, obwohl sie ihnen bei der so sehr viel größeren Freiheit und den vielen Ver- suchungen, die an sie herantreten, dringend not täte. Die Zeit für Fortbildungsunterricht frei zu geben, müßte, sobald der Fortbildungsschulzwang ausgedehnt wird, die Dienst- herrschaft genau wie andere Arbeitgeber verpflichtet werden. Zu berücksichtigen ist dabei, daß es sich ja nur um ganz junge Mädchen, die gleich nach Verlassen der Schule in Dienst gehen, also nur um eine Minderheit von Dienstboten handelt. Wenn wir Fortbildung der Mädchen als ebenso zwingende Forde- rung erkennen lernen wie Fortbildung der Knaben, muß das Jnteresse der Allgemeinheit dem Jnteresse des einzelnen Ar- beitgebers voranstehen. Wer in der Lage ist, sich Dienstboten zu halten, für den insbesondere sollte es selbstverständliche Pflicht werden, ihrer Wohlfahrt, der Sorge für ihre Zukunft nicht hindernd im Wege zu stehen. Jst es doch eine große Bevorzugung der Frauen der besitzenden Klassen, daß sie sich Hilfskräfte halten dürfen, während ihre weniger bemittelten Schwestern die ganze Last der Arbeit und Verantwortung all- ein tragen müssen. Eine besondere Art von Fortbildungsunterricht, wie er uns in Baden, in der Pfalz, im Siegerland begegnet, möchte sich zur Durchführung in allen ländlichen Distrikten empfehlen: Die Wanderkochkurse, bei denen die Lehrerin mit den nö- Krukenberg, Frauenbewegung. 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-11-13T13:59:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-08-20T13:59:15Z)
Anna Pfundt: Konvertierung nach DTA-Basisformat. (2015-08-06T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: gekennzeichnet; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: wie Vorlage; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/krukenberg_frauenbewegung_1905
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/krukenberg_frauenbewegung_1905/27
Zitationshilfe: Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krukenberg_frauenbewegung_1905/27>, abgerufen am 24.11.2024.