Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite

Geschichte der Erde
gen seyn. Es ist wahr, eingeschlossene Dünste haben eine
unbeschreibliche Gewalt, und es läßt sich durch Experi-
mente beweisen, daß ein einziger Tropfen Wasser, wenn
er auf einmal durch die Hitze in Dünste verwandelt wird,
zehnmal mehr Gewalt als so viel Schießpulver besitzt. Es
hat aber auch unser grosser Gottesgelehrter, der Herr D.
Baumgarten, sehr wohl angemerkt, daß auf diese Art so
bald die Rinde der Erde zerrissen wäre, die Erde in eine
Dampfkugel, (Aeolipilam,) verwandelt worden; durch
deren Oefnung die Dünste herausgefahren, nimmermehr
aber das Wasser herausgetrieben haben würden. Und was
ist viel davon zu sagen, man sieht aus der ganzen Erzeh-
lung, Burnet habe uns nur zeigen wollen, daß er ge-
schickt sey was artiges zu erdenken, das allemal eben nicht
wahr seyn muß.

§. 30.

Daß man noch was artigers erdenken könne, wel-
ches vielleicht eben so falsch ist, hat Whiston gewiesen.
Er schreibt die Sündfluth dem Cometen zu, welcher im
Jahr 1680. erschienen ist, er weiß dieses so sinnreich und
geschickt herauszubringen, daß man es bey nahe für wahr
halten sollte, welches mich bewogen in meiner Naturlehre
einen kurzen Auszug davon zu geben, wiewol ich auch
nicht unterlassen habe zugleich dabey meine Leser zu erin-
nern, daß dieses kein Glaubensartikel sey, und es folglich
ein jeder damit halten könnte, wie es ihm beliebte. Denn
man muß den Werth der Dinge zu schätzen wissen, und
da ich mich jederzeit/ bemühet habe solches zu thun, so ha-
be ich weiter nichts finden können, als daß die Whisto-
nische
Vorstellung der Sündfluth vielleicht unter allen
die artigste ist, welche erdacht werden können, mir deucht
aber doch, daß ich zwischen ihr und einen mathematischen
Beweise noch einen so grossen Unterschied antreffe, daß
ich mich niemals habe entschliessen können, sie in dasjenige

kleine

Geſchichte der Erde
gen ſeyn. Es iſt wahr, eingeſchloſſene Duͤnſte haben eine
unbeſchreibliche Gewalt, und es laͤßt ſich durch Experi-
mente beweiſen, daß ein einziger Tropfen Waſſer, wenn
er auf einmal durch die Hitze in Duͤnſte verwandelt wird,
zehnmal mehr Gewalt als ſo viel Schießpulver beſitzt. Es
hat aber auch unſer groſſer Gottesgelehrter, der Herr D.
Baumgarten, ſehr wohl angemerkt, daß auf dieſe Art ſo
bald die Rinde der Erde zerriſſen waͤre, die Erde in eine
Dampfkugel, (Aeolipilam,) verwandelt worden; durch
deren Oefnung die Duͤnſte herausgefahren, nimmermehr
aber das Waſſer herausgetrieben haben wuͤrden. Und was
iſt viel davon zu ſagen, man ſieht aus der ganzen Erzeh-
lung, Burnet habe uns nur zeigen wollen, daß er ge-
ſchickt ſey was artiges zu erdenken, das allemal eben nicht
wahr ſeyn muß.

§. 30.

Daß man noch was artigers erdenken koͤnne, wel-
ches vielleicht eben ſo falſch iſt, hat Whiſton gewieſen.
Er ſchreibt die Suͤndfluth dem Cometen zu, welcher im
Jahr 1680. erſchienen iſt, er weiß dieſes ſo ſinnreich und
geſchickt herauszubringen, daß man es bey nahe fuͤr wahr
halten ſollte, welches mich bewogen in meiner Naturlehre
einen kurzen Auszug davon zu geben, wiewol ich auch
nicht unterlaſſen habe zugleich dabey meine Leſer zu erin-
nern, daß dieſes kein Glaubensartikel ſey, und es folglich
ein jeder damit halten koͤnnte, wie es ihm beliebte. Denn
man muß den Werth der Dinge zu ſchaͤtzen wiſſen, und
da ich mich jederzeit/ bemuͤhet habe ſolches zu thun, ſo ha-
be ich weiter nichts finden koͤnnen, als daß die Whiſto-
niſche
Vorſtellung der Suͤndfluth vielleicht unter allen
die artigſte iſt, welche erdacht werden koͤnnen, mir deucht
aber doch, daß ich zwiſchen ihr und einen mathematiſchen
Beweiſe noch einen ſo groſſen Unterſchied antreffe, daß
ich mich niemals habe entſchlieſſen koͤnnen, ſie in dasjenige

kleine
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0068" n="54"/><fw place="top" type="header">Ge&#x017F;chichte der Erde</fw><lb/>
gen &#x017F;eyn. Es i&#x017F;t wahr, einge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;ene Du&#x0364;n&#x017F;te haben eine<lb/>
unbe&#x017F;chreibliche Gewalt, und es la&#x0364;ßt &#x017F;ich durch Experi-<lb/>
mente bewei&#x017F;en, daß ein einziger Tropfen Wa&#x017F;&#x017F;er, wenn<lb/>
er auf einmal durch die Hitze in Du&#x0364;n&#x017F;te verwandelt wird,<lb/>
zehnmal mehr Gewalt als &#x017F;o viel Schießpulver be&#x017F;itzt. Es<lb/>
hat aber auch un&#x017F;er gro&#x017F;&#x017F;er Gottesgelehrter, der Herr D.<lb/><hi rendition="#fr">Baumgarten,</hi> &#x017F;ehr wohl angemerkt, daß auf die&#x017F;e Art &#x017F;o<lb/>
bald die Rinde der Erde zerri&#x017F;&#x017F;en wa&#x0364;re, die Erde in eine<lb/>
Dampfkugel, (<hi rendition="#aq">Aeolipilam,</hi>) verwandelt worden; durch<lb/>
deren Oefnung die Du&#x0364;n&#x017F;te herausgefahren, nimmermehr<lb/>
aber das Wa&#x017F;&#x017F;er herausgetrieben haben wu&#x0364;rden. Und was<lb/>
i&#x017F;t viel davon zu &#x017F;agen, man &#x017F;ieht aus der ganzen Erzeh-<lb/>
lung, <hi rendition="#fr">Burnet</hi> habe uns nur zeigen wollen, daß er ge-<lb/>
&#x017F;chickt &#x017F;ey was artiges zu erdenken, das allemal eben nicht<lb/>
wahr &#x017F;eyn muß.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head>§. 30.</head><lb/>
        <p>Daß man noch was artigers erdenken ko&#x0364;nne, wel-<lb/>
ches vielleicht eben &#x017F;o fal&#x017F;ch i&#x017F;t, hat <hi rendition="#fr">Whi&#x017F;ton</hi> gewie&#x017F;en.<lb/>
Er &#x017F;chreibt die Su&#x0364;ndfluth dem <hi rendition="#fr">Cometen</hi> zu, welcher im<lb/>
Jahr 1680. er&#x017F;chienen i&#x017F;t, er weiß die&#x017F;es &#x017F;o &#x017F;innreich und<lb/>
ge&#x017F;chickt herauszubringen, daß man es bey nahe fu&#x0364;r wahr<lb/>
halten &#x017F;ollte, welches mich bewogen in meiner Naturlehre<lb/>
einen kurzen Auszug davon zu geben, wiewol ich auch<lb/>
nicht unterla&#x017F;&#x017F;en habe zugleich dabey meine Le&#x017F;er zu erin-<lb/>
nern, daß die&#x017F;es kein Glaubensartikel &#x017F;ey, und es folglich<lb/>
ein jeder damit halten ko&#x0364;nnte, wie es ihm beliebte. Denn<lb/>
man muß den Werth der Dinge zu &#x017F;cha&#x0364;tzen wi&#x017F;&#x017F;en, und<lb/>
da ich mich jederzeit/ bemu&#x0364;het habe &#x017F;olches zu thun, &#x017F;o ha-<lb/>
be ich weiter nichts finden ko&#x0364;nnen, als daß die <hi rendition="#fr">Whi&#x017F;to-<lb/>
ni&#x017F;che</hi> Vor&#x017F;tellung der Su&#x0364;ndfluth vielleicht unter allen<lb/>
die artig&#x017F;te i&#x017F;t, welche erdacht werden ko&#x0364;nnen, mir deucht<lb/>
aber doch, daß ich zwi&#x017F;chen ihr und einen mathemati&#x017F;chen<lb/>
Bewei&#x017F;e noch einen &#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;en Unter&#x017F;chied antreffe, daß<lb/>
ich mich niemals habe ent&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;nnen, &#x017F;ie in dasjenige<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">kleine</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[54/0068] Geſchichte der Erde gen ſeyn. Es iſt wahr, eingeſchloſſene Duͤnſte haben eine unbeſchreibliche Gewalt, und es laͤßt ſich durch Experi- mente beweiſen, daß ein einziger Tropfen Waſſer, wenn er auf einmal durch die Hitze in Duͤnſte verwandelt wird, zehnmal mehr Gewalt als ſo viel Schießpulver beſitzt. Es hat aber auch unſer groſſer Gottesgelehrter, der Herr D. Baumgarten, ſehr wohl angemerkt, daß auf dieſe Art ſo bald die Rinde der Erde zerriſſen waͤre, die Erde in eine Dampfkugel, (Aeolipilam,) verwandelt worden; durch deren Oefnung die Duͤnſte herausgefahren, nimmermehr aber das Waſſer herausgetrieben haben wuͤrden. Und was iſt viel davon zu ſagen, man ſieht aus der ganzen Erzeh- lung, Burnet habe uns nur zeigen wollen, daß er ge- ſchickt ſey was artiges zu erdenken, das allemal eben nicht wahr ſeyn muß. §. 30. Daß man noch was artigers erdenken koͤnne, wel- ches vielleicht eben ſo falſch iſt, hat Whiſton gewieſen. Er ſchreibt die Suͤndfluth dem Cometen zu, welcher im Jahr 1680. erſchienen iſt, er weiß dieſes ſo ſinnreich und geſchickt herauszubringen, daß man es bey nahe fuͤr wahr halten ſollte, welches mich bewogen in meiner Naturlehre einen kurzen Auszug davon zu geben, wiewol ich auch nicht unterlaſſen habe zugleich dabey meine Leſer zu erin- nern, daß dieſes kein Glaubensartikel ſey, und es folglich ein jeder damit halten koͤnnte, wie es ihm beliebte. Denn man muß den Werth der Dinge zu ſchaͤtzen wiſſen, und da ich mich jederzeit/ bemuͤhet habe ſolches zu thun, ſo ha- be ich weiter nichts finden koͤnnen, als daß die Whiſto- niſche Vorſtellung der Suͤndfluth vielleicht unter allen die artigſte iſt, welche erdacht werden koͤnnen, mir deucht aber doch, daß ich zwiſchen ihr und einen mathematiſchen Beweiſe noch einen ſo groſſen Unterſchied antreffe, daß ich mich niemals habe entſchlieſſen koͤnnen, ſie in dasjenige kleine

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746/68
Zitationshilfe: Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746/68>, abgerufen am 27.11.2024.