neuerdings die Berliner Polizei angewiesen worden ist, an- ständige Frauen vor Belästigung zu schützen und bereits in zahlreichen Fällen Männern gegenüber eingegriffen hat, zeigt, daß bei gutem Willen solch gleichmäßiges Vorgehen wohl möglich ist.
"Heute", so sagt Anna Pappritz, die Vorsitzende des Ber- liner Zweigvereins der internat. Föderation, "hat die Polizei die Pflicht, die Unsittlichkeit zu regeln und die Pro- stitution zu sanieren. Wir aber fordern von der Sittenpolizei, daß sie für Wahrung des öffentlichen Anstandes auf Straßen, in öffentlichen Lokalen rc. Sorge trägt. Sie hat die Pflicht, ehrbare Männer und Frauen vor allem aber die Jugend vor der öffentlichen Aufreizung zur Unsittlichkeit zu schützen, scham- lose Schaustellungen und Darstellungen, sei es in Theatern, Tingeltangeln oder Schaufenstern, zu inhibieren, die Schließung der Lokale, die dem § 33 der Gewerbe-Ordnung zuwider- laufen, anzuordnen. - Es ist eine vollkommene Verkennung der Tatsachen, daß mit Aufhebung der Reglementierung die öffentliche Ordnung und Sittlichkeit Schaden leiden, die trau- rigen Zustände sich in dieser Hinsicht verschlimmern würden. Wir hoffen gerade das Gegenteil. Heute bewirkt die Sitten- kontrolle kaum eine Einschränkung der öffentlichen Unsittlich- keit, die sich in allen Großstädten in einer so schamlosen Art und Weise breit macht, daß sie zu einem Hohn auf christliche Kultur und Sitte geworden ist. Gerade weil die Polizei, in- folge der Reglementierung, die Unsittlichkeit unter gewissen Kautelen dulden muß, gerade darum sind ihr die Hände gebunden, die Auswüchse der Unsittlichkeit in wirksa- mer Weise zu bekämpfen. Es liegt ihr mehr daran, sie in ge- wisse Bahnen zu lenken, sie in gewissen Straßen und Lokalen zu konzentrieren, als ihr durch energische Maßregeln den Bo-
neuerdings die Berliner Polizei angewiesen worden ist, an- ständige Frauen vor Belästigung zu schützen und bereits in zahlreichen Fällen Männern gegenüber eingegriffen hat, zeigt, daß bei gutem Willen solch gleichmäßiges Vorgehen wohl möglich ist.
„Heute“, so sagt Anna Pappritz, die Vorsitzende des Ber- liner Zweigvereins der internat. Föderation, „hat die Polizei die Pflicht, die Unsittlichkeit zu regeln und die Pro- stitution zu sanieren. Wir aber fordern von der Sittenpolizei, daß sie für Wahrung des öffentlichen Anstandes auf Straßen, in öffentlichen Lokalen rc. Sorge trägt. Sie hat die Pflicht, ehrbare Männer und Frauen vor allem aber die Jugend vor der öffentlichen Aufreizung zur Unsittlichkeit zu schützen, scham- lose Schaustellungen und Darstellungen, sei es in Theatern, Tingeltangeln oder Schaufenstern, zu inhibieren, die Schließung der Lokale, die dem § 33 der Gewerbe-Ordnung zuwider- laufen, anzuordnen. – Es ist eine vollkommene Verkennung der Tatsachen, daß mit Aufhebung der Reglementierung die öffentliche Ordnung und Sittlichkeit Schaden leiden, die trau- rigen Zustände sich in dieser Hinsicht verschlimmern würden. Wir hoffen gerade das Gegenteil. Heute bewirkt die Sitten- kontrolle kaum eine Einschränkung der öffentlichen Unsittlich- keit, die sich in allen Großstädten in einer so schamlosen Art und Weise breit macht, daß sie zu einem Hohn auf christliche Kultur und Sitte geworden ist. Gerade weil die Polizei, in- folge der Reglementierung, die Unsittlichkeit unter gewissen Kautelen dulden muß, gerade darum sind ihr die Hände gebunden, die Auswüchse der Unsittlichkeit in wirksa- mer Weise zu bekämpfen. Es liegt ihr mehr daran, sie in ge- wisse Bahnen zu lenken, sie in gewissen Straßen und Lokalen zu konzentrieren, als ihr durch energische Maßregeln den Bo-
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neuerdings die Berliner Polizei angewiesen worden ist, an-
ständige Frauen vor Belästigung zu schützen und bereits in
zahlreichen Fällen Männern gegenüber eingegriffen hat, zeigt,
daß bei gutem Willen solch gleichmäßiges Vorgehen wohl
möglich ist.
„Heute“, so sagt Anna Pappritz, die Vorsitzende des Ber-
liner Zweigvereins der internat. Föderation, „hat die Polizei
die Pflicht, die Unsittlichkeit zu regeln und die Pro-
stitution zu sanieren. Wir aber fordern von der Sittenpolizei,
daß sie für Wahrung des öffentlichen Anstandes auf Straßen,
in öffentlichen Lokalen rc. Sorge trägt. Sie hat die Pflicht,
ehrbare Männer und Frauen vor allem aber die Jugend vor
der öffentlichen Aufreizung zur Unsittlichkeit zu schützen, scham-
lose Schaustellungen und Darstellungen, sei es in Theatern,
Tingeltangeln oder Schaufenstern, zu inhibieren, die Schließung
der Lokale, die dem § 33 der Gewerbe-Ordnung zuwider-
laufen, anzuordnen. – Es ist eine vollkommene Verkennung
der Tatsachen, daß mit Aufhebung der Reglementierung die
öffentliche Ordnung und Sittlichkeit Schaden leiden, die trau-
rigen Zustände sich in dieser Hinsicht verschlimmern würden.
Wir hoffen gerade das Gegenteil. Heute bewirkt die Sitten-
kontrolle kaum eine Einschränkung der öffentlichen Unsittlich-
keit, die sich in allen Großstädten in einer so schamlosen Art
und Weise breit macht, daß sie zu einem Hohn auf christliche
Kultur und Sitte geworden ist. Gerade weil die Polizei, in-
folge der Reglementierung, die Unsittlichkeit unter
gewissen Kautelen dulden muß, gerade darum sind ihr die
Hände gebunden, die Auswüchse der Unsittlichkeit in wirksa-
mer Weise zu bekämpfen. Es liegt ihr mehr daran, sie in ge-
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Krukenberg, Elsbeth: Die Frauenbewegung, ihre Ziele und ihre Bedeutung. Tübingen, 1905, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krukenberg_frauenbewegung_1905/170>, abgerufen am 16.02.2025.
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