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Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905.

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Tierwelt.

Tritt ein Knabe dann ins Leben hinaus, so wird man
ihn, wie unsere Welt draußen ist, offen warnen und auf-
klären müssen. Auch über Prostitution, Geschlechtskrankheiten,
über die Rolle, die der Alkohol als Kuppler der Unsittlichkeit
spielt, ist man ihm ein offenes Wort schuldig. Unwissenheit
wird für viele zum Verhängnis. - Mädchen, die ihr Beruf
aus dem Hause heraus führt, wird man ebenfalls Aufklärung
schulden. Zu große Leichtgläubigkeit, blinde Vertrauensselig-
keit fordert ihre Opfer. - Mädchen dagegen, die im Eltern-
haus bleiben - ich weiß, daß ich damit radikaler denkenden
Aufklärern nicht entspreche - haben m. E. wenigstens in
jungen Jahren Detail-Mitteilungen über Geschlechtskrank-
heiten, Mädchenhandel und Prostitution und andere Nacht-
seiten unseres Lebens nicht nötig. Dagegen wird ihnen gegen-
über und unbeschadet jener Aufklärung auch unseren Söhnen
gegenüber das Wirksamste sein, wenn wir ihnen Liebe und Ehe
als etwas hohes, den ganzen Menschen Forderndes, jede Kom-
promißehe als Vergehen gegen das Höchste im Le-
ben
hinstellen.

Aber Worte allein tun es da nicht, auch durch Taten
müssen wir sprechen. Wer in der eigenen Familie reine Liebe
gesehen, wem die Eltern das Glück vorgelebt haben, das
Mann und Weib sich geben können, der trägt sichersten Weg-
weiser im Herzen. Der Glaube an die Macht reiner Liebe,
das instinktive Ablehnen alles Gemeinen, veredelte Freuden,
ein reicher Jnteressenkreis sind der beste Schutz gegen alle
Gefahren, die den Menschen herabzuziehen, ihn zum Tier, ja
tief unter das Tier herabzuwürdigen drohen.

Wird nun aber die Frauenbewegung in ihrer weiteren
Entwicklung veredelnd einwirken auf das Verhältnis zwischen

Tierwelt.

Tritt ein Knabe dann ins Leben hinaus, so wird man
ihn, wie unsere Welt draußen ist, offen warnen und auf-
klären müssen. Auch über Prostitution, Geschlechtskrankheiten,
über die Rolle, die der Alkohol als Kuppler der Unsittlichkeit
spielt, ist man ihm ein offenes Wort schuldig. Unwissenheit
wird für viele zum Verhängnis. – Mädchen, die ihr Beruf
aus dem Hause heraus führt, wird man ebenfalls Aufklärung
schulden. Zu große Leichtgläubigkeit, blinde Vertrauensselig-
keit fordert ihre Opfer. – Mädchen dagegen, die im Eltern-
haus bleiben – ich weiß, daß ich damit radikaler denkenden
Aufklärern nicht entspreche – haben m. E. wenigstens in
jungen Jahren Detail-Mitteilungen über Geschlechtskrank-
heiten, Mädchenhandel und Prostitution und andere Nacht-
seiten unseres Lebens nicht nötig. Dagegen wird ihnen gegen-
über und unbeschadet jener Aufklärung auch unseren Söhnen
gegenüber das Wirksamste sein, wenn wir ihnen Liebe und Ehe
als etwas hohes, den ganzen Menschen Forderndes, jede Kom-
promißehe als Vergehen gegen das Höchste im Le-
ben
hinstellen.

Aber Worte allein tun es da nicht, auch durch Taten
müssen wir sprechen. Wer in der eigenen Familie reine Liebe
gesehen, wem die Eltern das Glück vorgelebt haben, das
Mann und Weib sich geben können, der trägt sichersten Weg-
weiser im Herzen. Der Glaube an die Macht reiner Liebe,
das instinktive Ablehnen alles Gemeinen, veredelte Freuden,
ein reicher Jnteressenkreis sind der beste Schutz gegen alle
Gefahren, die den Menschen herabzuziehen, ihn zum Tier, ja
tief unter das Tier herabzuwürdigen drohen.

Wird nun aber die Frauenbewegung in ihrer weiteren
Entwicklung veredelnd einwirken auf das Verhältnis zwischen

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[183/0193] Tierwelt. Tritt ein Knabe dann ins Leben hinaus, so wird man ihn, wie unsere Welt draußen ist, offen warnen und auf- klären müssen. Auch über Prostitution, Geschlechtskrankheiten, über die Rolle, die der Alkohol als Kuppler der Unsittlichkeit spielt, ist man ihm ein offenes Wort schuldig. Unwissenheit wird für viele zum Verhängnis. – Mädchen, die ihr Beruf aus dem Hause heraus führt, wird man ebenfalls Aufklärung schulden. Zu große Leichtgläubigkeit, blinde Vertrauensselig- keit fordert ihre Opfer. – Mädchen dagegen, die im Eltern- haus bleiben – ich weiß, daß ich damit radikaler denkenden Aufklärern nicht entspreche – haben m. E. wenigstens in jungen Jahren Detail-Mitteilungen über Geschlechtskrank- heiten, Mädchenhandel und Prostitution und andere Nacht- seiten unseres Lebens nicht nötig. Dagegen wird ihnen gegen- über und unbeschadet jener Aufklärung auch unseren Söhnen gegenüber das Wirksamste sein, wenn wir ihnen Liebe und Ehe als etwas hohes, den ganzen Menschen Forderndes, jede Kom- promißehe als Vergehen gegen das Höchste im Le- ben hinstellen. Aber Worte allein tun es da nicht, auch durch Taten müssen wir sprechen. Wer in der eigenen Familie reine Liebe gesehen, wem die Eltern das Glück vorgelebt haben, das Mann und Weib sich geben können, der trägt sichersten Weg- weiser im Herzen. Der Glaube an die Macht reiner Liebe, das instinktive Ablehnen alles Gemeinen, veredelte Freuden, ein reicher Jnteressenkreis sind der beste Schutz gegen alle Gefahren, die den Menschen herabzuziehen, ihn zum Tier, ja tief unter das Tier herabzuwürdigen drohen. Wird nun aber die Frauenbewegung in ihrer weiteren Entwicklung veredelnd einwirken auf das Verhältnis zwischen

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-11-13T13:59:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krukenberg_frauenbewegung_1905/193>, abgerufen am 28.11.2024.