Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905.von einander abweichenden, immer getrennten Erziehung in Gegen solche Unnatur lehnte die Frauenbewegung sich auf. Freilich gilt es - angesichts des Anwachsens unsauberer von einander abweichenden, immer getrennten Erziehung in Gegen solche Unnatur lehnte die Frauenbewegung sich auf. Freilich gilt es – angesichts des Anwachsens unsauberer <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0199" n="189"/> von einander abweichenden, immer getrennten Erziehung in<lb/> ihrem ganzen Denken und Empfinden geworden waren, wie<lb/> wenig Gemeinsames sie – in jeder Beziehung – besaßen, das<lb/> wurde ihnen oft erst nach der Heirat recht klar, wenn es zu<lb/> spät war zu einem Zurück. Daher die große Zahl mit innerer<lb/> Abneigung oder doch gleichgültig nebeneinander herlebender<lb/> Eheleute. Daher die niedrige Schätzung der Ehe und ehelichen<lb/> Treue in weiten Kreisen unseres Volkes.</p><lb/> <p>Gegen solche Unnatur lehnte die Frauenbewegung sich auf.<lb/> Gemeinsamkeit der Erziehung, natürlicher unbefangener Ver-<lb/> kehr zwischen Knaben und Mädchen ist zu einem ihrer Losungs-<lb/> worte geworden. Berufsleben, Ehe und gesellschaftlichen Ver-<lb/> kehr hofft sie damit auf gesundere, reinere Grundlage zu stellen.<lb/> Um solchen Verkehr zu ermöglichen, muß man auch unseren<lb/> jungen Mädchen größere Bewegungsfreiheit geben, muß sie<lb/> mehr, als das bisher geschah, gewöhnen, unter Selbstverant-<lb/> wortlichkeit zu handeln. Auch in ihrer Lektüre lasse man ihnen<lb/> größere Freiheit, verderbe nicht durch seichteste Backfischlitera-<lb/> tur ihr gesundes Empfinden, überfüttere sie nicht mit sentimen-<lb/> talen unwirklichen Romanen. Als wenn es ihnen Schaden tun<lb/> könne, wenn sie frühzeitig unsere großen Dichter zur Hand<lb/> nähmen und wenn sie auch durch einen von ihnen – durch<lb/> Goethe vielleicht, der so ganz und so wundervoll Natur war<lb/> – schon vor der Ehe etwas von dem hörten, was nun doch<lb/> einmal das Schönste bleibt im menschlichen Leben, von der Hin-<lb/> gabe zwischen Weib und Mann.</p><lb/> <p>Freilich gilt es – angesichts des Anwachsens unsauberer<lb/> Literatur – eins zu beachten: vor Schlüpfrigem, Dekadentem<lb/> sollen wir unsere Jugend nach Möglichkeit bewahren. Daß<lb/> unsere moderne Entwicklung oft unerfreulichste Zustände zeitigt,<lb/> kann sich kein Einsichtiger verhehlen. Aber Verbote, Gesetze<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [189/0199]
von einander abweichenden, immer getrennten Erziehung in
ihrem ganzen Denken und Empfinden geworden waren, wie
wenig Gemeinsames sie – in jeder Beziehung – besaßen, das
wurde ihnen oft erst nach der Heirat recht klar, wenn es zu
spät war zu einem Zurück. Daher die große Zahl mit innerer
Abneigung oder doch gleichgültig nebeneinander herlebender
Eheleute. Daher die niedrige Schätzung der Ehe und ehelichen
Treue in weiten Kreisen unseres Volkes.
Gegen solche Unnatur lehnte die Frauenbewegung sich auf.
Gemeinsamkeit der Erziehung, natürlicher unbefangener Ver-
kehr zwischen Knaben und Mädchen ist zu einem ihrer Losungs-
worte geworden. Berufsleben, Ehe und gesellschaftlichen Ver-
kehr hofft sie damit auf gesundere, reinere Grundlage zu stellen.
Um solchen Verkehr zu ermöglichen, muß man auch unseren
jungen Mädchen größere Bewegungsfreiheit geben, muß sie
mehr, als das bisher geschah, gewöhnen, unter Selbstverant-
wortlichkeit zu handeln. Auch in ihrer Lektüre lasse man ihnen
größere Freiheit, verderbe nicht durch seichteste Backfischlitera-
tur ihr gesundes Empfinden, überfüttere sie nicht mit sentimen-
talen unwirklichen Romanen. Als wenn es ihnen Schaden tun
könne, wenn sie frühzeitig unsere großen Dichter zur Hand
nähmen und wenn sie auch durch einen von ihnen – durch
Goethe vielleicht, der so ganz und so wundervoll Natur war
– schon vor der Ehe etwas von dem hörten, was nun doch
einmal das Schönste bleibt im menschlichen Leben, von der Hin-
gabe zwischen Weib und Mann.
Freilich gilt es – angesichts des Anwachsens unsauberer
Literatur – eins zu beachten: vor Schlüpfrigem, Dekadentem
sollen wir unsere Jugend nach Möglichkeit bewahren. Daß
unsere moderne Entwicklung oft unerfreulichste Zustände zeitigt,
kann sich kein Einsichtiger verhehlen. Aber Verbote, Gesetze
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-11-13T13:59:15Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-08-20T13:59:15Z)
Anna Pfundt: Konvertierung nach DTA-Basisformat.
(2015-08-06T11:00:00Z)
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: gekennzeichnet; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: wie Vorlage; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: ja;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |