Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite

Geschichte der Erde
zes zu entdecken, und die Naturlehrer sehen sich gezwun-
gen mit den berühmten Mienerverständigen Herrn Hen-
keln,
auszuruffen: O Kiesel, Kiesel! wer hat dich erzeugt!
Daß aber seine erste Erzeugung in einer wässerichten
Feuchtigkeit geschehen sey: lehren die Gewächse, welche
vielfältig darinnen eingeschlossen, angetroffen werden.

§. 44.

Es ist bekant, daß man in den härtesten Felsen Mu-
scheln und Schnecken, und in den Schiefern insonder-
heit Pflanzen und Fische antrift, wohin auch die in Stein
verwandelte Knochen und Holz gehören. Man muß ent-
weder dergleichen noch nicht gesehen haben; oder sehr un-
billig seyn, wenn man behaupten will: daß es damit ein
blosses Spiel der Natur sey; und daß diese Dinge niemals
dasjenige gewesen seyn sollten, was sie vorstellen. Denn
man hat ganze Bäume daran Stamm, Aeste und Wur-
zeln befindlich gewesen, die aber zu Stein geworden, in
der Erde angetroffen. Es zeigen sich darinnen die Holz-
fäsergen, die Rinde und Aeste so deutlich und natürlich,
daß man noch ärger als Thomas seyn müste, wenn man
es in Zweifel ziehen wollte. Betrachtet man die Mu-
scheln und Schnecken, welche versteinert sind, und ver-
gleicht sie mit denen natürlichen Muschelschalen: so kom-
men sie, nicht nur in Ansehung der Grösse; son-
dern auch in Absicht derer andern Dinge mit ihnen voll-
kommen überein. Denn wenn zum Exempel ein verstei-
nerter Nautilus abgeschliffen, und mit einen natürli-
chen verglichen wird: so haben die Abscissen gegen die
Semiordinaten der krummen Linien, welche diese Schne-
cke mit ihren Gängen macht, in beyden Fällen einerley
Verhältniß, wie ich es selber so befunden habe. In An-
sehung der Fische, welche sich in den Kupferschiefern
befinden, hat sich mein Freund, der so wol in der Chimie
als Naturlehre und natürlichen Historie ausserordentlich

geschickte

Geſchichte der Erde
zes zu entdecken, und die Naturlehrer ſehen ſich gezwun-
gen mit den beruͤhmten Mienerverſtaͤndigen Herrn Hen-
keln,
auszuruffen: O Kieſel, Kieſel! wer hat dich erzeugt!
Daß aber ſeine erſte Erzeugung in einer waͤſſerichten
Feuchtigkeit geſchehen ſey: lehren die Gewaͤchſe, welche
vielfaͤltig darinnen eingeſchloſſen, angetroffen werden.

§. 44.

Es iſt bekant, daß man in den haͤrteſten Felſen Mu-
ſcheln und Schnecken, und in den Schiefern inſonder-
heit Pflanzen und Fiſche antrift, wohin auch die in Stein
verwandelte Knochen und Holz gehoͤren. Man muß ent-
weder dergleichen noch nicht geſehen haben; oder ſehr un-
billig ſeyn, wenn man behaupten will: daß es damit ein
bloſſes Spiel der Natur ſey; und daß dieſe Dinge niemals
dasjenige geweſen ſeyn ſollten, was ſie vorſtellen. Denn
man hat ganze Baͤume daran Stamm, Aeſte und Wur-
zeln befindlich geweſen, die aber zu Stein geworden, in
der Erde angetroffen. Es zeigen ſich darinnen die Holz-
faͤſergen, die Rinde und Aeſte ſo deutlich und natuͤrlich,
daß man noch aͤrger als Thomas ſeyn muͤſte, wenn man
es in Zweifel ziehen wollte. Betrachtet man die Mu-
ſcheln und Schnecken, welche verſteinert ſind, und ver-
gleicht ſie mit denen natuͤrlichen Muſchelſchalen: ſo kom-
men ſie, nicht nur in Anſehung der Groͤſſe; ſon-
dern auch in Abſicht derer andern Dinge mit ihnen voll-
kommen uͤberein. Denn wenn zum Exempel ein verſtei-
nerter Nautilus abgeſchliffen, und mit einen natuͤrli-
chen verglichen wird: ſo haben die Abſciſſen gegen die
Semiordinaten der krummen Linien, welche dieſe Schne-
cke mit ihren Gaͤngen macht, in beyden Faͤllen einerley
Verhaͤltniß, wie ich es ſelber ſo befunden habe. In An-
ſehung der Fiſche, welche ſich in den Kupferſchiefern
befinden, hat ſich mein Freund, der ſo wol in der Chimie
als Naturlehre und natuͤrlichen Hiſtorie auſſerordentlich

geſchickte
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0094" n="80"/><fw place="top" type="header">Ge&#x017F;chichte der Erde</fw><lb/>
zes zu entdecken, und die Naturlehrer &#x017F;ehen &#x017F;ich gezwun-<lb/>
gen mit den beru&#x0364;hmten Mienerver&#x017F;ta&#x0364;ndigen Herrn <hi rendition="#fr">Hen-<lb/>
keln,</hi> auszuruffen: O Kie&#x017F;el, Kie&#x017F;el! wer hat dich erzeugt!<lb/>
Daß aber &#x017F;eine er&#x017F;te Erzeugung in einer wa&#x0364;&#x017F;&#x017F;erichten<lb/>
Feuchtigkeit ge&#x017F;chehen &#x017F;ey: lehren die Gewa&#x0364;ch&#x017F;e, welche<lb/>
vielfa&#x0364;ltig darinnen einge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, angetroffen werden.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head>§. 44.</head><lb/>
        <p>Es i&#x017F;t bekant, daß man in den ha&#x0364;rte&#x017F;ten Fel&#x017F;en Mu-<lb/>
&#x017F;cheln und Schnecken, und in den Schiefern in&#x017F;onder-<lb/>
heit Pflanzen und Fi&#x017F;che antrift, wohin auch die in Stein<lb/>
verwandelte Knochen und Holz geho&#x0364;ren. Man muß ent-<lb/>
weder dergleichen noch nicht ge&#x017F;ehen haben; oder &#x017F;ehr un-<lb/>
billig &#x017F;eyn, wenn man behaupten will: daß es damit ein<lb/>
blo&#x017F;&#x017F;es Spiel der Natur &#x017F;ey; und daß die&#x017F;e Dinge niemals<lb/>
dasjenige gewe&#x017F;en &#x017F;eyn &#x017F;ollten, was &#x017F;ie vor&#x017F;tellen. Denn<lb/>
man hat ganze Ba&#x0364;ume daran Stamm, Ae&#x017F;te und Wur-<lb/>
zeln befindlich gewe&#x017F;en, die aber zu Stein geworden, in<lb/>
der Erde angetroffen. Es zeigen &#x017F;ich darinnen die Holz-<lb/>
fa&#x0364;&#x017F;ergen, die Rinde und Ae&#x017F;te &#x017F;o deutlich und natu&#x0364;rlich,<lb/>
daß man noch a&#x0364;rger als <hi rendition="#fr">Thomas</hi> &#x017F;eyn mu&#x0364;&#x017F;te, wenn man<lb/>
es in Zweifel ziehen wollte. Betrachtet man die Mu-<lb/>
&#x017F;cheln und Schnecken, welche ver&#x017F;teinert &#x017F;ind, und ver-<lb/>
gleicht &#x017F;ie mit denen natu&#x0364;rlichen Mu&#x017F;chel&#x017F;chalen: &#x017F;o kom-<lb/>
men &#x017F;ie, nicht nur in An&#x017F;ehung der Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e; &#x017F;on-<lb/>
dern auch in Ab&#x017F;icht derer andern Dinge mit ihnen voll-<lb/>
kommen u&#x0364;berein. Denn wenn zum Exempel ein ver&#x017F;tei-<lb/>
nerter <hi rendition="#fr">Nautilus</hi> abge&#x017F;chliffen, und mit einen natu&#x0364;rli-<lb/>
chen verglichen wird: &#x017F;o haben die <hi rendition="#fr">Ab&#x017F;ci&#x017F;&#x017F;en</hi> gegen die<lb/><hi rendition="#fr">Semiordinaten</hi> der krummen Linien, welche die&#x017F;e Schne-<lb/>
cke mit ihren Ga&#x0364;ngen macht, in beyden Fa&#x0364;llen einerley<lb/>
Verha&#x0364;ltniß, wie ich es &#x017F;elber &#x017F;o befunden habe. In An-<lb/>
&#x017F;ehung der <hi rendition="#fr">Fi&#x017F;che,</hi> welche &#x017F;ich in den <hi rendition="#fr">Kupfer&#x017F;chiefern</hi><lb/>
befinden, hat &#x017F;ich mein Freund, der &#x017F;o wol in der Chimie<lb/>
als Naturlehre und natu&#x0364;rlichen Hi&#x017F;torie au&#x017F;&#x017F;erordentlich<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ge&#x017F;chickte</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[80/0094] Geſchichte der Erde zes zu entdecken, und die Naturlehrer ſehen ſich gezwun- gen mit den beruͤhmten Mienerverſtaͤndigen Herrn Hen- keln, auszuruffen: O Kieſel, Kieſel! wer hat dich erzeugt! Daß aber ſeine erſte Erzeugung in einer waͤſſerichten Feuchtigkeit geſchehen ſey: lehren die Gewaͤchſe, welche vielfaͤltig darinnen eingeſchloſſen, angetroffen werden. §. 44. Es iſt bekant, daß man in den haͤrteſten Felſen Mu- ſcheln und Schnecken, und in den Schiefern inſonder- heit Pflanzen und Fiſche antrift, wohin auch die in Stein verwandelte Knochen und Holz gehoͤren. Man muß ent- weder dergleichen noch nicht geſehen haben; oder ſehr un- billig ſeyn, wenn man behaupten will: daß es damit ein bloſſes Spiel der Natur ſey; und daß dieſe Dinge niemals dasjenige geweſen ſeyn ſollten, was ſie vorſtellen. Denn man hat ganze Baͤume daran Stamm, Aeſte und Wur- zeln befindlich geweſen, die aber zu Stein geworden, in der Erde angetroffen. Es zeigen ſich darinnen die Holz- faͤſergen, die Rinde und Aeſte ſo deutlich und natuͤrlich, daß man noch aͤrger als Thomas ſeyn muͤſte, wenn man es in Zweifel ziehen wollte. Betrachtet man die Mu- ſcheln und Schnecken, welche verſteinert ſind, und ver- gleicht ſie mit denen natuͤrlichen Muſchelſchalen: ſo kom- men ſie, nicht nur in Anſehung der Groͤſſe; ſon- dern auch in Abſicht derer andern Dinge mit ihnen voll- kommen uͤberein. Denn wenn zum Exempel ein verſtei- nerter Nautilus abgeſchliffen, und mit einen natuͤrli- chen verglichen wird: ſo haben die Abſciſſen gegen die Semiordinaten der krummen Linien, welche dieſe Schne- cke mit ihren Gaͤngen macht, in beyden Faͤllen einerley Verhaͤltniß, wie ich es ſelber ſo befunden habe. In An- ſehung der Fiſche, welche ſich in den Kupferſchiefern befinden, hat ſich mein Freund, der ſo wol in der Chimie als Naturlehre und natuͤrlichen Hiſtorie auſſerordentlich geſchickte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746/94
Zitationshilfe: Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746/94>, abgerufen am 23.11.2024.